William Powell, Margaret Lindsay, Ruth Donelly, Gordon Westcott, Arthur Hohl
© Warner Bros.
In der französischen Hauptstadt Paris trifft sich des Nachts in einer Herberge in der Rue Colony ein Diplomat mit dem US-amerikanischen Agenten Donald Free (William Powell) und händigt ihm einen geheimen Gebäudeplan aus. Es ist ein gefährlicher Auftrag, und tatsächlich wird Free vom französischen Geheimdienst verhaftet, woraufhin die US-Botschaft jede Beziehung zu dem Agenten leugnet, der behauptet für eine US-amerikanische Zeitung tätig zu sein, ohne sie zu nennen. Qua Gerichtsurteil wird Free des Landes verwiesen und an Bord des Frachters S.S. San Nochelle nach New York verschifft. Als der in den Hafen der Metropole einläuft, erfährt Free von Captain La Farge (George Renavent), dass er aus Frankreich Anweisung erhalten habe, Free an Bord eines anderen Schiffes zwecks weiterer Untersuchungen zurückbringen zu lassen… Der Agent zögert nicht, schlägt den ihn bewachenden Matrosen nieder und springt in der Abenddämmerung ins Wasser. Es gelingt ihm auch an Land zu kommen. Bis auf die Knochen durchnässt, dringt er in einer vorgelagerten Ferienkolonie durch ein rückwärtiges Fenster in ein Strandhaus ein. In dessen Hauptraum sitzt ein illegitimes Paar, Mrs. Wright (Sheila Terry) und deren Liebhaber (Eddie Phillips), und bespricht ihre Rückkkehr nach New York. Donald Free beobachtet die beiden durch den Türspalt, als plötzlich heftig geklopft wird und Privatdetektiv Dan Hogan (Arthur Hohl) und seine Sekretärin Amy Moran (Ruth Donnelly) die Verglasung der Haustür einschlagen…
“It takes a whole crew to wreck a house, but boy, how one man can wreck a home.” Biestig witzige Einzeiler und Dialoge von Drehbuchautor Rion James (Whispering City / Crime City, CAN 1947) nach einer Erzählung Raoul Witfields (High Tide, USA 1947) geben von Anbeginn ein flottes Tempo vor. Mit Michael Curtiz auf dem Regiestuhl und mit einem 40-jährigen William Powell im Jahr vor seiner Rolle als Privatdetektiv Nick Charles in Der dünne Mann (USA 1934) nach Dashiell Hammetts gleichnamigem Roman (EA 1933) ist Private Detective 62 ein allemal pointiertes Stück Unterhaltung, also das Gegenteil von langweilig. Die ersten 30 Minuten driften mitunter in einen komödiantischen Tonfall ab, doch wird das Drama zunehmend ernsthaft, da sich eine von Donald Free und Dan Hogan betriebene Detektei unlauterter Methoden bedient und zugunsten des Mammons bald jegliche Skrupel ablegt. Erst nach und nach findet der frischgebackene Privatdetektiv Donald Free heraus, dass sein Partner Hogan von dem mächtigen Inhaber eines Spielkasinos namens Tony Bandor (Gordon Westcott) abhängig ist und Aufträge für ihn übernimmt, die sich mit Frees Arbeitsethik nicht vereinbaren lassen. Hogan aber dehnt das Recht nicht nur, er bricht es auch und scheut selbst vor einem Kapitalverbrechen nicht zurück, für dass er mit Whitey (James Bell) einen willfährigen Handlanger hat… Die Filmerzählung beinhaltet einiges an Ambivalenz, da sie die untreuen Ehefrauen und Ehemänner keinesfalls erurteilt, stattdessen die Methoden der Detektive anprangert, denen es nicht um Anstand und Moral sondern einzig ums Geld geht. Solch implizite Kritik am Materialismus der US-Gesellschaft ist der Pre-Code-Phase des Filmschaffens in Hollywood geschuldet und wäre nach Einführung des Production Codes (ab 1934) sicher weniger eindeutig ausgefallen.
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Indessen der Film formal hochkarätig wirkt, erweist sich die Erzählung selbst als dünn. Hier hätte das Skript in der Zeichnung der beiden Kontrahenten mehr herausholen können, und auch die romantische Liaison Donald Frees mit Janet Reynolds (Margaret Lindsay) ist in der Anlage besser als in der Umsetzung. Die wohlhabende, unterkühlte Ms. Reynolds ist ein ungewöhnlicher Charakter, eine selbstständige und eigenwillige Persönlichkeit, die sogar ihren Erfolg im Glücksspiel geringschätzt. Aber das Drehbuch gibt ihr wenig Gelegenheit, diese Merkmale klar und deutlich herauszustellen. Stattdessen wird jener Krimnalfall, dahinein sie durch Tony Bandor und Dan Hogan verstrickt wird, durch den tapferen Donald Free gelöst, und man findet sich einmal mehr in einer klischeehaft konventionellen Entwicklung, welche ein banaler Schlussakt zum längst vorhersehbaren Ende bringt. Kurzum, der Film löst seine Versprechen, die er in einigen, dem Film Noir sehr deutlich vorangehenden Szenen entwickelt, zu guter Letzt nicht ein.
Der hierzulande 1998 erstmals und einmalig als Der Detektiv und die Spielerin im Fernsehen gezeigte Film erschien weltweit einzig via Warner Archive Collection in der (inzwischen vergriffenen) 4-DVD-Box William Powell at Warner Bros. (2013) in einer bild- und tontechnisch erstklassigen Fassung, ungekürzt und im Originalformat, dazu mit der original englischen Tonspur ohne Untertitel und ohne Extras.