Film Noir
| USA
| 1945
| Edgar G. Ulmer
| Benjamin H. Kline
| Edmund MacDonald
| Tom Neal
| Ann Savage
| Esther Howard
Bewertung
****
Originaltitel
Detour
Kategorie
Film Noir
Land
USA
Erscheinungsjahr
1945
Darsteller
Tom Neal, Ann Savage, Claudia Drake, Edmund MacDonald, Esther Howard
Regie
Edgar G. Ulmer
Farbe
s/w
Laufzeit
65 min
Bildformat
Vollbild
In einer Raststätte bei Reno, Nevada, sitzen inmitten der Nacht ein paar Leute beieinander. Die Kellnerin Holly (Esther Howard) serviert dem unrasierten, missmutig schweigenden Al Roberts (Tom Neal) einen Kaffee. Ein Lkw-Fahrer (Pat Gleason) versucht ein Gespräch mit Al, nachdem er ihm eine Weiterfahrt anbot, denn er schätzt das Alleinfahren bei Nacht keineswegs. Doch Al Roberts ist wortkarg und geradezu unhöflich und der Mann schmeißt eine weitere Münze in die Jukebox. Als der Jazzsong I Can't Believe You're in Love with Me erklingt, springt Al Roberts auf und will das Lied stoppen, so dass er mit dem Fahrer darüber in einen Streit gerät. Aber als der Barbesitzer (Tim Ryan), über Al Roberts aufbrausende Art erbost, eingreift, überlässt er sich wieder seinem Brüten und erinnert sich... Al Roberts war einst Pianist in einer New Yorker Nachtbar und mit der hübschen Jazzsängerin Sue Harvey (Claudia Drake) verlobt. Als jene ein unerwartetes Angebot ins sonnige Kalifornien zog, zögerte Al, der weit lieber klassische Musik spielte und es mit der Liebe auch nicht so genau nahm. Dann aber durchquerte er, finanziell so ziemlich abgebrannt, per Anhalter die USA auf dem Weg nach Los Angeles. Während ihn in Arizona der Handlungsreisende Charles Haskell Jr. (Edmund MacDonald) ein Stück des Weges mitnimmt, kommt es zu einem für Roberts verhängnisvollen Zwischenfall...
Nach einer von Regisseur Edgar G. Ulmer gestrickten Legende wurde Detour mit einem Budget von 30.000 US-Dollar im Juni 1945 in nur 6 Tagen gedreht, was allerdings beides nicht zutrifft. Der B-Film kam Ende 1945 in den USA ins Kino und heimste durchaus einiges an Kritikerlob ein, doch ein großer Kassenerfolg war er nicht und weist sowohl in der Ausstattung - Ulmer stellte seinen Privatwagen als Requisite zur Verfügung! - als auch im Schauspiel seine billige Produktion aus. Doch bereits in den Fünfzigern wurde Detour in Europa als einer der ersten Kultfilme des Film Noirs wiederentdeckt. Vor allem im französischen Journal Les Cahiers du cinéma war man sich einig, dass die 65 Minuten dieser Produktion mit Ann Savage und Tom Neal perfekt besetzt seien, dass Martin Goldsmith’ Drehbuch dessen eigenen Roman aus dem Jahr 1939 auf den Punkt umsetzte und dass Edgar G. Ulmers Regie sich keinen einzigen Fehler geleistet habe. In Deutschland hatte Detour unterm Titel Umleitung seine Premiere jedoch erst im Dezember 1978 im Fernsehen.
"Detour put the noir in film noir", liest es sich in The Movie Guide. Tatsächlich ist das ein nicht nur für seine Zeit rabenschwarzer Film Noir der längst vergessenen Producers Releasing Corporation (PRC). Dass der Zensurbehörde geschuldete Ende macht ihn nur noch deprimierender. Ann Savage ist als Femme fatale eine solche in Reinkultur und Tom Neals Darstellung des geborenen Verlierers hätte nicht kaputter und fatalistischer ausfallen können. Das Ganze ist wie eine kratzige alte Bluesplatte voller Unglück und Verderben, die wie die Vorhölle anmutet. Nicht wirklich großes Kino ist Detour in seiner Liga, derjenigen der zahllosen B-Produktionen des Film Noirs, ein waschechter Klassiker. Kein Wunder also, dass Filmgrößen wie François Truffaut, Martin Scorsese, Paul Schrader und Peter Bogdanovich zu den erklärten Fans des Werks zählen. 1992 wurde Ulmers düstere Abrechnung mit dem Haben und Nichthaben vor der Kulisse des American Dream in das United States National Film Registry der Library Of Congress aufgenommen. Im gleichen Jahr drehte Wade Williams III ein Remake, ebenfalls Detour betitelt, mit Tom Neal jr. - leiblicher Sohn des Hauptdarstellers - in der Rolle seines Vaters. Dieser Film ist heute noch obskurer als das Original, das seit 2013 via Koch Media GmbH als die Nr. 13 von deren Film Noir Collection in der weltweit wohl ansprechendsten und hochwertigsten Edition zugänglich ist. Einen Anteil daran hat auch das im Digipack eingeklebte, 12-seitige Booklet mit einem informativen Filmessay Thomas Willmanns. Dem Film-Noir-Freund vorbehaltlos und unbedingt zu empfehlen.
Detour ist ein Film der Public Domain und liegt in vielen Editionen auf DVD vor, mal mit und mal ohne Untertitel zum Originalton, oftmals in schlechter Qualität. Die deutsche DVD-Edition (2013) in der schön editierten Film Noir Collection der Koch Media GmbH ist definitiv und bringt neben dem erwähnten Essay im Booklet noch eine Bildergalerie mit Postern und Aushangfotos, zum englischen Originalton ergänzend Untertitel auf wahlweise Englisch oder Deutsch.. Bildtechnisch ist sie nicht brillant, doch allemal sehr gut, und entspricht der im Jahr 2000 via Corinth Films und Image Enertainment in den USA vorgelegten Edition aus der Wade Williams Collection.