Lucille Bremer, Richard Carlson, Douglas Fowley, Ralf Harolde, Thomas Browne Henry
Im Schutz der Dunkelheit parkt Madge Bennett (Gwen Donovan), Geliebte des polizeilich gesuchten, korrupten Richters Finlay Drake (Herbert Heyes), ihren Wagen in einem einsam gelegenen Wohnviertel am Straßenrand. Sie bemerkt nicht, dass sie verfolgt wird, denn indessen sie bereits die Straße hinunterläuft, hält hinter ihr die aus San Francisco angereiste Journalistin Kathy Lawrence (Luciller Bremer). Letztere heftet sich an Bennetts Fersen und beobachtet, wie sie an einem Seiteneingang des La Siesta Sanitariums klingelt und von einem Mitarbeiter des medizinischen Personals eingelassen wird… Der von ihm beauftragte Handwerker (Wally Vernon) hat eben den Schriftzug Ross Stewart – Private Investigator auf dem Glaseinsatz der Bürotür fertiggestellt, und der Privatdetektiv (Richard Carlson) wird nicht müde den Mann dafür zu loben. Ersterer will seine 10 US-Dollar haben, die er dem P.I. berechnet, und indessen sich Kathy Lawrence zu ihnen gesellt, versucht Stewart den Handwerker zu vertrösten. Der reißt ihm den Schein aus der Hand, den der Detektiv endlich zückte, danach leitet Stewart Kathy Lawrence als erste Klientin in sein Büro. Sie zeigt ihm ein Foto Madge Bennetts, berichtet von deren Ausflug in der letzten Nacht und von ihrer Vermutung, dass Richter Finlay Drake sich womöglich in jener Psychiatrischen Klinik namens La Siesta versteckt halte. Die 10.000 US-Dollar Belohnung könnten sie sich ja teilen, falls sich Ross Stewart in jene Klinik einweisen ließe und den Kriminellen dort ausfindig mache...
“Accidents are quite likely to happen in a mental sanitorium, my friend!" Die Filmhandlung ist flott erzählt und vor allem auch spannend. Budd Boetticher bewegt sich im Fahrwasser von Regisseuren à la Roberrt Siodmak, Alfred Hitchcock und Edward Dmytryk und dem durch sie etablierten Thriller- und Film-Noir-Kino und er weist mit diesem frühen Film seiner Karriere als Regisseur auf nachfolgende Werke, die hautsächlich dem Genre des Westerns angehörten. War Escape In The Fog (USA 1945) noch eine holprige Angelegenheit ohne eigene Handschrift, ist Budd Boetticher drei Jahre später mit Behind Locked Doors eindeutig bei sich selbst angelangt. Der unterm Namen Harry Horton als Ehemann der Journalistin Kathy Lawrence ins La Siesta Sanitorium eingeschleuste Privatdetektiv Stewart deckt im Nu allerlei Missstände auf, die vor allem dem sadistischen Pfleger Larson (Douglas Fowley) zuzuschreiben sind, und er begibt sich auf die Suche nach dem flüchtigen Richter, der vor Ort bleiben will, bis sich die durch sein Verschwinden verursachten Wogen zu glätten beginnen. Wen die Zusammenfassung an Samuel Fullers Schock-Korridor (USA 1963) erinnert, liegt mit der Assoziation nicht falsch, Es ist anzunehmen, dass der eigenwillige Autor und Regisseur Fuller Budd Boettichers Behind Lockred Doors kannte und sich inspirieren ließ. Aber auch Boetticher konnte auf Referenzwerke zugreifen, waren doch in den Jahren zuvor Alfred Hitchcocks Ich kämpfe um dich (USA 1945), Alfred L. Werkers Shock (USA 1946), Peter Godfreys Cry Wolf (USA 1947) und Curtis Bernhardts Anklage – Mord (USA 1947) allesamt im Kontext Psychiatrischer Kliniken, ihrer Patienten und ihres Fachpersonals angesiedelt. Die Erfahrung des Zweiten Weltkriegs hatte die menschliche Psyche und ihre Abgründe ins Kino gebracht, fungiert das La Siesta Sanitorium des Films auch eher als Bühne und Dekor für eine im Grunde konventionelle Kriminalhandlung.
“It's a well-done, tight little movie with some fantastic shadowy black and white cinematography by Guy Roe“, schlussfolgert die im Kontext des Film Noirs zuverlässige Laura Grieve in ihrem Blog Laura’s Miscellaneous Musings und liegt damit, wie ich finde, genau richtig. Kameramann Guy Roe findet bei Cineasten kaum Erwähnung, weil er in der zweiten Hälfte der 40er Jahre bloß eine Handvoll von B-Produktionen des Film Noirs auf Zelluloid bannte. Immerhin arbeitete er mit Anthony Mann an Railroaded! (USA 1947) und mit Richard Fleischer an Armored Car Robbery (USA 1950). Nachdem er in den 50ern vor allem fürs Fernsehen tätig gewesen war, verstarb Roe 1959 im Alter von 56 Jahren. Behind Locked Doors war zudem Lucille Bremers letzter Film. Noch 1948 hreiratete sie und gab die Schauspielerei völlig auf. Mit Richard Carlson entwickelt sie eine erstklassige Chemie, aber auch auf ihn wartete keine große Karriere. In den 50er und 60er Jahren hangelte er sich bei Film und Fernsehen durch eine Unzahl von Nebenrollen. Für Budd Boettichers B-Produktion aber gilt: indessen viele obskure Titel des Film Noirs heutige Cineasten enttäuschen, ist Behind Locked Doors, der allemal kein Meisterwerk ist, für den Freund der Filmklassik eine jener seltenen, erfreulichen Überraschungen. Empfehlenswert!
Eine einzig in den USA via Kino Lorber veröffentliche DVD-Edition (2000) bringt den Film bild- und tontechnisch in beeindruckend guter Qualität, welche sich wohl einer gut erhaltenen Quelle verdankt, d.h. im Originalformat mit der original englischen Tonspur, ohne Untertitel oder gar Extras, wie es in der Anfangsphase der DVD üblich war. Der Film war später eins von 5 Werken in einer ebenfalls US-amerikanischen 5-DVD-Box betitelt Film Noir: The Dark Side of Hollywood (2006) und zwar erneut von Kino Lorber.