© Warner Bros.
Los Angeles, 1945: Vier Soldaten der US-Armee, soeben erst aus dem Krieg zurückgekehrt, sitzen am Tresen einer Bar. Sie trinken dort mit dem Zivilisten Joseph Samuels (Sam Levene) und dessen Freundin Miss Lewis (Marlo Dwyer). Noch am gleichen Abend wird Joseph Samuels in seinem Apartment aufgefunden, zu Tode geprügelt, und Captain Finlay (Robert Young) beginnt, in dem Mordfall zu ermitteln. Corporal Mitchell (George Cooper), der unter den Gästen des Abends gewesen und von Joseph Samuels nach Hause eingeladen worden war, ist verschwunden. Capt. Finlay befragt dessen Freund, Sergeant Keeley (Robert Mitchum), und auch Sergeant Montgomery (Robert Ryan), der einer der vier in der Bar war und sich im Lauf des Verhörs als Antisemit erweist. Indessen irrt Corporal Mitchell durch die Nacht und begegnet der Taxifahrerin Ginny Tremaine (Gloria Grahame), die ihn mit zu sich nach Haus nimmt…
In der Nachfolge seines exzellenten Film Noirs
Murder, My Sweet (USA 1944) und des überaus schwachen, klischeehaften
Cornered (USA 1945) brachte der Exilant Edward Dmytryk 1947 ebenso als Film Noir ein heikles Thema aufs Tableau – Judenhass und Judenverfolgung in der US-Armee bzw. in den USA überhaupt. Es ist verblüffend, wie Ed Dmytryk hier die Gratwanderung zwischen sozial engagiertem Drama und der stilistischen bzw. thematischen Nutzung des Film-Noir-Terrains scheinbar mühelos gelingt. Eine Reihe von Film-Noir-Darstellern des Studios RKO in frühen Rollen – Robert Mitchum, Gloria Grahame, Robert Ryan – als auch die fast durchgehende Low-key-Ausleuchtung des Sets tragen zum Gelingen dessen bei. Alle Schauspieler agieren als Ensemble glaubwürdig und die Regie verschenkt keine einzige Einstellung und serviert ein vielschichtiges Panoptikum der US-amerikanischen Gesellschaft der Mittvierziger, ohne die Handlung zu überfrachten. Nicht nur dem Film-Noir-Freund zu empfehlen.
© Studiocanal GmbH
Kreuzverhör gewann 1947 bei den Filmfestspielen in Cannes den Prix du meilleur film social - den Sonderpreis für den besten sozialkritischen Film - und erhielt 1948 den Edgar-Allen-Poe-Award als bester Film seines Jahrgangs. Zudem wurde der Film für 5 Oscars nominiert und 1949 nochmals für den BAFTA-Award für die Beste Regie. Weit folgenschwerer war, dass Regisseur Edward Dmytryk wegen Kreuzverhör auf der schwarzen Liste des Komitees für unamerikanische Umtriebe (HUAC) landete, das ab 1948 unter der Vormacht der Republikaner zum Seismographen des zunehmend erzkonservativen Klimas in den USA wurde. Edward Dmytryk wurde einer der legendären Hollywood Ten und verbüßte aufgrund seiner anfänglichen Weigerung, dem Komitee Namen von Kommunisten in Hollywood zu nennen, eine Haftstrafe. Weitere Filme, die sich mit dem Antisemitismus in den USA befassten, waren 1947 Elia Kazans Tabu der Gerechten und 1948 der Film Noir Open Secret von John Reinhardt. Edward Dmytryk drehte - wie zeitlebens auch Jules Dassin und Joseph Losey - seine nächsten beiden Filme in Europa, genaugenommen in England, darunter den bitterböse zynischen Film Noir Der Wahnsinn des Dr. Clive (UK 1949).
Im Februar 1950 lief der im Original Crossfire betitelte und inzwischen preisgekrönte Film Noir in Österreich im Kino und zwar unterm Verleihtitel Kreuzverhör. In der Bundesrepublik Deutschland wurde er erstmals 23 Jahre später, im Februar 1973, im Fernsehen ausgestrahlt und zwar als Im Kreuzfeuer. Die BRD hat lange Zeit jedwede, vor allem andernorts im Film thematisierte Auseinandersetzung mit dem Dritten Reich, mit dem Natiosozialismus und vor allem mit dem Antisemitismus zugunsten leichter Muse vermieden, auch wenn es wie hier nicht um Personen deutscher Nationalität ging. Die Studiocanal GmbH bringt Kreuzverhör als DVD-Edition (2009) unterm Fernsehtitel Im Kreuzfeuer in sehr guter Qualität, d.h. ungekürzt im Originalformat, bildtechnisch restauriert, die deutsche und die englische Tonspur, allerdings ohne Untertitel, dazu den US-Kinotrailer als Extra. Unbedingt ansehen!