Richard Conte, Coleen Gray. Richard Taber, John Alexander, Peggy Dow
© Universal-International Pictures Inc.
New York: Der Schauspieler Richard Conte informiert das Kinopublikum darüber, dass er in dem kommenden Film The Sleeping City Dr. Fred Gilbert spiele, einen Arzt des Bellevue Hospitals im Herzen New Yorks. Während der Dreharbeiten hätten er und die Filmcrew Einblick in das Getriebe des mit 1300 Ärzten und 1100 Arzthelferinnen und -helfern besetzten Krankenhauses bekommen. Die im Film wiedergegebenen Ereignisse seien fiktional und hätten sich weder dort noch in New York City je abgespielt. In den nächsten 10 Jahren werde ein Neubau dazu führen, dass die Stätte der medizinischen Versorgung und Ausbildung deren weltweiltes Renomée nicht bloß halten sondern noch erhöhen werde… Ein Krankenwagen fährt zur Notaufnahme des Krankenhauses und mehrere Sanitäter laden unter Aufsicht Doktor Fosters (Hugh Reilly) einen bewusstlosen Patienten auf eine Bahre, die sie dann einen erleuchteten Korridor entlang rollen. In seinem übers Weiß der Arztkluft gezogenen Regenmantel folgt Dr. Foster der Bahre und informiert Miss Wardley (Florence Morrison), die Krankenschwester der Notaufnahme, über den neuen Patienten. Sie ruft per Telefon Dr. Alex Connell (Michael Strong) in den Operationssaal und erklärt Foster, dass Schwester Ann Sebastian (Coleen Gray) ihn zu sprechen wünsche. Mit einem gequälten Gesichtsausdruck teilt Dr. Foster Miss Wardley mit, dass er draußen eine Zigarette rauchen und Ann Sebastian später kontaktieren werde, woraufhin Ms. Wardley ihm verwundert hinterher blickt…
"The Sleeping City (…) generally follows suit: good enough, not great; quickly forgettable. But considering the tense possibilities in the undercover situation and the criminal ring that is uncovered, this film could’ve been so much more“, fasst Jim Tudor für ZekeFilm zusammen und liefert damit eine der wenigen kritischen Betrachtungen dieses ersten Films, den Schauspieler Richard Conte nach Unterzeichnung eines Vertrags mit der Universal-International Pictures im Jahr 1950 ablieferte. Hin und wieder wundern mich die Unterschiede in der Bewertung eines Films durch die Augen eines Mitteleuropäers und durch die eines US-Amerikaners. In diesem Fall kann die Begeisterung der meisten heutigen US-Kritiker für solch eine fade B-Produktion nicht nachvollziehen. The Sleeping City befasst sich mit einem für damalige Verhältnisse neuen und bis heute spannenden Sujet, mit der Drogenkriminalität. Es behandelt solches Thema seitens des Drehbuchs aber dergestalt spannungsarm, dass die Leistungen der Schauspieler im Zentrum der Ereignisse, Richard Conte und Coleen Gray, die Sache nicht aus dem Sumpf der Mittelmäßigkeit empor heben können. Regisseur George Sherman (Larceny, USA 1948) hatte im Jahr 1950 bereits eine lange Filmografie an B-Produktionen zu verzeichnen, von denen er pro Jahr zwischen drei bis sieben ablieferte. Und auch The Sleeping City wird von ihm mit einer Expertise behandelt, die am Ende keinerlei eigene Handschrift erkennen lässt. Einzig die Kameraarbeit des Veteranen William Miller (Close-Up, USA 1949) und der Drehort selbst, Manhattans Bellevue Hospital, stechen heraus und verleihen dem Werk jene Tristesse eines Berufsalltags in einem Großstadtkrankenhaus, der mit Blick auf Bezahlung und sozialen Status des medizinischen Personals durchaus kritisch beleuchtet wird.
© Universal-International Pictures Inc.
Solche Kritik wurde von New Yorks damaligem Bürgermeister William O‘Dwyer nicht gern gesehen und nicht gern gehört, so dass die Produktion jenen Vorspann erhielt, darin Richard Conte die dargestellten Ereignisse explizit in den Bereich der Fiktion rückt. Dass einige Filmplakate The Sleeping City mit Jules Dassins um Längen besserem Film Noir Stadt ohne Maske / Die nackte Stadt (USA 1948) verglichen, wirkt vor dem Hintergrund fast wie ein Hohn. Neben Alex Nicols hölzernem Over-Acting als Doktor Gilberts Zimmergenosse Doktor Steve Anderson stört mich vor allem die fehlende Charakterzeichnung der Krankenschwester Ann Sebastian, die zu blass und klischeehaft bleibt, als dass ihre potentielle Romanze mit Fred Gilbert im Ansatz glaubwürdig wirkte. Auch die Auflösung des Kriminalfalls und das Finale sind wenig spektakulär und bündeln die Handlungsentwicklung nicht mit jener zugespitzten Logik, die alles Vorherige präzise zusammenfügt. Wer einen dunklen Thriller im Milieu der Humanmedizin sucht, der mit einem knackigen Kriminalfall und Rätseln aufwartet, die sich in einem gelungenen Schlussakt beantwortet finden, sollte auf Sydney Gilliats Achtung: Grün! / Narkose (UK 1946) zurückgreifen, ein deutlich besseres Werk seiner Zeit.
In den USA gibt es in der Universal Vault Series der Universal Pictures eine DVD-R (2016), die den Film bildtechnisch in adäquat restaurierter Fassung, aber in einer teils miserablen Tonqualität präsentiert, ungekürzt und im Originalformat mit dem original englischen Ton ohne jegliche Untertitel oder Extras. Eine Blu-ray Disc (2020) der Kino Lorber Studio Classics in der 3-BD-Box Film Noir: The Dark Side Of Cinema III beinhaltet das Werk sowohl bild- als auch tontechnisch topp, inklusive des englischen Originaltons und mit englischen UT, dazu gibt es neben dem Kinotrailer noch einen Audiokommentar der Film-Noir-Expertin und Sachbuchautorin Sara Imogen Smith.