Valerie Hobson, James Donald, Howard Keel, David Greene, Michael Balfour
© Verlag für Filmschriften Christian Unucka
In der Nähe des Dartmoor Prison wird ein Auto gestohlen. Kurz darauf verschwinden von einer Wäscheleine einige Herrenhemden. Die drei wegen unterschiedlicher Vergehen verurteilten Soldaten Boke (Howard Keel), Jim (David Greene) und Frankie (Michael Balfour) sind am Morgen aus dem Gefängnis ausgebrochen und befinden sich auf der Flucht… Zur gleichen Zeit kehren der Bühnenautor Murray Burn (James Donald) und die mit ihm verheiratete Schauspielerin Eleanor Burn (Valerie Hobson) per Zug von der Premiere ihrer letzten Produktion in London zu ihrem auf dem Land gelegenen Haus zurück. Im Speisewagen wird Murray Burn von dem ehemaligen Schulfreund Maitland Myner (Bill Shine) angesprochen. Maitland erkennt ihn sofort, indessen Murray Schwierigkeiten hat sich zu erinnern und ihm mit kühler Arroganz begegnet. Im Abteil berichtet der kriegsversehrte Murray, der ein steifes Bein hat, jener habe ihn gar auf sein Cricketspiel angesprochen, dass er natürlich hatte aufgeben müssen. Doch Eleanor ist des beißenden Zynismus‘ und der Kälte ihres Ehemanns lange überdrüssig. Beim nächsten Halt des Zuges springt sie aus dem Waggon und verrschwindet. Eine Minute später rollt der Zug mit Murray allein in Richtung Llanbach. Hier wartet der erfolgreiche Dramatiker nachts auf dem verlassenen Bahnsteig auf die letzte Verbindung. Er trifft Joe Wallis (Edward Palmer), den Betreiber des örtlichen Pubs, und kurz darauf steigt Eleanor aus dem Zug. Das Wiedersehen der Eheleute ist mehr als kühl…
“Look Murray, up to now this is one of our better days.” Die Verfilmung des gleichnamigen Romans von Robert Westerby ist zum ersten die Geschichte der Gefangenschaft einiger Menschen in einem Haus auf dem Lande, die sich unversehens in der Gewalt von drei ausgebrochenen Sträflingen befinden. Der Film ist damit deutlich an Archie Mayos Der versteinerte Wald (USA 1935) mit Bette Davis und Humphrey Bogart angelehnt und zeigt Parallelen zu Rudolph Matés The Dark Past (USA 1948) mit William Holden und Lee J. Cobb oder auch zu John Hustons Gangster in Key Largo / Hafen des Lasters (USA 1948) mit Humphrey Bogart und Edward G. Robinson. In all diesen Werken stehen die psychische Disposition der Kriminellen, ihre Motivation und ihr Verhalten gegenüber den Geiseln im Mittelpunkt. Letztere versuchen sich mittels mehr oder minder geschickter Anstrengungen, indem sie durch eine strategische Gesprächsführung in der mentalen Stabilität ihrer Gegenüber eine Schwachstelle ausfindig machen und sie für sich nutzen wollen, aus ihrer furchtbaren Lage zu befreien. In The Dark Past missrät derlei zu einer pseudowissenschaftlichen Lächerlichkeit, wenn der Psychotherapeut den Gangster schließlich via Therapieerfolg auszuschalten vermag. Und in Gangster in Key Largo / Hafen des Lasters führt am Ende die rohe Gewalt zur Lösung des Konflikts, auch das vergleichsweise enttäuschend. Die Stimme des Gewissens ist überraschend seriös und klug in der Darstellung der Verhältnisse. Außerdem erweist sich die akute Bedrohung eines Schwerkranken im Film als Zerreißprobe für die Nerven aller im Haus Eingeschlossenen, was Fergus McDonell geschickt zu inszenieren versteht. Zum zweiten beinhaltet das Werk die Geschichte einer Liebesbeziehung, welche sogleich zu Beginn an ihrem Endpunkt angelangt ist. Damit nimmt McDonells Film in bemerkenswerter Weise Henry Hathaways in ähnlicher Konstellation der Rollencharaktere angesiedelten Noir Western Zwei in der Falle (USA 1951) zumindest zu Teilen vorweg.
Auf wenige Handlungsorte beschränkt und mit einem überschaubaren Ensemble von Figuren in einer zuletzt fast klaustrophobischen Enge – Die Stimme des Gewissens ist eine unaufwendige Produktion, die dennoch aus ihren Möglichkeiten viel herausholt. Die Einführung von Murray und Eleanor Burn als im Beruf und im Privatleben gleichermaßen Verbundene, was nicht nur vorteilhaft ist, solch scheinbar kurze Episode der Anreise zum Landsitz, der ihr Zuhause ist, erweist sich als effizient inszeniert. Das gilt auch für den Rest der 80 spannenden Minuten oder zumindest fast. Denn im Finale schwächelt die Produktion. Eine im Grunde schlüssige, doch für den Zuschauer erst im Nachhinein transparente „Idee“ wird durch eine zu knapp geratene, hastig überstürzte Ausführung verschenkt. Aus jener Situation zweier Duelanten hätte ein anderer Regisseur, heute und schon damals, bei weitem mehr herausgeholt, und so entstehtt der Eindruck, Fergus McDonell habe im letzten Augenblick die nötige Courage verlassen, um seinen bis dahin überzeugend stringenten Film Noir auf einer Note enden zu lassen, die zur Größe strebt. Letztere ist hier angelegt, doch in der Schlusssequenz sprechen die Protagonisten des Films über etwas, was in dieser Form auf der Leinwand nicht stattfand. So bleibt beim Zuschauer der Nachgeschmack, man habe ihm diesen relevanten Akzent vorenthalten. Trotzdem ist Die Stimme des Gewissens im Ganzen ein Film Noir, den zu entdecken sich lohnt und der vielen US-Produktionen seiner Zeit keinesfalls nachsteht.
Exzellente DVD-Edition (2014) der britischen Studiocanal als Lizenz bei Network mit dem Film ungekürzt im Originalformat, bild- und tontechnisch hervorragend restauriert, den englischen Orirignalton ohne Untertitel, dazu eine Bildergalerie mit Standfotos und Werbematerial als Extra.