Neo Noir
| USA
| 1973
| Raymond Chandler
| Robert Altman
| Vilmos Zsigmond
| Elliott Gould
| Sterling Hayden
| Nina van Pallandt
Bewertung
***
Originaltitel
The Long Goodbye
Kategorie
Neo Noir
Land
USA
Erscheinungsjahr
1973
Darsteller
Elliott Gould, Nina Van Pallandt, Sterling Hayden, Marty Rydell, Henry Gibson
Regie
Robert Altman
Farbe
Farbe
Laufzeit
107 min
Bildformat
Widescreen
© Metro-Goldwyn-Mayer Studios Inc.
Los Angeles: Privatdetektiv Philip Marlowe (Elliott Gould) ist mal wieder ziemlich unten – der Kühlschrank ist leer, die Mädchen in der Nachbarschaft kiffen nackt auf der Terrasse und im Supermarkt gibt es in dieser Nacht nicht die Sorte Dosenfutter, die seine Katze als einzige mag. Wieder Zuhause besucht ihn überraschend sein Freund Terry Lennox (John Bouton), die Spuren eines Kampfes im Gesicht. Terry, der von einer Auseinandersetzung mit seiner steinreichen Ehefrau Sylvia berichtet, bittet Marlowe, ihn bei Tijuana an die Grenze nach Mexiko zu bringen. Als der Privatdetektiv von dort zurückkehrt, wird er prompt verhaftet, denn Sylvia Lennox wurde ermordet. Terry gilt selbst als Hauptverdächtiger und Marlowe wird der Beihilfe zum Mord beschuldigt. Aber nach drei nervenaufreibenden Tagen voller Verhöre durch Detective Farmer (Stephen Coit), indessen Marlowe beharrlich schweigt, kommt er wieder auf freien Fuß. Terry Lennox habe in Otatoclan, Mexiko, Selbstmord begangen, heißt es in den Tageszeitungen, der Fall sei abgeschlossen. Während Marlowe seine Zweifel plagen, beauftragt ihn Eileen Wade (Nina van Pallandt) damit, ihren exzentrischen und alkoholabhängigen Mann, den einstmals berühmten Schriftsteller Roger Wade (Sterling Hayden), zu suchen. Zugfällig wohnt das begüterte Paar in der Malibu Colony, wo auch Marlowes Freund Terry und dessen Frau Sylvia residierten…
Der US-Filmkritiker Roger Ebert schrieb über Altmans Neo Noir: „Der Tod kennt keine Wiederkehr sollte weder der erste Film noir sein, den Sie sehen, noch Ihr erster Altman-Film.“ Das ist gegenüber dem Werk wohlwollend gemeint. Bei seinem Erscheinen 1973 floppte der Film nämlich sowohl beim Publikum als auch bei den Kritikern, die ihn wegen seiner respektlosen Haltung gegenüber der literarischen Vorlage und dem Film-Noir-Charakter Philip Marlowe anfeindeten. Jahrezehnte später stellt man fest, dass Altmans Attitüde gegenüber Chandler, Marlowe und dem Film Noir sehr wohl von Respekt und Detailkenntnis geprägt war. Seine Film-Noir-Variante des Jahres 1973 ist als zeitgemäße Adaption nicht so weit von den für die Vierziger gleichfalls zynischen, fatalistischen und gebrochenen Charakteren in ihren tragischen Konstellationen entfernt, wie es seinerzeit schien. Natürlich bringt der Film als Teil des New-Hollywood-Kinos seinerseits manches zeitbehaftete Klischee, das heute aber zu einer ebenso nostalgischen Sichtweise führen kann wie zu dessen Ablehnung. Wovon Der Tod kennt keine Wiederkehr profitiert - Drehbuchautorin Leigh Brackett schrieb 1946 nach einem Roman Chandlers bereits das Filmskript zu Howard Hawks’ Tote schlafen fest - sind die schon im klassischen Film Noir stilbildenden Dialoge: “I have two friends in the world. One is a cat. The other is a murderer.”
© Koch Media GmbH
Über die Jahre wegen seiner rauen, satirischen Art zum Kultfilm avanciert, ist dieser Neo Noir an und für sich nicht der Klassiker, der er hätte werden können. Der Charakter Sterling Haydens, selbst ein klassischer Film-Noir-Darsteller, ist in seiner Parodie des Ernest-Hemingway-Typus’ viel zu klischeebeladen, was sich als störend auswirkt. Elliott Gould liefert als Philip Marlowe eine solide Vorstellung ab, die den Film großteils trägt, doch ist das sonstige Schauspiel nicht durchweg berauschend. Schauplätze und Fotografie, einerseits gut gewählt und andererseits bewusst nüchtern inszeniert, können dem Film nicht das Flair verleihen, das man sich hätte vorstellen können. An vielen Stellen entsteht der Eindruck, dass Robert Altman mit Blick auf die Geschichte und deren Protagonisten hinter seinen Möglichkeiten zurückbleibt. Das ist schade, denn noch kurz vor Schluss leidet man unterm Eindruck des Mittelmäßigen, das zunehmend Raum greift. Das Ende, komplett wider die Raymond-Chandler-Vorlage verfasst, ist exzellent und rettet eine teils uninspirierte Regieleistung mit den atmosphärischen Qualitäten eines Fernsehfilms.
Einwandfreie und gewohnt hochwertige DVD-Edition der MGM Home Entertainment GmbH: ungekürzte Fassung im Originalformat, fünf Tonspuren, darunter Englisch und Deutsch, haufenweise Untertitel, den US-Kinotrailer als Extra.