Neo Noir
| USA
| 2007
| Scott Frank
| Scott Frank
| Jeff Daniels
| Joseph Gordon-Levitt
| Carla Gugino
Bewertung
***
Originaltitel
The Lookout
Kategorie
Neo Noir
Land
USA
Erscheinungsjahr
2007
Darsteller
Joseph Gordon-Levitt, Jeff Daniels, Matthew Goode, Isla Fisher, Carla Gugino
Regie
Scott Frank
Farbe
Farbe
Laufzeit
96 min
Bildformat
Vollbild
© Studiocanal GmbH
Kansas City: Der ehemalige Eishockeyprofi Chris Pratt (Joseph Gordon-Levitt) hatte vor vier Jahren einen Autounfall, der sein Leben für alle Zeiten veränderte. Um seiner Freundin Kelly (Laura Vandervoort) zu imponieren, hatte er bei einer nächtlichen Fahrt im Cabriolet auf dem Weg zu einer Party über die U.S. Route 24 das Licht ausgeschaltet. Auf der Rückbank waren die Freunde Nina (Suzanne Kelly) und Danny (Brian Edward Roach) und sie rasten mit hoher Gerschwindigkeit durch Millionen von Glühwürmchen, die zu dieser Zeit im Sommer über den Feldern der Gegend schwirrten. Die vier Twens waren völlig selbstvergessen, doch als Chris sogar behleunigte, bekamen Nina und Danny Angst. Auch Kelly beschwor Chris das Licht wieder einzuschalten, doch als er es tat, war es zu spät. Sie rasten in einen mitten auf der Straße stehenden Mähdrescher… Heute wohnt Chris Pratt in einem schäbigen Viertel der Stadt mit dem infolge eines wissenschaftlichen Experiments erblindeten Lewis (Jeff Daniels) als Mitbewohner. Chris leidet an einer Teilamnesie des Kurzzeitgedächtnisses. Um seinen Alltag zu bewältigen, muss er sich den Tagesablauf auf einen Notizblock notieren. Unter anderem dafür besucht er das Independent Life Skills Center of Kansas City. Zudem er trifft er sich regelmäßig mit Janet (Carla Gugino), seinem persönlichen Coach, die seine Rückkehr in ein geregeltes Leben mitbetreut. Abends arbeitet Chris Pratt außerhalb der Stadt als Putzhilfe in einer Bank, doch auf längere Sicht erhofft er sich mehr…
Die Filmkritikerin Ann Hornaday bringt es in ihrer Renzension für The Washington Post auf den Punkt, wenn sie Scott Franks Regiedebüt, seinen Neo Noir Die Regeln der Gewalt, als “a relatively trivial piece of pseudo-arty pulp“ einschätzt. Allzu offensichtlich sind Musikuntermalung, Schnittfolgen und eine Aneinanderreihung in jeweils den ersten Sätzen einer Szene schon vorhersehbaren Handlungslogik einem Drehbuchmuster aus der Filmhochschule geschuldet. Nach 10 Minuten ahnt man ungefähr, wohin das Ganze führen wird und knappe 1 ½ Stunden später weiß man, dass man sich nicht getäuscht hat. Die Regeln der Gewalt ist US-amerikanisches Mainstream-Kino, dass sich das Kostüm eines Neo Noirs überwirft und hofft, als solcher ernstgenommen und nicht enttarnt zu werden. Absurderweise beinhaltet die Rezept von Autor Scott Frank, der seine Karrere mit dem Skript für Kenneth Branaghs Neo Noir Im Schatten der Vergangenheit (USA 1991) begann, viele Zutaten, die einen weit besseren Film hätten generieren können. Die Rollencharaktere sind ausdrucksstark und präsentieren sich in ihren Situationen großteils glaubwürdig, wenn das Skript im Detail auch konstruiert wirkt. Würde man ausgerechnet einem Unfallopfer mit einer anterograden Teilamnesie die Schlüsselgewalt über eine Bankfiliale anvertrauen, wenn dort abends gar niemand mehr anwesend ist? Und wie erklärt sich die für Chris Pratts Leben so relevante Schuld am Autounfall mit seinen Opfern im Verhältnis zu seiner Unschuld am Ende dieses Films? Vor allem das Finale und der Schluss ziehen den Film nochmals runter und disqualifizieren ihn.
Die Schauspieler sind allesamt gut bis sehr gut, doch allein Jeff Daniels ist als blinder Mitbewohner des Unfallopfers Chris Pratt schlicht herausragend. Die teils schön herausgearbeiteten Motive des Film-Noir-Kinos sind die Verführung durch eine Femme fatale, und Isla Fisher ist als good bad girl namens Luvlee Lemons auch überzeugend, sowie durch einen falschen Freund, den undurchsichtigen Gary Spargo (Matthew Goode). Hier erinnert Scott Franks Erzählung teils an Jack Hivelys Street Of Chance (USA 1942), teils an Robert Siodmaks Gewagtes Alibi (USA 1949) und teils an John Frankenheimers Wild Christmas (USA 2000). Natürlich wird der Film gern auch mit Memento (USA 2000) verglichen, wo das Element der Täuschung ebenfalls vom Umstand eines fehlenden Kurrzeitgedächtnisses profitiert. Doch im Finale überwindet der Protagonist plötzlich seine psychischen Blockaden und - man höre und staune! - auch einige der physischen Koordinationsprobleme und wird… naja, zum Helden eben. Dieses Finale ist bestenfalls banal, ein typischer Wendepunkt aus Hollywood. Der Schluss ist dann dergestalt unglaubwürdig und bieder, dass der Film genau hier als auf massenikompatible Unterhaltung getrimmtes Unterwelt-Märchen erkennbar wird - seine Film-Noir-Ästhetik entlarvt sich als Koketterie und Pose. Was eingangs durch seine Bilderwelten, gutes Schauspiel und eine flotte Dramaturgie besticht, enttäuscht am Ende mit kleinbürgerlichem Idyll und einer verlogenen Selbstgerechtigkeit.
Gute deutsche DVD-Edition (2008) der Buena Vista Home Entertainment, Inc. im Vertrieb der Walt Disney Studios Home Entertainment mit dem Film ungekürzt im Originalformat, Tonspuren auf Deutsch und Englisch, Untertitel auf Deutsch, Englisch, Türkisch, nur Extras gibt es keine.
Also ich fand ihn gut
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Kann mit dieser Kritik nicht so viel anfangen. Ob das Genre jetzt richtig wiederbelebt wurde oder nicht ... geschenkt. Ob die Handlung vorhersehbar ist... bei wie vielen Filmen Ist das anders? Und unterscheidet das einen guten von einem schlechten Film? Nicht alles ist plausibel? Seit wann ist das ein Kriterium für einen guten Film? Dann dürfte einem Hitchcock auch nicht gefallen. Ganz schlicht: Ich fand das Verweben von persönlichem Schicksalsfall und Banküberfall einen guten Filmstoff und habe mich 100 min lang überdurchschnittlich gut unterhalten gefühlt. Punkt.