Film Noir
| USA
| 1942
| Graham Greene
| W.R. Burnett
| Frank Tuttle
| Alan Ladd
| Frank Ferguson
| Harry Shannon
| Laird Cregar
| Marc Lawrence
| Tully Marshall
| Veronica Lake
| Yvonne De Carlo
Bewertung
****
Originaltitel
This Gun For Hire
Kategorie
Film Noir
Land
USA
Erscheinungsjahr
1942
Darsteller
Veronica Lake, Robert Preston, Laird Cregar, Alan Ladd, Tully Marshall
Regie
Frank Tuttle
Farbe
s/w
Laufzeit
78 min
Bildformat
Vollbild
© Paramount Pictures Corporation
San Francisco: Der misstrauische, undurchsichtige Philip Raven (Alan Ladd) ist ein Auftragskiller. Allein mit einer Katze, um die er sich voll Fürsorge kümmert, lebt er in einem schäbigen, kleinen Apartment. Dass er das Wohl dieser Katze dem aller Menschen vorzieht, macht er auch der Putzfrau (Patricia Farr) unmissverständlich klar. Willard Gates (Laird Cregar), Betreiber eines Kabarettheaters, beauftragt Raven mit dem Mord an dem Erpresser Alan Baker (Frank Ferguson). Der Killer bringt auch die anwesende Sekretärin (Berandene Hayes) um und raubt ein Skript, das Baker nach Washington hatte senden wollen. In einem Restaurant trifft er Gates, der dem Mörder gegenüber incognito auftritt. Philip Raven, der von Gates in auffällig kleinen Banknoten ausbezahlt wird, macht deutlich, was mit Leuten geschieht, die ihn zu hintergehen versuchen. Auf dem Polizeikommissariat sucht Willard Gates, hier plötzlich Repräsentant des Chemiekonzerns Nitro in Los Angeles, Detective Michael Crane (Robert Preston) auf. Er will wissen, was die Polizei im Fall einer dem Konzern geraubten Summe Bargelds unternommen habe. Deren Verschwinden liege schon über eine Woche zurück…
Von den drei Film-Noir-Klassikern mit Veronica Lake und Alan Ladd ist keiner das Meisterwerk, das sich in Anbetracht der Besetzungslisten und der Autoren ihrer Vorlagen erwarten ließe. Keiner der Filme ist demgegenüber ansatzweise misslungen. Sie sind für den Film-Noir-Freund und alle Liebhaber klassischen Hollywoodkinos der Vierziger auf jeden Fall eine Empfehlung. Alan Ladd gibt in Die Narbenhand als Philip Raven eine überzeugende Vorstellung, die für eine Generation von Antihelden stilbildend werden sollte. Nicht zuletzt durch Alain Delon in Jean-Pierre Melvilles Neo Noir Der eiskalte Engel (FRA/ITA 1967) wurde sie nochmals weitergereicht. Und Veronica Lake ist Veronica Lake ist Vernoica Lake! In dieser ersten Produktion an der Seite Ladds ist die gerade mal 19jährige eine Stilikone aller kommenden Femme-fatale-Geschöpfe des Film Noirs und besticht durch Jugend und Schönheit. So richtig überragend ist allerdings nur der leider schon 1945 mit 27 Jahren verstorbene Laird Cregar, der den Bösewicht Willard Gates mimen darf. Cregar hatte im Jahr zuvor in I Wake Up Screaming / Hot Spot (USA 1941) überzeugen können und gibt auch diesmal seinem Charakter eine abgründig dunkle Note, die in all seinen Szenen für das nötige Flair sorgt. Nach dem Roman A Gun For Sale (EA 1936, auf Deutsch 1951 als Das Attentat) des britischen Schriftstellers Graham Greene verfasste W.R. Burnett (Der kleine Cäsar, USA 1931) das Drehbuch und rundete das Bild einer Produktion, die dem Film Noir der frühen Jahre so einiges von an Stil vorlieh und ihm auch thematisch die Richtung wies.
© Koch Media GmbH
Der letzte Schliff fehlt jedoch. Einen solchen hätte die Präzision und Dramatik der Inszenierung durch einen Regisseur bringen müssen, der von einer ureigenen Vision gelenkt ist. Um Die Narbenhand auf ein solches Niveau zu heben, hätte es einen John Huston, Billy Wilder, Edward Dmytryk oder Fritz Lang gebraucht. Frank Tuttle erweist sich als grundsolide; der Film trägt den Zuschauer mühelos ins konsequent durchgespielte Finale und es gibt manch wunderbare Szene, die einem im Gedächtnis bleibt. Doch der Eindruck des Besonderen und Einzigartigen will sich bis zuletzt nicht einstellen. Direkt im Anschluss drehten Alan Ladd und Veronica Lake, deren Leinwandchemie so eindrücklich blieb wie diejenige Lauren Bacalls und Humphrey Bogarts, mit Stuart Heisler nach Dashiell Hammett Der gläserne Schlüssel (USA 1942) - einen weiteren Klassiker des frühen Film Noirs.
Drei Jahre in erfolglosen und lauwarmen Produktionen sollten vergehen, bevor sie in Die blaue Dahlie (USA 1946) nach einem Drehbuch von Raymond Chandler das letzte Mal in einem klassischen Film Noir gemeinsam vor die Kamera traten. Für die dann 24jährige Veronica Lake wurde es der letzte Erfolg ihrer allzu kurzen Karriere. Sowohl sie als auch Alan Ladd waren künftig von Fehlentscheidungen, Missmanagement und zuletzt Alkoholismus geplagt und starben jeweils beide im Alter von exakt 50 Jahren. 1957 drehte Schauspielerikone James Cagney (Sprung in den Tod / Maschinenpistolen, USA 1949) unter dem Titel Mit dem Satan auf Du (im Original Short Cut To Hell) ein Remake mit Robert Ivers und Georgann Johnson in den Rollen von Ladd und Lake, was jedoch heute als obskur gilt und James Cagneys einzige Regiearbeit blieb.
Die inzwischen leider vollends vergriffene deutsche DVD-Edition (2017) als Nr. 24 der Film Noir Collection von Koch Media ist eine großteils gelungene Fortsetzung der seit 2008 editierten Serie für Filmklassiker der Schwarzen Serie. In einem Digipack aus Hartkarton inklusive eines eingeklebten, 12seitigen Booklets, das 2 Filmfotos und einen Essay von Frank Arnold zum Film enthält, ist die Ausgabe mit Blick auf die optische Darbietung sicher empfehlenswert. Dass Arnold in seinem Aufsatz mit keinem einzigen Wort auf Laird Cregar - im Vorspann und auf Plakaten an dritter Stelle genannt - und dessen Filmkarriere eingeht, die mit dem Tod des 27jährigen bereits 1945 endete, ist für mich enttäuschend. Dafür ungekürzt und im Originalformat, bild- und tontechnisch exzellent, bietet der Film selbst den englischen Ton und eine deutsche Synchronisation, dazu optional englische Untertitel, den original Kinotrailer und eine Bildergalerie mit Werbematerial als Extras.