Film Noir
| USA
| 1949
| Roy Huggins
| Byron Haskin
| Arthur Kennedy
| Barry Kelley
| Billy Halop
| Dan Duryea
| James Nolan
| Robert Bice
| Robert Kellard
| Kristine Miller
| Lizabeth Scott
Bewertung
****
Originaltitel
Too Late For Tears / Killer Bait
Kategorie
Film Noir
Land
USA
Erscheinungsjahr
1949
Darsteller
Lizabeth Scott, Dan Duryea, Arthur Kennedy, Don DeFore, Kristine Miller
Regie
Byron Haskin
Farbe
s/w
Laufzeit
98 min
Bildformat
Vollbild
In der Nähe von Los Angeles ist das Ehepaar Alan (Arthur Kennedy) und Jane Palmer (Lizabeth Scott) nachts auf einer Landstraße unterwegs. Aus einem ihnen entgegen kommenden Wagen fliegt eine Reisetasche auf die Rückbank ihres Cabriolets. Darin sind 60.000 US-Dollar und die geistesgegenwärtige Jane übernimmt das Steuer und braust in die Nacht. Zwar werden die Eheleute im Nu auch verfolgt, doch kann Jane den fremden Wagen abhängen. Sie ist entschlossen, das irrtümlich an sie übergebene Geld zu behalten. Alan ist hingegen voller Angst und rät ihr dringend, die wohl aus Verbrecherkreisen stammende Summe an die Polizei zu übergeben. Ein paar Tage später meldet sich der vermeintliche Polizist Danny Fuller (Dan Duryea) bei Jane Palmer und durchsucht ihr Apartment nach dem verschwundenen Geld. Erst spielt Jane die Ahnungslose. Doch schließlich erklärt sie, man habe die Tasche bereits an die Polizei übergeben. So leicht lassen sich Danny Fuller und seine Hintermänner jedoch nicht zum Narren halten...
Es gibt Films Noirs, die die seelische Disposition ihrer Protagonisten erklären wollen - Verbrechen begehen nur Verbrecher. Es gibt Films Noirs, die Fallstricke spannen und Durchschnittsmenschen beim Stolpern zusehen - zum Verbrecher kann jeder werden. Und es gibt Der blonde Tiger. Zwei Eheleuten fällt eine Riesensumme buchstäblich in den Schoß. Zwar ist offensichtlich, dass es sich um heißes Geld handelt, das man vermissen wird. Aber könnte es nicht klappen, über die Sache Gras wachsen zu lassen und für den Rest des Lebens ausgesorgt zu haben? Lizabeth Scott spielt die Femme fatale Jane Palmer, die mit allen Wassern gewaschen und von maßloser Gier getrieben ist. Arthur Kennedy übernimmt als ihr schwächlicher Gatte den Part des Mahners. Doch hinter der Finte steckt ein anderer Film und moralinsauer ist er bestimmt nicht. Schaut man genau hin, stellt sich heraus, dass Alan Unsinn redet und vollauf blind ist, was Byron Haskin gnadenlos vorführt.
© Arrow Films
Es gibt die typische Low-key-Ausleuchtung, viele Schatten und Szenen in der Dunkelheit, aber oft eine helle Kleidung Janes. Sie akzentuiert passend zur Haarfarbe des "blonden Tigers" die Tarnung seiner Gefährlichkeit, während die brünette Schwägerin stets dunkle Kleidung trägt. Der Film spielt in kargen Innenräumen, des Nachts auf abgelegenen Straßen oder an einem See - unheilvolle Orte. Es geht um zwielichtige Menschen, ihren American Dream vom schnellen Geld und um Abgründe unvorstellbaren Ausmaßes. Die auf die Spitze getriebene Doppelbödigkeit zeigt sich im Umstand, dass wir bis in Nebenrollen Charaktere sehen, die jemand anderes sind, als sie zu sein vorgeben. Daraus resultiert ein dreckiger und böser Krimi, zugleich ein Drama - beinahe eine Tragödie. Doch findet man nicht nur im Fall von Jane Palmer einen Menschen, dessen Tragik es ist, nicht aus seiner Haut zu können. Nein, all diese Leute sind zu keiner Zeit, wie im amerikanisch-individualistischen Machbarkeitsdenken, das der Film Noir so gern dekonstruiert, ihres Glückes Schmied oder der Captain ihrer Seele.
Der blonde Tiger ist ein Film der Public Domain, dessen US-Edition in der Reihe Dark City Classics via Image (2003) bis dato die beste ist. Auch sie ist bildtechnisch nicht restauriert, zeigt in VHS-Qualität stellenweise Kratzer und Sprünge, punktet aber mit Extras, u.a. von Eddie Muller, und einer ungekürzten Fassung im Originalformat. DVD-Editionen anderer Hersteller sind geringfügig schlechter, Untertitel oder nicht-englische Tonspuren gibt es nirgendwo.
Ein Top-Tipp!
- Anmelden, um Kommentare verfassen zu können
- Danke für die Empfehlung! Habe mir die britische Arrows-DVD gestern Abend zum ersten Mal angeschaut und kann das Werk rundum empfehlen.
Zwar sind auch die männlichen Haupt- und Nebenrollen mit den bewährten Darstellern Dan Duryea und Arthur Kennedy passend besetzt, doch vor allem Lizabeth Scott bleibt nachhaltig in Erinnerung und liefert eine höchst eindringliche Charakterstudie in Sachen Gier und Skrupellosigkeit ab.
Wer unter den wenig zimperlichen und verschlagenen Femme fatales im Film Noir bislang Barbara Stanwyck (in 'Double Indemnity'), Jane Greer ('Out Of The Past') oder Jean Simmons ('Angel Face') als Maß der Dinge eingestuft hat, wird nach Betrachtung dieses Streifens sein Böse-Frauen-Ranking womöglich aktualisieren....