James Belushi, Linda Hamilton, Vera Miles, Elisabeth Moss, Drew Snyder
Das Städtchen Malibu im Los Angeles County, Kalifornien: Bei einer Fundraising-Party im Seaview House verlassen Jane Weiss (Pat Delany), eine jüngst berufene Staatsanwältin aus Los Angeles, und ihr Begleiter Paul (Joseph Gallison) den direkt an den Strand des Pazifischen Ozeans angrenzenden Garten des Anwesens. Sie schlendern hinunter zur Brandung und sprechen erst über einen 20 Jahre zurückliegenden Fall, den Jane Weiss erneut zu untersuchen sich anschickt, bevor sie sich in enger Umarmung ihrer privaten Liaison zu widmen beschließen. Da knallt ein Schuss. Jane bricht in den Armen ihres Freundes zusammen, die Brandung färbt sich rot und Paul schreit verzweifelt um Hilfe… Der ehemalige Polizeibeamte der Mordkommission Tom Beckwith (James Belushi) fährt ans Tor der Psychiatrischen Klinik, wo er als Student der Psychologie Seminare von Dr. Lauren Porter (Linda Hamilton) besucht. Erst will ihn der Wachmann (Ray Quartermus) nicht passieren lassen, weil sein Name nicht gelistet scheint, aber schließlich fährt Beckwith doch die Anfahrt zum Hauptgebäude empor. In ihrer heutigen Lehrstunde, führt Dr. Porter ein Therapiegespräch mit Darlene (Jackie Debatin), die sich in ihrer Autoaggressivität selbst in die Arme schneidet, die sichtbar mit Narben übersät sind. Aber plötzlich gerät die Situation außer Kontrolle. Darlene schleudert einen Stuhl in die Glasscheibe, welche die Studenten vom Therapieraum trennt, greift sich im Nu eine Glasscherbe und hält diese Dr. Porter an die Hallsschlagader…
Wer konnte James Belushi (Gang Related, USA 1997) dazu überreden, in diesem missratenen Psychothriller mitzuwirken? Und ist es Zufall, dass Vera Miles (Der falsche Mann, USA 1956) nach ihrer Beteiligung an diesem Machwerk mit 65 Jahren die Schauspielerei für alle Zeiten an den Nagel hängte? Die beste Darstellerin ist eine 13-jährige Elisabeth Moss, von ihrer heutigen Hollywoodkarriere damals weit entfernt, die als Ronni Beckwith, Tochter des alleinerziehenden Witwers und ex-Police Dectectives der Mordkommision Tom Beckwith, eine motivierte und kompetente Vorstellung gibt. Ein Film Noir über eine psychisch tief gestörte Persönlichkeit im Zentrum der Handlung war schon in der klassischen Ära keine Seltenheit. Stuart Heislers Among The Living (USA 1941), Henry Hathaways Der Todeskuss (USA 1947) oder Peter Godfreys Cry Wolf (USA 1947) sind nur einige Beispiele, die das belegen. In Lance Comforts Bedelia (UK 1946) und in Curtis Bernhardts Hemmungslose Liebe (USA 1947) sind es Margaret Lockwood und Joan Crawford, die auf beeindruckende Weise je eine doppelgesichtige Persönlichkeit darstellen, die möglicherweise auch vor einem Mord nicht zurückschrecken wird. In Anklage - Mord (USA 1947) - ebenfalls von Regisseur Curtis Bernhardt - gibt Audrey Totter die in einer psychiatrischen Klinik arbeitende Psychotherapeutin Dr. Ann Lorrison. Traumatisierung und Amnesie, der Verlust von Identität und die mögliche Doppelung einer Persönlichkeit hatten Autoren und Regisseure schon im Anschluss an den Zweiten Weltkrieg interessiert. Als in den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts der Neo Noir seine große Zeit erlebte, ging dank einer vorangeschrittenen Enttabuisierung des Filmschaffens dieses Interesse oft mit dem Erotikthriller einher. So wurde die Femme fatale zu einem gefährlichen Dämon, daraus der Film mit einem für sie entflammten oder mit ihr liierten Detektiv seine Spannung bezog: Everybody Wins - Ein schmutziges Spiel (USA 1990), Tod im Spiegel (USA 1991) oder Eiskalte Leidenschaft (USA 1992) sind typische Werke, in deren Fahrwasser sich auch David Maddens Separate Lives bewegt.
”Separate Lives is billed as a psychological thriller but the film's silly premise, unlikely plot twists and often embarrassing direction rule out any suspense”, konnte man im September 1995 anlässlich der Premiere des Films in der Daily News lesen, und genau so ist es. Aber nicht allein die Regie ist für den Fehlschlag verantwortlich, sondern neben einer uninspirierten Kamerraarbeit durch Kees Van Oostrum auch das Casting. Linda Hamilton ist als eine hoch angesehene Psychotherapeutin so glaubwürdig wie Bruce Willis in der gleichen Rolle in dem ebenso missglückten Color Of Night (USA 1994). Sie wandelt wie unbeteiligt durch diesen Film; kaum lässt sich von etwas wie Schauspiel sprechen, damit sie ihre per se komplexe Rolle mit Leben zu füllen sich bemühte. Das Ganze hat die Qualität einer drittklassigen Fernsehproduktion, dergestalt lustlos wirkt die filmische Darbietung der Erzählung von Drehbuchautor Steven Pressfield, der im gleichen Jahr mit Die Legende von Bagger Vance (EA 1995, auf Deutsch 2001) seinen Durchbruch als Romanautor erlebte und nie wieder zum Film zurückkehrte. Auch David Madden saß niemals mehr auf dem Regiestuhl und blieb fortan seinem Beruf als Fernseh – und Filmproduzent treu. Fazit: Wer als Freund des Neo Noirs der 90er Jahre nach einem komplexen Thriller dieser Art sucht, wird anderweitig sicher fündig und sollte Separate Lives meiden.
In Deutschland erschien der Film via Warner Home Video als VHS-Video (1996) mit dem Titel Separate Lives – Tödliches Doppelleben. Es gibt eine Reihe europäischer DVD-Veröffentlichungen, so z.B. eine DVD (2005) von Stax Entertainment Ltd. mit dem Film ungekürzt im falschen Bildformat, nämlich 4:3 Vollbild und nicht 1.85:1 Widescreen, das Ganze mit der englischen Tonspur ohne Untertitel und mit dem US-Kinotrailer als Extra.