Sally Gray, Trevor Howard, Rosamund John, Alastair Sim, Leo Genn
© Verlag für Filmschriften Christian Unucka
Police Inspector Cockrill (Alastair Sim) von der Kent County Police tippt einen Bericht an den Commissioner von Scotland Yard. Jener erzählt von Ereignissen, die am Abend des 17. Augusts 1944 ihren Anfang nahmen. Per Fahrrad strampelte der Postbeamte Joseph Higgins (Moore Marriott) Heron’s Hill empor, um in dem in einem ehemaligen Landsitz gelegenen Heron’s Park Hospital seine Post auszuliefern. Als er beim Pförtner McCoy (John Rae) eintraf, war es dunkel und Higgins klagte darüber, dass er wegen der Briefe nochmals habe hinauffahren müssen, einer davon offenbar eine Rechnung für Dr. Barney Barnes (Trevor Howard). Oder ein Rezept, bemerkte der Pförtner, bevor Higgins sich wieder aufs Fahrrad schwang und davonfuhr. Er ist noch nicht aus der Tür, als im Ort bereits die Sirene vor einem deutschen Angriff mit den V1-Marschflugkörpern warnt. In einem Raum nahe dem Eingang hält Dr. White (Ronald Adam), seit einem Monat der Leiter des Krankenhauses, für eine Reihe von Krankenschwestern und -pflegern einen Vortrag über Moral und Zuversicht in Kriegszeiten. Als der Sirenenton erstirbt und die todbringende Bombe hörbar wird, muss selbst er schweigen… Indessen beeilt sich Higgins auf der Landstraße den Eingang des Luftschutzbunkers zu erreichen. Tatsächlich gelingt es ihm. Er hetzt die Treppe hinunter, wo er mit dem wachhabenden Soldaten mitkriegt, dass der Flugkörper nicht mehr zu hören ist. Im nächsten Moment erfolgt eine gewaltige Detonation und das Mauerwerk des Kellers stürzt ein…
“Green for Danger (1946) is a delightfully quirky yet important British crime film”, vermerkt Guy Savage für Film Noir of The Week. So beschreibt er jene Seite des Kriminalfilms, die Alastair Sim als Inspector Cockrill ab der 35. Minute im Film - zuvor hört man ihn nur, sieht ihn aber nicht als handelnde Person - zu lösen sich anschickt, das Rätsel von zwei Mordfällen, für die eine Gruppe von 5 Personen in Betracht kommt. Mit schwarzenm Humor und einer nüchternen Attitüde gegenüber den in Liebesdingen konkurrierenden Medizinern Dr. Barney Barnes, einem trockenen, etwas steifen Anästhesisten, und Dr. Eden (Leo Genn), einem Frauenhelden und Herzensbrecher, stellt sich für den Zuschauer die beim britischen Whodunit so typische Spannung ein. Demgegenüber zeigt der Film im ersten Drittel eine abgründig dunkle Seite, die Regisseur Sidney Gilliat pointiert auszuspielen weiß. Krankenschwester Esther Sanson (Rosamund John) verlor bei einem Angriff mit der V1, einem führerlosen Marschflugkörper, ihre Mutter. Sie hat das Trauma, durch das sie sich selbst an deren Tod eine Mitschuld zuspricht, nicht überwinden. Zum Erstaunen Dr. Edens ist sie dennoch wieder ins Heron’s Park Hospital zurückgekehrt, wo die Vielzahl der Kriegsversehrten sie täglich daran erinnert. Oberschwester Marion Bates (Judy Campbell) scheint gegenüber ihren Kolleginnen streng und selbstbewusst. Nach einer Affäre mit Dr. Eden, die jener nach kurzem Glück wieder beendete, ist sie mit Haut und Haaren in den Chirurgen verliebt und muss ohne jegliche Hoffnung mitansehen, wie der Womanizer sich an ihre Kolleginnen heranpirscht. Dr. Barnes hatte einst den Tod eines weiblichen Patienten mitzuverantworten und bekam deshalb bereits einen Erpresserbrief… Jeder in der Runde ist vom Krieg, von seiner Familie, von einem geliebten Menschen oder den Herausforderungen seines Berufs stark gezeichnet. Genau das macht Achtung: Grün! / Narkose, der 1948 sowohl in Deutschland als auch in Österreich im Kino lief, atmosphärisch aus und sorgt für eine dunkel fatalistische Tönung.
Der US-amerikanische Film Noir nach Romanen Raymond Chandlers und Dashiell Hammetts hatte 1946 die Schwelle der Tabuisierung im Kinofilm bereits verschoben. Sidney Gilliats Drama beruht auf dem Roman Narkose (EA 1944, auf Deutsch 1951) der britischen Kriminalschriftstellerin Christianna Brand und verdeutlicht, dass in Großbritannien grundsätzlich weniger Tabus im Weg standen. Weder Krankenschwestern noch Ärzte sind sonderlich keusch, Dr. Barnes äußert sich in einer Auseinandersetzung mit seinem Chef Dr. White unverblümt über dessen Absicht ihn zum Bauernopfer zu stempeln, und Inspector Cockrills Art die seelischen Nöte der des zweifachen Mordes Verdächtigen zur Sprache zu bringen, entbehrt jeglichen Scham- und Feingefühls. Als einer der ersten hochwertigen Spielfilme im England der Nachkriegszeit leitete u.a. Achtung Grün! / Narkose die Phase des Brit Noirs ein und erweist sich trotz Schwächen im Finale bis heute als kurzweilig und seitens der beteiligten Darsteller und des Kameramanns Wilkie Cooper exzellent besetzt. Sally Gray und Trevor Howard traten im Film Noir Sträfling 3312 (UK 1947) und Leo Genn und Rosamund John im Familiendrama No Place For Jennifer (UK 1950) erneut gemeinsam vor die Kamera. Von Christianna Brands weiteren sechs Romanen um Inspector Cockrill, die zwischen 1941 und 1957 entstanden, wurde bis dato kein einziger mehr verfilmt.
In den USA erschien Green For Danger in der reonmmierten Criterion Collection auf DVD (2007) und zwar bild- und tontechnisch exzellent restauriert und ungekürzt im Originalformat, mit dem original englischen Ton und inklusive englischer Untertitel, als Extras ein Audiokommentar von Film- und Musikhistoriker Bruce Eder, ein Interview mit dem britischen Filmhistoriker Geoff Brown, ein Booklet mit einem Filmessay des Journalisten Geoffrey O'Brien und inklusive einer kurzen Abhandlung von Regisseur Sidney Gilliat. In Europa gibt es in England via Network Releasing sowohl eine BD als auch DVD (2019), die den Film je ungekürzt und im Originalformat enthalten, allerdings ohne Untertitel und mit einer Bildergalerie als einzigem Bonus-Feature. Zuvor gab es via Simply Home Entertainment bereits eine spartanisch ausgestattete DVD (2005) mit lediglich dem Film, als Verde es el peligro gibt es auch eine spanische DVD (2016) via Llamentol S.L. mit dem englischen Originalton plus spanischen Untertiteln. In Deutschland, fast müßig zu erwähnen, gibt es diesen britischen Filmklassiker in keiner Form.