Tom Berenger, Busta Rhymes, Armand Assante, Musetta Vander, Kirk ‘Sticky Fingaz‘ Jones
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New York: Der renommierte Rechtsanwalt Steven Luisi (Tom Berenger) ist mit seiner zehnjährigen Tochter Sam (Scout Berenger) auf einem Spielplatz, wo das Mädchen schaukelt und von ihrem Vater hin und wieder einen Schubs erhält. Plötzlich ist die Schaukel leer, und der Erzähler sinniert darüber, dass diejenigen, welche man liebt, für die eigenen Sünden oft den Preis zahlen… Angela (Kenya Brome), Freundin des afroamerikanischen Kriminellen Gregory Fixx (Dyron Holmes), der sich auf Bewährung auf freiem Fuß befindet, ist eine junge Mutter. Am heutigen Wintertag muss sie sich allein Zuhause um ihr Baby kümmern. Da klopft es vehement an der Tür, und als Angela öffnet, stürmt ihr ehemaliger Zuhälter Al Bowen (Busta Rhymes) mit seinen Schergen Adrienne Griffin (Joe Suba), Buster Biggs (Craig muMs Grant) und Richard Allen (Kirk ‘Sticky Fingaz‘ Jones) in die Wohnung. Bowen schlägt ihr brutal ins Gesicht. Sie schulde ihm 20.000 US-Dollar, herrscht er sie an, und sie solle als Hure, die sie sei, sofort wieder ihrem Gewerbe der Prostitution nachgehen. Buster durchwühlt indessen eine Kommode und fördert ein sauber verschnürtes Bündel Geldscheine zutage. Richard Allen, dem die Szene zuwider ist, verabschiedet sich, noch bevor das plötzlich schreiende Kleinkind Bowens Aufmerksamkeit weckt. Indessen Griffin Angela ein Messer an die Kehle hält, nimmt Al Bowen das Baby aus seiner Wiege und hält es vor den Augen der Mutter in Richtung des geöffneten Fensters...
Wie seine Kollegen Richard Gere, Don Johnson, William Hurt, Bill Murray oder Kurt Russell war Tom Berenger ein Filmstar, der nach Achtungserfolgen in Nebenrollen (während der 70er Jahre) in einem Alter jenseits der 30 seinen Durchbruch feierte. So spielte er jeweils die Hauptrolle in Abel Ferraras Fear City (USA 1984), in Ridley Scotts Der Mann im Hintergrund (USA/UK 1987) und in Costa-Gavras Verraten (USA/JPN 1988). Ich bin persönlich kein Fan, zolle seinen Leistungen in den genannten Filmen jedoch den gebührenden Respekt. Schon im frühen 21. Jahrhundert wirkte Berenger vorzeitig gealtert und müde, etwa in J.S. Cardones True Blue (USA 2001) oder in Antoine Fuquas Training Day (USA 2001), wo er im Vergleich mit dem um 5 Jahre jüngeren Denzel Washington wie der Vertreter einer vorhergehenden Generation erscheint. In Breaking Point ist der 60-jährige Tom Berenger - auf dem Kinoplakat und auf BD-/DVD-Editionen sieht man einen um 20 Jahre jüngeren Mann - nicht nur fehlbesetzt. Er wirkt trotz aller Anstrengungen der Maskenbildner auch abgehalftert und sein Schauspiel ist geradezu bemitleidenswert. Er ist nicht der erste und nicht der einzige ehemals in A-Produktionen gecastete Hollywoodschauspieler, der altersbedingt in B-Filme abrutschte, aber seine Leistung hier hat kaum Fernsehniveau. Dabei können sich im Segment des Neo Noirs trotz ihres begrenzten Budgets B-Produktionen teils als die besseren Filme behaupten, wie z.B. Keith Snyders Emmett’s Mark (USA 2002), Gary Ellis‘ Tough Luck (USA 2003) oder Bruce Terris‘ Dirty Work / Bad City (USA 2006) unter Beweis stellen. Diese unabhängigen Produktionen zeigen, inwieweit vor allem Drehbuch und Regie einem Werk Qualität verleihen. Davon ist Jeff Celentanos Breaking Point nicht nur wegen Tom Berenger weit entfernt. Abgesehen von der Kameraarbeit und den Drehorten inmitten der Metropole New York stimmt hier fast nichts.
Um die Geheimnisse des von tragischen Ereignissen seiner Vergangenheit heimgesuchten Steven Luisi, ehemals Staranwalt und nach seinem Absturz kokainabhängig, nur scheibchenweise an die Zuschauer weiterzugeben, entschließt sich das Drehbuch zu einer vor und zurück springenden Narration, die sowohl verwirrend als auch spannungsarm ist. Rückblenden waren zwar schon im klassischen Film Noir ein Stilmittel, aber Breaking Point macht derart wahllos davon Gebrauch, dass sich keine nachvollziehbare Filmhandlung ergibt. Nachdem die Geschichte in einem lahmen Finale im Gerichtsaaal versandet, bei dem Steven Luisi nicht einmal anwesend ist, schleppt sich der Film weitere 15 Minuten hin und serviert in mehreren Sequenzen einen Friede-Freude-Eierkuchen-Schluss, als ob man dem Ende eines epischen Mehrteilers oder einer TV-Serie beiwohnt. Neben Tom Berenger sind auch die Leistungen einiger Nebendarsteller, etwa Busta Rhymes oder Musetta Vander, nicht auf dem Niveau, das es bräuchte, die agierenden Figuren zu Rollencharakteren heranzubilden. Abziehbilder und Klischees, darauf läuft es hinaus, wenn der Film zwischen afroamerikanischen Drogendealern, sonstigen Gangstern und den oberen Etagen der New Yorker Justiz hin und her springt – zwei Arenen der US-Gesellschaft, in denen die Kriminalität tief verwurzelt ist. Beizeiten blitzt vor allem dank Kameramann Emmanuel Vouniozos trotzdem so etwas wie Potential auf, doch weder Drehbuchautor Vincent Campanella (mit seinem ersten und einzigen Filmskript) noch Regisseur Jeff Celentano wissen es zu nutzen.
Die deutsche BD- und DVD-Ausgabe (2013) der EuroVideo Medien GmbH ist bild- und tontechnisch jeweils einwandfrei, ungekürzt und im Originalformat mit dem original englischen Ton und mit einer (missratenen) deutschen Synchronisation, die auf keinen Fall zu empfehlen ist. Untertitel gibt es keine und ein deutscher DVD-Trailer für den Film, der hierzulande nicht im Kino lief, ist das einzige Extra.