Western Noir
| USA
| 1948
| Sidney Lanfield
| Harry J. Wild
| Burl Ives
| Dick Powell
| John Doucette
| John Kellogg
| Raymond Burr
| Regis Toomey
| Steve Brodie
| Tom Powers
| William Phipps
| Agnes Moorehead
| Jane Greer
Bewertung
***
Originaltitel
Station West
Kategorie
Western Noir
Land
USA
Erscheinungsjahr
1948
Darsteller
Dick Powell, Jane Greer, Agnes Moorehead, Burl Ives, Raymond Burr
Regie
Sidney Lanfield
Farbe
s/w
Laufzeit
80 min
Bildformat
Vollbild
© Warner Bros.
Eine Kutsche, die aus der Mine der wohlhabenden Witwe Mrs. Mary Caslon (Agnes Moorehead) eine Ladung Gold in ein Depot transportieren sollte, wird heimtückisch überfallen und zwei Soldaten der US-Armee, die als Wachschutz dabei waren, werden ermordet. Kurz darauf kommt ein Reisender namens John Martin Haven (Dick Powell) in der Stadt an und schreibt sich im Hotel ein, wo der singende Inhaber (Burl Ives) ihm einen nicht gerade freundlichen Empfang bereitet. Haven begibt sich in Charlie’s Saloon. Hier macht er mit einigen frechen und herablassenden Sprüchen schnell auf sich aufmerksam und zwar vor allem die Angestellten Prince (Gordon Oliver) und Mick Marion (Guinn „Big Boy“ Williams). Am Tresen, wo er den Bartkeeper (John Doucette) ebenfalls auflaufen lässt, versucht ihn der Soldat Lt. Stellman (Steve Brodie) in ein Gespräch zu verwickeln. Doch Haven macht ihm unmissverständlich klar, dass er von der Armee nichts hielte und keine Lust verspüre, etwa selbst dem Verein beizutreten. Als Stellman den Saloon verlässt, folgt ihm Haven in einiger Entfernung ins Dunkel der Straße und in einen Hinterhof, wo sie gemeinsam eine Stiege empor steigen. Hier treffen sie Mrs. Caslon und Captain George Iles (Tom Powers), den Kommandanten des örtlichen Armee-Regiments, der von Stellman über die geglückte Kontaktaufnahme mit Lieutenant Haven ins Bild gesetzt wird. Und dann macht sich der Undercover-Agent erstmal selbst ein Bild von der prekären Lage vor Ort…
Was für eine Enttäuschung! Dick Powell spielt den Undercover-Agenten im Dienst der US-Regierung als schier unverwundbaren “Tough Guy“, der sich mit flotten Sprüchen und harten Fäusten durch diese Gangster-Posse schummelt. Jane Greer kann als mächtige Lady Charlie, die mit Geld und Gewalt eine Stadt im Griff hat, nicht ansatzweise überzeugen, was nicht an der Darstellerin sondern an dem dafür völlig falsch ausgestatteten Rollencharakter liegt. Charlie säuselt im Wilden Westen Jazz-Songs (kein Witz!), als sei sie im eigenen Laden dafür angestellt, und sie verliebt sich auf den ersten Blick in den ungeschlachten Haven, dem sie fortan zu Füßen liegt. In kaum einer Szene kommt sie als eine abgebrühte Intrigantin rüber oder nur als sich ihrer Macht bewusste und deutlich überlegene Frau von Klasse, wie etwa Barbara Stanwyck als Jessica Drummond in Vierzig Gewehre (1957). Lieutenant Haven beherrscht jede Begegnung und macht, was er will, ohne dass ihm Charlie etwas entgegen zu setzen hätte. In dem vor allem stilistisch an den Film Noir angelehnten Gangster-Western gibt es die Guten, reiche Stadtobere und die Staatsmacht in Gestalt der Soldaten, sowie die Bösen, Charlies Nachtschattengewächse, d.h. Spieler, Bodyguards, falsche Cowboys und ein korrupter Anwalt. Um den Film auf seine 85 Minuten zu bringen, wird die Geschichte unnötig verkompliziert, denn am Schluss ist sie so primitiv, wie der Zuschauer es ab der vierten, fünften Minute ahnen kann. Vor allem Dick Powell, vier Jahre zuvor als Philip Marlowe in Dmytryks Mord, mein Liebling (1944) exzellent, geht einem als “Superheld“ im Wilden Westen auf die Nerven.
© Warner Bros.
Die Produktionsfirma RKO Radio Pictures präsentiert einen handwerklich guten und von Kameramann Harry Wild an beeindruckenden Schauplätzen inszenierten Film-Noir-Western. Alle Darsteller sind für ihre Rollen gut gewählt, doch sind es eben solche Rollen, die so dünn ausgestattet sind, dass die Charaktere weit weniger Persönlichkeiten als eben Funktionsträger sind. Raymond Burr, Agnes Moorehead und Burl Ives können kaum irgendwelche relevanten Merkmale ausprägen. Ihr Talent verpufft in einer Geschichte, die wenig hergibt und über Fernsehserienniveau nicht hinaus kommt. Das Gut-vs.-Böse-Schema im Dienst patriotischer Untertöne wirkt schon Ende der Vierziger, als der Film Noir weit mehr und subtiler seine Themenkreise aufzufächern wusste, eindeutig hausbacken. Zugleich ist die Geschichte im Film-Noir-Gewand bereits wegweisend für die Fünfziger, als in der erzreaktionären McCarthy-Ära der Film Noir sich zurück aufs Niveau von drittklassigen Kriminalgeschichten bewegte, darin sich alles um die Frage dreht: „Wer ist der Schurke?“ Als guter Western Noir empfiehlt sich Vogelfrei (1949) oder Der Scharfschütze (USA 1950). Gangster der Prärie kann man entgegen der positiven Aufnahme in Online-Foren getrost überspringen. Der ein Jahr später gedrehte Western (Noir) Der Geisterschütze (1949), eine B-Produktion, präsentiert eine auffällig ähnliche Story.
Sehr gute DVD der Editions Montparnasse (2005), Frankreich, die den Film ungekürzt im Originalformat mit englischer Tonspur und wahlweise französischen Untertiteln zeigt, dazu die für solche Reihe signifikante, auf Französisch gehaltene Einführung ins Werk von Serge Bromberg.