Neo Noir
| USA
| 1968
| Peter Yates
| Bill Hickman
| Felice Orlandi
| Robert Duvall
| Robert Vaughn
| Sam Edwards
| Simon Oakland
| Steve McQueen
| Vic Tayback
| Jacqueline Bissett
| Joanna Cassidy
Bewertung
*****
Originaltitel
Bullitt
Kategorie
Neo Noir
Land
USA
Erscheinungsjahr
1968
Darsteller
Steve McQueen, Robert Vaughn, Jacqueline Bisset, Don Gordon, Robert Duvall
Regie
Peter Yates
Farbe
Farbe
Laufzeit
109 min
Bildformat
Widescreen
© Warner Bros.
Chicago, Illinois, bei Nacht: Gangster Johnny Ross (Pat Renella) entkommt mit der Hilfe seines Bruders Pete (Vic Tayback) aus dem Gebäude der Organisation, für die sie beide arbeiten und deren Häscher Johnny mit Waffengewalt bei seiner Flucht aus der Tiefgarage hindern wollen. Pete ruft bei seinem Boss an, der ihm die Verantwortung für die gelungene Flucht seines Bruders zuschiebt… Per Taxi begibt sich Johnny Ross in San Francisco zum Mark Hopkins Hotel, wo er den Portier wegen einer hinterlassenen Nachricht für ihn befragt. Doch der hat zu Johnnys Erstaunen nichts für ihn und so steigt er wieder ins Taxi. Doch der Page, der ihm die Tür aufhält, erkennt ihn, denn er arbeitet ebenfalls fürs Syndikat. Johnny Ross lässt sich von seinem Fahrer (Robert Duvall) bei einer Telefonzelle absetzen, denn er möchte mit Walter Chalmers (Robert Vaughn) in Kontakt treten… Zur gleichen Zeit klingelt Police Sergeant Delgetti (Don Gordon) bei Lieutenant Frank Bullitt (Steve McQueen), der noch im Bett liegt und ihn nur widerstrebend einlässt. Die beiden begeben sich zusammen mit Detective Carl Stanton (Carl Reindel) zu einem Empfang in die Villa des Politikers Walter Chalmers. Jener ist dabei seine Karriere zu befördern und die Beteiligung an einem nationalen Untersuchungssausschuss, der die Organisation in Chicago zu Fall bringen will, ist ihm dafür die Bühne. Chalmers will dort am Montag seinen Kronzeugen Johnny Ross präsentieren und vertraut ihn Bullitt und seinen Männern zum Schutz an…
“Don't be naive, Lieutenant. We both know how careers are made. Integrity is something you sell the public.” Für Freunde klassischen Thrillerkinos reduziert sich Bullitt meist auf die Erwähnung jener spektakulären Verfolgungsjagd im Auto, die den Protagonisten im Mittelteil des Films 10 Minuten lang durch San Francisco hetzen lässt. Grandios inszeniert, noch heute ein Element von Action und Spannung, stilbildend für das Kino der Siebziger! Doch das ist längst nicht alles, was es über diesen Film zu sagen gibt, genaugenommen ist es nur ein Bestandteil. Komplementär zu Werken wie Don Siegels Nur noch 72 Stunden (USA 1968) und Gordon Douglas’ Der Detektiv (USA 1968) ist Bullitt ein Neo´Noir über einen redlichen und prinzipientreuen Staatsdiener, der in die Mühlen politischer Affären gerät, die für ihn undurchschaubar bleiben und die sich seiner bedienen. Für den einflussreichen Politiker Walter Chalmers ist Frank Bullitt berechenbar und daraus will er Profit schlagen. Je mehr Bullitt wiederum in dessen schmutzige Geschäfte verwickelt wird und schließlich darauf angewiesen ist, seinen Ruf und seine Haut zu retten, - will er nicht als Bauernopfer auf der Strecke bleiben! - desto mehr gerät er privat in Konflikt mit seiner Freundin Cathy. Wann überschreitet ein Mensch die Grenzlinie, so dass das Blut, welches er vergießt, sich von seinen Händen nicht mehr abwaschen lässt, lautet die letzthin ethische Fragestellung in der Fluchtlinie der Verwicklungen. Erweisen sich die Fronten eingangs als scheinbar eindeutig, hebelt der Handlungsverlauf die Trennung von Gut vs. Böse aus. Seine fortgesetzte Pflichttreue nach Maßgaben des Gesetzes führt Frank Bullitt in Grauzonen, darin er als Werkzeug der Interessen Anderer womöglich genau das Falsche tut… Doch ist das "Wie“ der entscheidende Aspekt, welcher die Verfilmung des Romans Mute Witness (EA 1963) von Robert L. Pike zu einem Meisterwerk des US-amerikanischen Genrekinos der Spätsechziger werden ließ, das die Paranoia und die Desorientierung einer Generation widerspiegelte.
© Warner Bros.
”Well, like a film noir detective, Bullitt perseveres in a seemingly nihilistic, existential world where nothing makes sense,” schreibt Wes D. Gehring in seinem Buch The Great Escape: Steve McQueen (2009) mit Gespür für den Fokus auf die Rollencharaktere im Film. Wie Richard Widmarks Detective Daniel Madigan und Frank Sinatras Detective Joe Leland in den genannten Filmen Don Siegels und Gordon Douglas’ ist Steve McQueens Frank Bullitt eben nicht der stoische “Tough Guy“, als der er sich im Alltag selbst präsentiert. Peter Yates’ Film wurde als Neo Noir weit stilbildender für das Kino New Hollywoods, darin sich William Friedkins French Connection / Brennpunkt Brooklyn (USA 1971), Sidney Lumets Serpico (USA 1973) oder Robert Altmans Der Tod kennt keine Wiederkehr (USA 1973) in diesem Fahrwasser bewegten und anhand der ethisch komplexen Verhältnisse, die ihre Protagonisten jeweils (re)agieren lassen, in Szenarien von Täuschung deren Verlust an Orientierung vorführen. Peter Yates, wie John Boorman (Point Blank – Keiner darf überleben, USA 1967) ein Engländer, kehrte mit The Friends of Eddie Coyle (USA 1973) und mit Der Augenzeuge (USA 1979) noch zweimal aufs Feld des Neo Noirs zurück, doch war diesen Filmen nicht der gleiche Erfolg beim Publikum beschieden. Für Steve McQueen wurde sein Frank Bullitt zum Markenzeichen, wie sich vor allem in Sam Peckinpahs Jim-Thompson-Verfilmung Getaway (USA 1972) deutlich zeigte. Bullitt ist längst ein Filmklassiker und ein Neo Noir, der noch heute unbedingt sehenswert ist.
Erstklassige BD- (2007) und DVD-Ausgaben (2000) der Warner Bros. Entertainment GmbH, ungekürzt im Originalformat, Tonspuren auf Deutsch, Englisch, Spanisch, optional Untertitel auf Deutsch, Englisch, Spanisch, Französisch, Italienisch, Türkisch, Niederländisch, Schwedisch, Norwegisch, Dänisch, Finnisch, Portugiesisch, Hebräisch, Polnisch, Griechisch, Tschechisch, Ungarisch, Isländisch und Kroatisch sowie mit dem US-Kinotrailer und der Dokumentation Steve McQueen’s Commitment to Reality als Extras.