© Columbia Pictures Corporation
New York, Central Park: Als Diebe die Kutsche der Elsa Bannister (Rita Hayworth) auszurauben versuchen, wird die schöne Frau von dem irischen Matrosen Michael O’Hara (Orson Welles) gerettet. Sie nimmt ihn ein Stück mit, dann trennen sich ihre Wege. Doch Elsas Ehemann, der steinreiche und an Krücken gefesselte Anwalt Arthur Bannister (Everett Sloane), sucht einen Steuermann für seine Luxusyacht Circe. Wider seine Neigung willigt O’Hara nach einigem Zaudern in das Angebot ein – vor allem Elsas wegen. Die Yacht sticht Richtung San Francisco in See und nimmt auch den Partner von Arthur Bannister, den dubiosen George Grisby (Glenn Anders) an Bord. Während das Schiff nach Süden fährt, ist Michael O’Hara bald den verführerischen Avancen Elsas Bannister erlegen, die ihn in ihre Netze spinnt. An der Küste Mexikos, wo Bannister am Strand ein gewaltiges Fest inszeniert, rückt der Steward Sidney Broome (Ted de Corsia) dem Paar auf die Pelle. Er beobachtet die Turtelnden im Auftrag des zynischen und eifersüchtigen Arthur Bannisters, der über Elsas Vergangenheit mehr weiß, als O’Hara zu träumen wagt. Und George Grisby tritt mit einem Angebot an den liebestollen Ahnungslosen, das O’Hara ernsthaft in Versuchung führt…
Der begnadete Autor und Regisseur Orson Welles hat nach
Citizen Kane (1941) in den USA kaum mehr einen Film gedreht, der nicht durchs Einwirken eines Hollywood-Studios, in diesem Fall der Columbia Pictures und ihres Geschäftsführers Harry Cohn, völlig entstellt worden wäre. Ganze 150 Minuten (!) war der Rohschnitt des Film Noirs
Die Lady von Shanghai im Frühjahr 1947 lang. Zuletzt wurde ohne weitere Beteiligung von Regisseur Orson Welles eine Schnittfassung von 87 Minuten, etwas mehr als die Hälfte der ursprünglichen Version, in die Kinos gebracht. Darin gab es von Rudolf Maté nachgedrehte Szenen und eine neue, kitschige Filmmusik von Heinz Roemheld. Das entfernte Material scheint für alle Zeiten verschollen - wie auch dasjenige von Orson Welles’
Die Spur des Fremden / Der Fremde (1946). Doch bereits während des Drehs mit Welles, zwischen Oktober 1946 und Februar 1947, mussten nach Einmischung der
Production Code Administration (= Hays Code), der seit 1934 aktiven US-amerikanischen Zensurbehörde für die Filmproduktion, mehrere Szenen des Drehbuchs entschärft werden.
Die Lady von Shanghai, ein aufwendig produzierter Film mit dessen endgültiger Fassung Regisseur Orson Welles vollends unzufrieden war, wurde finanziell ein Flop und von der Kritik, die von der rigiden Verstümmelung durch Harry Cohn nichts ahnte, gnadenlos verrissen.
© Columbia Pictures Corporation
Die Uraufführung fand im Dezember 1947 in Frankreich statt. Erst im Juni 1948 wurde der Film Noir dann in den USA gezeigt. Über die Jahrzehnte und mit Blick auf das Gesamtwerk von Orson Welles hat sich der Fokus der Rezeption verändert. Es lässt sich heute leicht ermessen, in wie vieler Hinsicht
Die Lady von Shanghai der Filmproduktion ihrer Zeit voraus war – die Kamerawinkel, das Schauspiel, die Drehorte und jene durchweg zynische Grundierung des mörderischen Dramas mit Michael O’Hara und Elsa Bannister im Zentrum der Geschehnisse avancierten zum Kultfilm. Orson Welles und Rita Hayworth (
Gilda, 1946), für ihre Rolle als Femme fatale mit einer wasserstoffblonden Kurzhaarfrisur versehen, waren seinerzeit noch ein Ehepaar im Stadium der Trennung und bringen eine elektrisierende Chemie auf die Leinwand. Everett Sloane, Glenn Anders und Ted de Corsia sind jeweils grandios. Und über das Finale, gedreht in einem Spiegelkabinett von San Franciscos Vergnügungspark
Whitney’s Playland, durch Woody Allen in dessen
Manhattan Murder Mystery (1991) wunderbar kolportiert, muss man nicht viel sagen. Man muss es gesehen haben!
Erstklassige deutsche DVD-Edition (2003) von Columbia Tristar Home Entertainment mit der Kinofassung von 1947 in „vollständiger“ Länge – die 84 Minuten entsprechen mit Blick auf die unterschiedliche Bildlaufgeschwindigkeit den 87 Minuten der US-Version. Bildtechnisch topp restauriert im Originalformat, optional fünf Tonspuren, darunter Englisch und Deutsch, im Ganzen 21 verschiedene Untertitel, ein Interview und ein Filmkommentar mit/von Peter Bogdanovich und den US-Kinotrailer und die Filmografien der Darsteller als Extras!
Sehe ich nicht so, dafür hätte es einer neuen Synchro bedurft, die bestehende weicht zu sehr vom O-Ton ab.