News

Warner Bros. meldet sich mit Filmklassikern zurück. Mit der Warner Archive Collection bietet der Medienkonzern auch in Deutschland manches aus den eigenen Archiven auf Bestellung als DVD-R an. Das Geschäftsmodell gibt es in den USA schon seit Jahren (April 2009), nachdem Warner Bros. feststellen musste, dass viele Klassiker auf DVD nur ein kleines Publikum fanden. Im Gegensatz zur Warner Archive Collection in den USA, wo heute z.T. obskure Filme, darunter viele Film-Noir-Spezialitäten, als DVD-R zugänglich sind, bietet Warner Bros. in Deutschand bis dato nur Filme, die es als DVD-Editionen schon gab und die inzwischen vergriffen sind. Nach Jahren des Verzichts auf nahezu jegliche Veröffentlichung aus den Archiven ist die Einführung der Warner Archive Collection besser als nichts. Wünschenswert wäre, dass es damit zu einer wirklichen Erweiterung des Katalogs zugänglicher Filmklassiker käme.

Bei Arrow Video (UK) kommt am 27. Februar Bernardo Bertoluccis Der Konformist / Der große Irrtrum (ITA/FRA/GER 1970) unterm englischen Titel The Conformist als DVD und als BD heraus. Der Film ist ein Beispiel des Einflusses des Film Noirs auf den italienischen Autorenfilm der Frühsiebziger und zeigt einen formidablen Jean-Luis Trintignant in der Hauptrolle. Ebenfalls zu begrüßen ist via Arthaus / Studiocanal die Neuedition von Abel Ferraras Bad Lieutenant (USA 1992) mit Harvey Keitel. Endlich ungekürzt und erstmals im Widescreen-Format wird so am 19. April eine Lücke im Kanon des Neo Noirs geschlossen. Vollends überflüssig ist die von Studiocanal auch für den 19. April als DVD und als BD angekündigte x-te Neuauflage (jetzt Steel Edition…) von Robert Rodrigues’ nach 7 Jahren bereits angestaubtem Comicmärchen Sin City (USA 2005) in der Kinofassung und als Re-Cut in einer Edition.

Der Transfer von Klassikern des Film Noirs auf Blu-ray geht weiter. Diesmal ist es die renommierte Masters-Of-Cinema-Edition von Eureka Entertainment Ltd., England, die zwei der besten Filme des deutschen Exilanten Billy Wilder erstmals als Blu-ray Disc herausbringen wird. Sowohl Frau ohne Gewissen (USA 1944) als auch Das verlorene Wochenende (USA 1945) werden am 25. Juni 2012 sowohl je als „normale“ Edition als auch als Steelbook auf den Markt kommen. Beide Filme erscheinen in bildtechnisch neu remasterten HD-Fassungen mit englischen Untertiteln, einem jeweils 36seitigen Booklet inkl. seltenem Fotomaterial und obendrein mit den Kinotrailern und zwei historischen Rundfunkadaptionen (1946 und 1950, teils inkl. Originalstimmen der Schauspieler) als Bonus. Das übertrifft fast den Standard der weltweit führenden filmhistorischen Edition, der Criterion Collection, USA, zumal die Ausgaben von Eureka mit ca. 15,00 EUR pro BD günstig sind.

In den letzten Jahren bewegt der Film Noir die Filmkritiker, Filmwissenschaftler und Autoren wie keine zweite Stilrichtung internationalen Filmschaffens. Im Februar bringt der Verlag Taschen, Köln, unterm schlichten Titel Film Noir ein preisgünstiges Referenzwerk von James Ursini und Alain Silver auf Deutsch. Sowohl die Verfasser als auch der Herausgeber Paul Duncan haben sich seit den Achtzigern zu dem Thema zu Wort gemeldet. Aktuell wird von Silver und Ursini auch das Buch Film Noir: The Directors herausgegeben, das am 13.März (auf Englisch) bei Proscenium Publ/Limelight erscheinen wird und sich mit der Vielzahl von Regisseuren der Richtung befassen wird. Auf dem Titelbild des Buches sieht man Robert Aldrich, der als US-Regisseur Mitte der Fünfziger ein Exemplar des ersten (französischen) Buches zum Film Noir überhaupt, Panorama du film noir americain von Raymond Borde und Etienne Chaumeton, in Händen hält.

Die Koch Media GmbH bringt am 25. November 2011 in ihrer Film Noir Collection zwei Klassiker. Endlich wird es Ausgestoßen (UK 1947) in einer deutschen DVD-Ausgabe geben, dazu in der einzigen deutschen DVD-Edition, die sich dezidiert dem Film Noir verschrieben hat. Carol Reeds Vorläufer zu Der dritte Mann (UK 1949) ist ebenso ein Meisterwerk des britischen Film Noirs. Mit James Mason und Robert Newton hochkarätig besetzt, ist er seinem Nachfolger qualitativ ebenbürtig. Der Mann mit der Narbe (USA 1948) von Steve Sekely ist die Nr. 8 der Reihe, ein hierzulande wenig bekannter Titel aus der Hochphase des Film Noirs - mit Paul Henreid (Casablanca, 1942), Joan Bennett (Gefährliche Begegnung / Der Erpresser, 1944) und Leslie Brooks (Blondes Eis, 1948) in den Hauptrollen. Eine exquisite Auswahl für das laufende Jahr 2011.

Die Hommage ist im Film Noir eine gängige Form, um zu erinnern und sich selbst in der Tradition zu platzieren. Regisseure wie Rainer Werner Fassbinder mit Liebe ist kälter als der Tod (GER 1969) und Carl Reiner mit Tote tragen keine Karos (USA 1982) haben sich derart positioniert. Auch François Truffaut suchte mit Auf Liebe und Tod (FRA 1983) den Bezug zum Film Noir der 40er - in Hauptrollen Fanny Ardant und Jean-Louis Trintignant. Arthaus/Studiocanal bringt am 18. August 2011 Truffauts letzten Film in einer schon äußerlich ansprechenden DVD-Edition als Einzelausgabe. Am 6. Oktober folgt Truffauts erste Hommage an den Film Noir, der 1960 entstandene Schießen Sie auf den Pianisten in einer restaurierten, ungekürzten Neuausgabe auf DVD. So schließt sich diese Lücke im Kanon französischer Filmklassiker mit jeweils hochwertigen Editionen.

Drei Bücher zum Film Noir sind bis Jahresende auch in Deutschland erhältlich. Gloria Grahame, Bad Girl of Film Noir: The Complete Career (am 5. Juli) titelt Robert Lentz über eine der besten Schauspielerinnen des Film Noirs (Heißes Eisen, USA 1953). In Lonely Places: Film Noir Beyond the City von Imogen Sara Smith (auch am 5. Juli 2011) spielt mit dem Titel des Klassikers Ein einsamer Ort (USA 1950) und setzt den Fokus auf Film-Noir-Schauplätze, in dem Fall eben außerhalb der typischen Großstadt. Zu guter Letzt erscheint am 13. Dezember The Maltese Touch of Evil: Film Noir and Potential Criticism von Shannon Clute und Richard L. Edwards. Dessen Titel ist ein Zitat aus zwei Filmtiteln als quasi Start- und Endpunkt der Ära klassischen des Film Noirs (von 1941 bis 1958) und sein Untertitel stellt die Frage nach dem Film Noir als Bühne der Sozialkritik.