Match Point

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Bewertung
*****
Originaltitel
Match Point
Kategorie
Neo Noir
Land
UK/RUS/IRL/LUX/USA
Erscheinungsjahr
2005
Darsteller

Jonathan Rhys Meyers, Emily Mortimer, Scarlett Johansson, Matthew Goode, Brian Cox

Regie
Woody Allen
Farbe
Farbe
Laufzeit
119 min
Bildformat
Widescreen
 

 

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© Paramount Pictures Corporation
 
London, England: Der in seiner irischen Heimat in kleinen Verhältnissen aufgewachsene, früher professionelle Tennisspieler Chris Wilton (Jonathan Rhys Meyers) zieht nach London und heuert als Tennislehrer bei einem der renommiertesten Clubs an. Hier trainiert als seinen Schüler auch den gleichaltrigen Tom Hewett (Matthew Goode), der an dem gut aussehenden, bescheidenen Chris Gefallen findet. Bei einem Plausch auf der Terrasse des Clubs stellen sie fest, dass sie eine Liebe für die Oper teilen und Tom lädt Chris ein, mit ihm und seiner Familie einer Aufführung beizuwohnen. Dabei lernt Chris nicht nur Toms Eltern - den reichen Unternehmer Alec Hewett (Brian Cox) und seine Frau Eleanor (Penelope Wilton) - sondern auch dessen Schwester Chloe (Emily Mortimer) kennen, die sich stante pede in ihn verliebt. Bei einer Einladung ins opulente Anwesen der Hewetts gibt Chris Chloe eine Tennisstunde und sie verabreden einen Besuch der Londoner Saatchi Galery, denn Chloe ist kunstbegeistert. So kommen sich Chris und Chloe schließlich näher und auch der Vater ist von dem Mann mit den guten Umgangsformen angetan, nachdem er mit ihm über Fjodor Dostojewski geplaudert hat. Als Chloe und Chris sich im Kino Jules Dassins Rififi (FRA 1955) ansehen, kommt es zum ersten Kuss und bald sind die beiden ein Paar. Bei einem der nächsten Treffen im Haus der Hewetts, hört Chris ein Tischtennisspiel und steht, als er den Raum betritt, erstmals Nola Rice (Scarlett Johansson) gegenüber, die ihn auffordert, sie in dem Spiel zu besiegen. Chris verliebt sich auf der Stelle in Nola, bevor er erfahren muss, dass sie, eine Schauspielschülerin aus den USA, seit sechs Monaten mit Tom liiert und inzwischen mit ihm verlobt ist…
 
“The man who said “I'd rather be lucky than good.” saw deeply into life.” Das ist der erste Satz, den der Erzähler aus dem Off, Chris Wilton, dem Zuschauer serviert, indessen er einen Tennisball sieht, der auf die Netzkante prallt und unentschlossen in der Luft hängend entweder diesseits oder jenseits davon nieder gehen wird. Chris Wilton ist ein Film-Noir-Charakter par excellence und Match Point, Woody Allens erster europäischer Film einer ganzen Serie, nachdem er für dieses Projekt in den USA keinen Finanzier fand, der ihm freie Hand gelassen hätte, ist ein Befreiungsschlag aus der Routine auf hohem Niveau und ein Entwicklungssprung. Chris Wiltons Ehrgeiz und Materialismus erinnert an Irving Pichels Quicksand (USA 1950) mit Mickey Rooney als Automechaniker zwischen zwei Frauen, und Chris’ erste Begegnung mit Nola Rice erinnert an diejenige des ex-Häftlings Frank Chambers (John Garfield) mit Cora Smith (Lana Turner) in Tay Garnetts Klassiker Im Netz der Leidenschaften / Die Rechnung ohne den Wirt (USA 1946). Chambers will sich des Ehemanns entledigen, um auf einen Schlag ans Geld und an die Frau fürs Leben zu kommen. Für Chris Wilton stellt sich das Problem in umgekehrter Weise. Er ist aus eigener Kraft und mit Geschick bereits oben angelangt, nun will er auch oben bleiben. In Alfred Hitchcocks Der Fremde im Zug / Verschwörung im Nordexpress (USA 1951) spielt Farley Granger den Tennisprofi Guy Haines, der mit einer Frau aus besten Kreisen verlobt ist und dem die von ihm getrennt lebende Ehefrau Miriam (Kasey Rogers) die Scheidung verweigert. Der Schlüsselfunktion eines Feuerzeugs als Zünglein an der Waage in Hitchcocks Noir-Thriller entspricht in Allens Film ein Ehering. Die eindeutigste Vorlage ist George Stevens’ Ein Platz an der Sonne (USA 1951) nach An American Tragedy von Theodore Dreiser, darin Mongomery Clift als George Eastman den Weg Chris Wiltons in explizit verwandter Weise beschreitet. Dessen Schicksal, von der Hand des Cineasten Woody Allen zu Papier gebracht, ist von all den genannten Filmen beeinflusst. Zugleich gelingt Allen mit Match Point einer der subtilsten und besten Neo Noirs seiner Dekade.
 
Im klassischen Film Noir halten sich die Elemente des Thrillerkinos und des Melodrams oft die Waage, meist zum Vorteil des Werks. Auch Allen setzt in Match Point den Fokus auf die Entwicklung der Charaktere und ihre Beziehungen zueinander, bevor er sukzessive die Schraube anzieht und sein Ensemble an großartigen englischen und irischen Charakterdarstellern - US-Amerikanerin Scarlett Johansson ist die einzige Ausnahme - in den Mahlstrom einer mörderischen Verirrung taumeln lässt. Sicher ist Match Point nicht zuletzt ein interessantes Stück über die Amoralität einer Gesellschaft, deren höchster Wert der materielle Erfolg ist und dem alles andere als dessen Schmuck so lieblich und dekorativ beigeordnet wird – die Kunst, die Oper, der Sport, die Liebe und ihre Kinder. Aber er ist kein Lehrstück, denn er moralisiert nicht, dazu ist sein Autor und Regisseur viel zu lange eben auch Schriftsteller. Wunderbare Akteure, erstklassige Dramaturgie, stilsicher gewählte Schauplätze und punktgenaue Dialoge küren Match Point zu einem Meisterstück zeitgenössischen Kinos. Für Woody Allen selbst ist es der Lieblingsfilm seines eigenen, umfangreichen Werkskanons als Regisseur und man kann diese Wahl gut nachvollziehen. Unbedingt anschauen!
 
Erstklassige BD (2012) bzw. auch DVD (2006) der deutschen Paramount Home Entertainment mit dem Film ungekürzt im Originalformat - wahlweise englische oder deutsche Tonspur, englische oder deutsche Untertitel, den Kinotrailer als Extra.
 

Neo Noir | 2005 | UK | Woody Allen | Brian Cox | Eddie Marsan | Jonathan Rhys Meyers | Emily Mortimer | Scarlett Johansson

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