Wesley Snipes, Dennis Hopper, Lolita Davidovich, Viggo Mortensen, Dan Hedaya
© Warner Bros.
An einem Imbissstand auf der Vine Street in Los Angeles, Kalifornien, bestellt sich der just aus dem Gefängnis entlassene Rudolph “Red“ Diamond (Dennis Hopper) einen Kaffee, indessen zur gleichen Zeit Police Detective Jimmy Mercer (Wesley Snipes) zwei Hamburger in einer Papiertüte entgegennimmt. Als Mercer von dannen zieht, taucht Ronnie (Viggo Mortensen) auf, der hier mit Red Diamond verabredet ist. Wie es gelaufen sei, fragt ihn Red, und Ronnie, der gemeinsam mit dem Älteren im Gefängnis saß, gibt zu verstehen, dass ihr Mann in wenigen Minuten jene Telefonzelle gegenüber von ihnen anrufen werde. Red gibt ihm ein Schild, auf dem “Out of Order“ zu lesen ist, und Ronnie befestigt es mit seinem Kaugummi an dem Münztelefon. Kurz darauf klingelt es, und ein Mann (Al Guarino), der sich als Salvatore vorstellt, instruiert Ronnie, sich ins Hollywood Vine Motel und dort aufs Zimmer 105 zu begeben… Doch Salvatore heißt in Wirklichkeit Russo und ist ein Kollege des Polizeibeamten Jimmy Mercer, der zusammen mit Detective Brady (Dan Hedaya) in einem Zimmer gegenüber von 105 auf Ronnies Ankunft wartet, um ihn festzunehmen. Die Beamten hören das Telefonat mit, und Mercer sieht, wie Ronnie von Russo eingelassen wird. Sofort darauf ist ein Schuss zu hören, und als Mercer und Brady in das Zimmer 105 stürmen, finden sie dort den kaltblütig erschossenen Russo auf dem Bett liegend. Noch im gleichen Augenblick hören sie, wie ein Wagen vom Parkplatz davonrast, für eine Verfolgung ist es zu spät…
“Harris has spoken of the troubles he had working with Warner Bros. on Boiling Point, and that’s no surprise”, schreibt Danny King in dem Artikel On The Hunt: The Film of James B. Harris. Die deutsche DVD-Edition der Studiocanal GmbH beinhaltet ein 30minütiges Making Of betitelt The Story Of Boiling Point (FRA 2005). Darin treten neben dem Regisseur und dem Autor des Drehbuchs, James B. Harris, der Autor der Romanvorlage Money Men (EA 1983) Gerald Petievich (Leben und Sterben in L.A., USA 1985) sowie die Darstellerin Christine Ellis auf. Niemand klagt die Produktionsfirm Warner Bros. direkt an, doch zwischen den Zeilen wird deutlich, dass Harris mit dem Film ein Schicksal wie seinerzeit Orson Welles mit fast allen seinen Produktionen zuteil wurde. James B. Harris, Produzent und Partner Stanley Kubricks für dessen Die Rechnung ging nicht auf / Killing (USA 1956) und Wege zum Ruhm (USA 1957), dachte einen Film Noir zu drehen. Warner Bros. jedoch wollte Wesley Snipes als Action-Star vermarkten. Also nahm man Harris nach dem Dreh die Kontrolle über die Nachbearbeitung aus der Hand, schnitt Hoppers Rolle ebenso diejenige von Christine Ellis zusammen und nannte das auf 92 Minuten getrimmte Resultat dieser Bemühungen Boiling Point. Nichts drückt die Idiotie einer fehlgeleiteten Strategie von Vermarktung besser aus als die Sprüche auf den Filmpostern: “He’s a cop who reached the… Boiling Point“ heißt es auf Englisch und „Die Bombe tickt“ in Deutschland. Das ist selbstredend Blödsinn und führte dazu, dass die Zuschauer vom Film enttäuscht waren. Noch heute wird Boiling Point im Gegensatz zu James B. Harris‘ Der Cop (USA 1988) selten mit dem Film Noir in Verbindung gebracht. Dabei ist der auch in der missglückten und einzig existenten Schnittfassung im Grunde Kern dieser Verfilmung von Gerald Petievichs Debüt-Roman.
© Studiocanal GmbH
“Harris makes a valiant effort at a film noir but this work stars a hero in the kind of world where only anti-heroes play”, fasst Louis Black für den Austin Chronicle ein zentrales Problem ins Auge. Ja, Wesley Snipes ist zu glatt, um den Cop unter Druck glaubhaft zu verkörpern. Seine Chemie mit Dan Hedaya, der seinerseits eine exzellente Leistung abliefert, ist großartig, auch diejenige mit Lolita Davidovich ist gelungen. Doch sowohl seine Strafversetzung nach Newark als auch das Scheitern seiner Ehe mit Sally (Stephanie Williams) steckt Jimmy Mercer im Grunde ebenso wie den Tod seines Partners Russo locker weg. Warum gebe ich dem Film trotzdem 4 Sterne? Weil mich Boiling Point keine Minute langweilte oder enttäuschte. Mit Seymour Cassel, Tony Lo Bianco, Tobin Bell und Valerie Perrine bringt der Film viele wunderbare Nebendarsteller. Ohnehin ist das Schauspiel ein Plus, ebenso die Wahl der Drehorte, die Kameraarbeit und die trotz geschnittener Fassung spürbare Verbindung der Lebensentwürfe der Rollencharaktere auf beiden Seiten des Gesetzes. Bell und Perrine traten 5 Jahre später in der James-Ellroy-Verfilmung Browns Requiem (USA 1998) wieder gemeinsam vor die Kamera. Niemand als James B. Harris hatte mit Der Cop (USA 1988) erstmals einen Roman Ellroys fürs Kino adaptiert. Harris hatte sich auch die Rechte an James Ellroys Die schwarze Dahlie (EA 1987) gesichert. Als er begriff, dass er über das Projekt erneut keine Kontrolle bekäme, gab er sich mit einer Rolle als ausführender Produzent zufrieden. Unter der Regie von Brian De Palma wurde Black Dahlia (USA 2006) zu einem Riesen-Flop für Universal Pictures und die beteiligten Stars Josh Hartnett, Aaron Eckhart und Scarlett Johansson.
Exzellente DVD-Edition (2010) der Studiocanal GmbH mit dem Film in der ungekürzten 1993er Kinofassung mit der original englischen Tonspur und einer (vollends missratenen) deutschen Synchronisation, optional Untertitel auf Deutsch, Dänisch Finnisch, Holländisch, Norwegisch, Portugiesisch, Spanisch, Schwedisch, dazu Fotogalerien, Filmografien, Kinotrailer und eben das Feature The Story Of Boiling Point (16 Minuten, 2005) als Extras.