Chiwetel Ejiofor, Casey Affleck, Anthony Mackie, Woody Harrelson, Aaron Paul
Atlanta, Georgia: Ein Gewitter entlädt sich des Nachts über der Stadt, als Michael Atwood (Chiwetel Ejiofor) und die Brüder Gabe Welch (Aaron Paul) und Russell Welch (Norman Reedus) auf dem Dach einer Parkgarage im Auto sitzend die Besprechung eines geplanten Banküberfalls für die Russenmafia abhalten. Die Veteranen der US-Armee werden von Irina Vlaslov (Kate Winslet) unter Druck gesetzt, doch die First City Bank können sie tagsüber nicht allein überfallen, denn nach dem Eindringen haben sie für den Coup nur drei Minuten Zeit. Sie überlegen, ob sie die korrupten Polizisten Marcus Belmont (Anthony Mackie) und Franco Rodriguez (Clifton Collins jr.) hinzuziehen. Gabe kennt Marcus seit ihrer Zeit bei der Armee, insofern könnten sie letzterem vertrauen, gibt er zu verstehen. Doch Michael antwortet ihm, dass es nicht Marcus sei, um den er sich sorge… Zwei Wochen später: Russell, Gabe und Michael sind in Begleitung von Franco und Marcus auf dem Weg zur Bank. Sie sind hochgerüstet, indessen Irina Vlaslov mit ihrer Schwester Elena (Gal Gadot) und deren Sohn Felix (Blake McLennan) bei der Fußpflege weilt, wo Irina ihrem Neffen aus einem Kinderbuch vorliest. Der Junge ist das zentrale Druckmittel der jüdischstämmigen Mafia unter Irina Vlaslov, denn er ist zugleich der Sohn von Michael Atwood. Als Irina samt Leibwächtern zum Auto zurückkehrt, öffnet einer den Kofferraum, darin zwei blutverschmierte Gefangene (Jaime Sokunnik, Jonathan Pavesi) ohne Zähne ihr Schicksal erwartet…
“To survive out here, you've got to out monster the monster. Can you do that?" Das ist kein schlechter Film und passagenweise ist er sogar richtig gut. Leider nimmt er sich im letzten Drittel zu viel vor. Denn mit einer breit gefächerten Riege von Rollencharakteren, teils von hochkarätigen Filmstars verkörpert, erweist sich das auf mehreren Handlungsebenen ineinander verzahnte Neo-Noir-Drama für seine 115 Minuten als zu umfangreich. Der Stoff hätte in seiner Anlage eine TV-Serie füllen können. Als Spielfilm präsentiert er sich als zunehmend überfrachtet und dennoch als wenig originell. Letzteres ist der Tatsache geschuldet, dass er keine Zeit dafür erübrigen kann, seine Figuren mit Blick auf deren Persönlichkeiten detailgenau zu skizzieren. Sie bleiben bis auf Michael Atwood und Chris Allen (Casey Affleck) im Charakter nur angedeutet, mit wenigen Merkmalen skizziert – mit zu wenigen, um beim Zuschauer Empathie oder nur Interesse an ihnen zu wecken. Stattdessen rennt Regisseur John Hillcoat mit einer temporeichen Inszenierung dem action-lastigen Auftakt seines Films hinterher, was ihm über weite Strecken sogar gelingt. In seiner ersten Hälfte ist Triple 9 ein beinhart düsteres und deprimierend kaputtes Thrillerkino mit Anklängen an Gesetz der Straße - Brooklyn’s Finest (USA 2009), The Drop - Bargeld (USA 2014) oder eben True Detective – Staffel 2 (USA 2015). Dank grandioser Drehorte, exzellenter Kameraarbeit und furios aufspielender Darsteller hielt mich die Erzählung eine lange Zeit gepackt. Sodann wünschte ich mir, dass deren Versprechen auch eingelöst und die einzelnen Personen, ihre Motive und ihre Vergangenheit deutlicher umrissen und damit zugänglich werden. Aber das bleibt aus. Vor allem die Rollencharaktere von Aaron Paul, Woody Harrelson, Luis Da Silva jr. und Clifton Collins jr. haben zwar an der Handlungslogik einen zentralen Anteil, erhalten aber nicht viel mehr Raum als Teresa Palmer, Michelle Ang und Gal Gadot, deren Figuren kaum nennenswerte Funktionen haben. Im Zusammenhang mit 2 bis 3 ausgewalzten Actionszenen bekommt der Film damit Schlagseite und fällt mehr und mehr ab.
© Wild Bunch Germany GmbH
“A suspenseful mixture of adrenaline and testosterone with a chaser of neo-noir cynicism, it’s as engaging as thrillers come this time of year”, schreibt James Berardinelli zur Premiere im Februar 2016 für Reel Views über John Hillcoats Triple 9. Obwohl der Film bei mir die Vier-Sterne-Marke nicht knackt, zitiere ich das gern. Über Triple 9 haben sich viele Kritiker aus den falschen Gründen zu beklagen gewusst, dabei ist gerade das Schielen zum Mainstream, der dem Thrillerkino zunehmend rasante Action aufzwingt, die Krux an der Sache. Unter dem Gesichtspunkt seiner Verankerung in einer Erzählung und in Charakteren des Neo Noirs ist der Film eine verpasste Chance, der Palette einer kompromisslos nihilistischen Bestandsaufnahme von Gegenwart im Independentkino des europäischen und des US-amerikanischen Neo Noirs einen weiteren Meilenstein hinzuzufügen, wie das Stefano Sollima mit Suburra (ITA/FRA 2015) oder John Slattery mit God’s Pocket (USA 2014) gelungen ist. In Matt Cooks Drehbuch steckt von Anbeginn viel Potential, doch Tempo allein ist es nicht, was daraus einen hochwertigen Film werden ließe, zumal sich die Ereignisse zum Ende hin überschlagen. All das ist bedauerlich, denn ich habe einen Großteil des Werks mit Spannung verfolgt und auch wertschätzen können.
Exzellente BD- und DVD-Editionen (2016) der Wild Bunch Germany GmbH im Vertrieb der Universum Film, München, mit dem Film ungekürzt im Originalformat, bild- und tontechnisch exzellent, die original englische Tonspur und eine deutsche Synchronisation, optional deutsche Untertitel, das Feature Behind The Scenes und geschnittene Szenen als Extras.