Neo Noir
| USA
| 1986
| Jim McBride
| Dennis Quaid
| John Goodman
| Marc Lawrence
| Ned Beatty
| Ellen Barkin
| Grace Zabriskie
Bewertung
****
Originaltitel
The Big Easy
Kategorie
Neo Noir
Land
USA
Erscheinungsjahr
1986
Darsteller
Dennis Quaid, Ellen Barkin, Ned Beatty, John Goodman, Lisa Jane Persky
Regie
Jim McBride
Farbe
Farbe
Laufzeit
96 min
Bildformat
Widescreen
New Orleans, Louisiana: Im stadtbekannten Brunnen auf dem Piazza d’Italia findet man eines Nachts die Leiche von Freddie Angelo (Jim Chimento). Lieutenant Det. Remy McSwain (Dennis Quaid) identifiziert den Toten sofort als eben jenen Profikiller, der sich seit 20 Jahren beim Mafiaboss Vinnie „The Cannon“ Di Motti (Marc Lawrence) in fester Anstellung befindet und lässt sich von Detective McCabe (Lisa Jane Persky) über die spärlichen Indizien zum Tathergang ins Bild setzen. Alles deutet auf einen Mord zwischen rivalisierenden Drogenkartellen hin, die sich die Vorherrschaft streitig machen, mehr oder minder ein Routinefall. Doch am nächsten Morgen sitzt die Staatsanwältin Anne Osborne (Ellen Barkin) in McSwains Büro. Und in der Abteilung unter Leitung von Police Captain Jack Kellom (Ned Beatty), in der ein gemütlich familiärer Ton vorherrscht, weiß man, dass sie einer Sonderkommission zur Untersuchung von Polizeikorruption in der Stadt angehört. Schon im ersten Gespräch bekommt der in New Orleans gebürtige McSwain einen Eindruck davon, inwieweit er mit der ambitionierten und seriösen Osborne ein Auskommen findet – oder eben nicht. Unter dem Vorwand, mit ihr den Fall Freddie Angelo zu besprechen, lädt er deshalb die junge Frau aus dem Norden zum Abendessen in ein populäres Musiklokal ein. Hier kann der Lieutenant das Restaurant ohne Begleichen einer Rechnung wieder verlassen, was die Staatsanwältin überaus humorlos nimmt. Aber kaum hat sie sich an einer Straßenecke ihres Viertels von McSwain absetzen lassen, kommt es zu einem unerwarteten Zwischenfall…
“The Big Easy is a fairly respected, medium-to-high-budgeted 80s Neo-Noir classic, or at least a near-classic”, heißt es in Junta Juleil’s Culture Shock und sein Autor stellt die Behqauptung zur Diskussion. Kurz zuvor hatte der Regisseur und Drehbuchautor Richard Tuggle den Schauplatz New Orleans für seinen Neo Noir Der Wolf hetzt die Meute (USA 1984) - in den Hauptrollen Clint Eastwood und Geneviève Bujold - schon ausgelotet und einen beeindruckenden Thriller zuwege gebracht. The Big Easy sollte ursprünglich Windy City heißen und in Chicago spielen; der Wechsel nach New Orleans machte daraus einen anderen und einen besonderen Film. Sein endgültigerTitel steht synonym für die Stadt selbst und beschreibt das Lebensgefühl in ihr, die Unbeschwertheit der Mentalität ihrer Einwohner. Insofern ist der deutsche Kinotitel Der große Leichtsinn tendeziell irreführend und auch der DVD-Titel The Big Easy - Verführerischer Nervenkitzel trägt wenig zum Verständnis des Werks bei. Als Thriller bewegt sich The Big Easy in auffälliger Korrespondenz zu Tuggles Der Wolf hetzt die Meute - ein erfahrener Polizist muss mit einer ihm unbekannten Beamtin zusammenarbeiten, mit der es einerseits zu erotischen Spannungen und andererseits zu Rivalitäten kommt. Doch die Charaktere erweisen sich erst in der zweiten Hälfte als komplexer, als eingangs gedacht. Auch ist der Kriminalfall als Treibstoff der Handlung nicht erotisch motiviert, vielmehr geht es um Drogenhandel, Polizeikorruption und Mord.
“New Orleans is a marvelous environment for coincidence.” Wie in manch anderem Neo Noir der Achtziger und Neunziger ist die Handlung simpel und vorhersehbar. Die Stärke des Films liegt in seinen sauber gezeichneten Charakteren, die sowohl Ellen Barkin und Dennis Quaid als auch die Nebendarsteller mit viel Verve und Können zum Leben erwecken. Zudem gelingt es Jim McBride, die Stadt New Orleans in all ihrer Vielfalt für seinen Film nutzbar zu machen, dessen atmosphärische Grundierung entscheidend zum Genuss des mit einer gehörigen Portion Romantik aufgeladenen Thrillers beiträgt. Ellen Barkin und Dennis Quaid zeigen eine exzellente Chemie miteinander und lassen auch den erotischen Teil ihrer Beziehung vollkommen glaubwürdig erscheinen. Beide Schauaspieler haben später mitgeteilt, dass The Big Easy für sie der jeweils liebste Film der eigenen Hollywoodkarriere gewesen sei. Mit Musik von Professor Longhair, Aaron Neville & the Neville Brothers, Huey P. Smith, Buckwheat Zydeco und anderen Lokalgrößen, sowie Gastauftritten von Soulsänger Solomon Burke und Film-Noir-Urgestein Marc Lawrence ergibt sich ein sorgfältig durchdachter und detailverliebter Thriller, der aus dem Einheitsbrei der Achtziger angenehm heraussticht. Im Abschluss ist er mir allemal zu leichtgewichtig und erreicht nicht anasatzweise die Dimension z.B. des thematisch ähnlichen Sydney-Lumet-Dramas Serpico (USA 1973). Trotzdem ist The Big Easy sehenswert und eine ungewöhnliche Ergänzung des Neo-Noir-Kanons seiner Zeit.
Es gibt eine deutsche BD-Edition (2013) von Pretty Gold Productions und eine DVD (2010) vom Vertrieb 3L, beide bildtechnisch gut, aber nicht herausragend, insofern der Film zwar farblich satt doch etwas körnig erscheint. Mit 96 Minuten ungekürzt im Originalfornat, Tonspuren auf Deutsch und auf Englisch, optional deutsche Untertitel. Allemal empfehlenswert.