Josh Hartnett, Tran Yên-Khê Nu, Byung-hun Lee, Takuya Kimura, Shawn Yue
© Ascot Elite Home Entertainment
Police Detective Kline (Josh Hartnett) von der Mordkommission des Los Angeles Police Departments nähert sich in einem dunklen Korridor mit vorgehaltener Pistole vorsichtig dem an der Wand lehnenden, 24-fachen Serienmörder Hasford (Elias Koteas). Im entscheidenden Augenblick passt er jedoch nicht auf und wird vom Hasford überwältigt, wobei Kline seine Waffe verliert. Hasford schlägt mit einem zuvor versteckt gehaltenen Baseballschläger auf den am Boden liegenden Kline ein, der sich sich nicht zu wehren vermag und völlig außer Gefecht gesetzt wird. Als der Beamte nurmehr stöhnend versucht fortzukriechen, schaltet Hasford das Licht ein, hebt die Pistole vom Boden auf und entlädt sie. Er nähert sich dem Polizisten, schleift ihn zum Türrahmen seiner Werkstatt, setzt ihn dort auf und nimmt sich ein Skalpell, das er Kline zeigt. Damit schneidet Hasford dessen Hemd am Kragen entzwei, entblößt seine Arme und den Oberkörper und dreht den jungen Mann auf den Bauch. Dann legt er sich selbst über ihn und schlägt mit aller Kraft seine Zähne in Klines entblößte Schulter… Zwei Jahre später in Los Angeles, Kalifornien: Im Salon einer luxuriösen Villa sitzt Kline auf einem Sofa und sieht vor sich auf dem Tisch ein Bluetooth-Headset mit Einzelohr-Kopfhörer, dass er sich rechterseits aufsetzt. Eine PC-Kamera überträgt sein Bild zu seinem Auftraggeber, der folgenden einem Privatdetektiv Kline erläutert, dass er ihn beauftragen wolle, seinen einzigen Sohn Shitao (Takuya Kimura) in Südostasien ausfindig zu machen…
“Something seems to have gone terribly wrong in the making of I Come with the Rain, an undeniably unique but nearly incoherent Hong Kong-set thriller (…) Too cryptic and poorly executed to appeal to either mainstream or specialty audiences”, schreibt Darcy Paquet für Screen Daily. Er fasst damit meine spontane Reaktion auf diesen Neo Noir des aus Vietnam stammenden Autors und Regisseurs Tran Anh Hung gut zusammen. Von Anbeginn hat mich bis auf Juan Ruiz Anchías exquisite Kameraarbeit von (Haus der Spiele, USA 1987) an diesem Film so ziemlich alles abgestoßen. Erstens seine mit lakonischer Coolness gemurmelten Dialoge, die unterm Strich banal sind. Zweitens die häufig abrupten Szenenwechsel, welche die Geschichte mittels ständiger Zeitsprünge und Ortswechsel mysteriös und bedeutungsvoll erscheinen lassen sollen. Demgegenüber gibt es so etwas wie eine Geschichte im Grunde kaum. Und drittens die extrem harte und oft sadistische Gewalt, die grausam und widerwärtig ist (und sicher auch sein soll), aber in keiner Weise gedeutet und reflektiert wird. Sie ist, was sie ist, und so erscheint sie im Rahmen eines Films, der verblüffend irrelevant daherkommt, bloß als Abwesenheit jeglicher Empathie. Im Kontext der Handlungsentwicklung gibt es Anspielungen auf Jesus Christus und seine Kreuzigung, und die ritualisierte Folter des Serienkillers Hasford oder die im organisierten Verbrechen Hongkongs schockiert ihrerseits. Die usprüngliche Altersfreigabe in der Bundesprepubblik Deutschland, wo der Film nie im Kino lief, war eine ab 18 Jahren. Zu einem späteren Zeitpunkt erhielt die ungekürzte Fassung dann eine FSK-16-Kenzeichnung. Ungeachtet dessen wäre ich für einen harten Thriller sicher offen, schaffte er es auf irgendeine Weise mein Interesse am Fortgang der Geschichte zu wecken. Genau am zentralen Punkt dessen, was Kinogenuss ausmacht, ist bei I Come The Rain jedoch Fehlanzeige. Denn so hart und laut dieser Film sich auch gebärdert, so langweilig und fade bleibt er letzten Endes. Das hat für mich mehrere Gründe.
In Tran Anh Hungs Meisterwerk Cyclo (VIE/FRA/HK 1995) ist alles und jeder bis ins Detail glaubwürdig. Es ist einer der seltenen Filme, denen man ansieht und abnimmt, dass er hatte gedreht werden müssen. Die Geschichte und ihre filmische Umsetzung vermitteln jene Relevanz, die ihren Autor und Regisseur dazu brachte Cyclo zu kreieren. In I Come With The Rain ist davon rein gar nichts zu spüren. Im Gegenteil wirkt alles gewollt und wie mit der Brechstange herbeizitiert und zusammengefügt. Die technische Expertise und Kompetenz hinter der Kamera vermögen die Leere der Handlung und ihrer Charaktere nicht zu kaschieren. Versuche, die Zuschauer über die Bildsprache, über Popmusik und das Mysterium ins Boot zu holen, scheitern – zumindest nach meinem Dafürhalten. Dafür sind die Rollencharaktere zu blass. Von Anbeginn an interessierte mich weder der Privatdetektiv noch der von ihm gesuchte Shitao. Dass sie beide von jeweils ihrem Schicksal gezeichnet sind, dass sie ihrerseits durch eine Vorhölle hindurchgingen, hat mich kaum berührt. Genaugenommen hat mich in diesem Film auch sonst nichts berührt, was mir als Cineasten so gut wie nie widerfährt. Auch ein abgrundtief missratener Film löst in mir etwas aus. In einem vordergründigen Sinn abgrundtief missraten ist I Come The Rain natürlich nicht. Allerdings ließ er mich kalt und ist nach meiner Einschätzung daher konsequent gescheitert. Nicht die Kunst sondern seine Künstlichkeit wurden ihm zum Verhängnis, was ich gerade bei Tran Anh Hung keinesfalls erwartet hätte.
Via Ascot Elite Home Entertainment GmbH gibt es eine jeweils exzellente deutsche BD- bzw. DVD-Edition (2011) mit dem Film ungekürzt im Originalformat, dazu die englische Tonspur, eine deutsche Synchronisation, optional deutsche Untertitel, sowie den US-Kinotrailer, einen deutschen Trailer und ein Making Of als Extras.