Blood Money

NOIR CITY 21 - Oakland 2024



Psychologische Verteidigung


Concorde Home Entertainment


Eddie Muller


Wenn es Nach wird in Paris


Film Noir Collection Koch Media GmbH


banner_der_film_noir_3.jpg


Bewertung
***
Originaltitel
Blood Money
Kategorie
Pre Noir
Land
USA
Erscheinungsjahr
1933
Darsteller

George Bancroft, Judith Anderson, Frances Dee, Chick Chandler, Blossom Seeley

Regie
Rowland Brown
Farbe
s/w
Laufzeit
65 min
Bildformat
Vollbild

 


 

 

Los Angeles, Kalifornien: Im Apartment einer Mietskaserne packt Gangster Red (Joe Sawyer) seinen Koffer, denn nach einem erfolgreichen Coup muss er aus der Stadt verschwinden. Seine Freundin (Noel Francis) hat dafür nur Sarkasmus übrig, doch gibt er ihr zu verstehen, dass sie mehr als jede andere Frau aus ihm rausgepresst habe. Indessen warten vor der Tür zwei Polizeibeamte (Harry Strang, Leo Sulky), die sich per Schlüssel problemlos Zutritt verschaffen. Red überspielt seine Überraschung und behauptet, dass er nicht wegfahren wolle, sondern eben zurückgekehrt sei. Doch einer der Beamten steigt auf einen Stuhl und fischt die Diebesbeute aus dem Lampenschirm. Darauf schlägt Red seiner vermeintlichen Liebe so schwungvoll ins Gesicht, dass sie zu Boden geht, woraufhin er sie anweist Bill Bailey (George Bancroft) anzurufen... Es ist mitten in der Nacht, als Baileys Sekretär und rechte Hand (Etienne Girardot) den Richter (Clarence Wilson) an dessen Bett aufsucht und im Namen seines Arbeitgebers verlangt, dass er unter die Zusicherung einer Kaution seine Unterschrift setze, was der Richter dann auch tut. Der Sekretär verabschiedet sich mit einer Zigarre aus Baileys Bestand, die er dem Richter überreicht, und jener brummt vor sich hin, dass dieser Bailey allemal Einfluss habe. Bei einem Metzger (Herman Bing) bestellt Bill Bailey fürs Erntedankfest 150 Truthähne. Auf Rückfrage eines Kollegen erläutert er, dass solche wohl für die armen Richter, für die armen Anwälte und für die armen Polizisten gedacht seien… 

 

“You haven't picked a winner tonight, Bailey.” - "I make all my money off losers.” George Bancrofts Filmkarriere begann 1921, im Zeitalter des Stummfilms. Seinen Durchbruch hatte der ehemalige Marineoffizier und Theatermanager mit der Hauptrolle in Josef von Sternbergs Kriminalfilm Unterwelt (USA 1927). Im Anschluss konnte er sich trotz fortgeschrittenen Alters, Bancroft war Jahrgang 1882, für knapp weitere 10 Jahre als Hollywoodstar halten. Später glänzte der Senior noch in Nebenrollen, etwa in Michael Curtiz‘ Chicago – Engel mit schmutzigen Gesichtern (USA 1938) oder in William Keighleys Each Dawn I Die (USA 1939), darin er je mit James Cagney und neben George Raft, Humphrey Bogart und Pat O’Brien zu sehen war. Im Alter von 60 Jahren hängte er das Schauspiel an den Nagel und zog sich auf seine Ranch in Südkalifornien zurück. In Rowland Browns Blood Money (USA 1933), der nie ins deutsche Kino kam, spielt der große, massige Darsteller einen zwielichtigen Unternehmer im Kautionsgeschäft – einen “Bail Bondsman“ oder auch Kautionsagenten. Das ist ein Geschäftsmann, der für von der Justiz Angeklagte und folglich in Untersuchungshaft sitzende Menschen die Kaution aufbringt und sich an den Gebühren, die er erhebt, entsprechend gesundstößt. Bill Bailey überlässt nichts dem Zufall. Er hat beste Kontakte in die Spitzen der Gesellschaft und sorgt mit monetären Zuwendungen dafür, dass sein Geschäft keinerlei Stolpersteine oder anderweitige Hürden fürchten muss. Eines Tages lernt Bailey die hübsche Elaine Talbart (Frances Dee) kennen, die (nicht nur) kleptomanische Tochter des millionenschweren Unternehmers Marcus P. Talbart (Frederick Burton). Wider Willen verliebt er sich in die verwöhnte, masochistische Göre, was insbesondere seine langjährige Freundin, die Nachtclubinhaberin Ruby Darling (Judith Anderson), gegen ihn aufbringt. Als deren Bruder Curly (Chick Chandler), ein notorischer Gangster, eine Bank überfällt und dabei Spuren hinterlässt, bedarf sie Bill Baileys jedoch einmal mehr.

 

 

“Blood Money isn’t great but it deserves a wider audience and a better print (...) The film gets into class issues, and gender issues, and it has wit and a cynical sense of the world”, schreibt Erik Lundegaard und fasst damit meinen eigenen Eindruck gut zusammen. Konträr zu anderen Filmjournalisten bin ich jedoch der Ansicht, dass sowohl Autor und Regisseur, Darsteller und Darstellerinnen sowie die Kameraarbeit seitens James Van Trees (von 1916 bis 1966 aktiv) an exquisit gewählten Schauplätzen nichts zu wünschen lassen. Demgegenüber sind die 65 Minuten Laufzeit, die nach Ansicht vieler US-Rezensenten die Produktion kurzweilig und unterhaltsam gestalten, für mich die zentrale Schwierigkeit. An manchen Stellen werden Passagen sorgfältig und mittels intensiver Dialoge ausgeführt. Sofort darauf wird die Entwicklung ungebührlich abgekürzt, so dass es zu sprunghaften Veränderungen kommt, die auf alle Beteiligten Auswirkungen haben. Anders gesagt: Es fühlt sich an, als habe man eine deutlich längere Erstfassung im Schneideraum nachträglich gestutzt. Der Schnitt und die Bearbeitung sind daher für mich jene Elemente, die die Qualität schmälern. Das hinterlässt gerade im letzten Drittel deutliche Spuren. Ganze 16 Jahre später verkörperte George Raft in Ted Tetzlaffs A Dangerous Profession (USA 1949) einen Kautionsagenten, der solchem Bill Bailey in Rowland Browns Pre Noir deutlich nachempfunden wirkt.

 

Laut mehrerer Quellen galt der Film für über 40 Jahre als verloren, bevor aus dem Dunkel eines Archivs eine Kopie zum Vorschein kam. Dennoch gibt es von Blood Money bis dato (2024) weltweit noch keine BD- oder DVD-Edition. Lediglich online steht die Produktion der 20th Century Film als Mitschnitt einer TV-Ausstrahlung zur Verfügung, d.h. ungekürzt (soweit bekannt und nachvollziehbar) mit englischem Ton ohne Untertitel und in lediglich bescheidener Bild- und Tonqualität. Wünschenswert wäre, wenn sich das änderte und ggf. sogar die Werksgeschichte aufgearbeitet werden könnte.

 


 

Pre Noir | 1933 | USA | Rowland Brown | Dennis O'Keefe | Ernie Adams | George Bancroft | James Burke | Joe Sawyer | Judith Anderson | Lucille Ball | Theresa Harris

Neuen Kommentar schreiben

CAPTCHA
Diese Sicherheitsfrage überprüft, ob Sie ein menschlicher Besucher sind und verhindert automatisches Spamming.