Anthony Zimmer

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Wenn es Nach wird in Paris


Film Noir Collection Koch Media GmbH


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Bewertung
***
Originaltitel
Anthony Zimmer
Kategorie
Neo Noir
Land
FRA
Erscheinungsjahr
2005
Darsteller

Sophie Marceau, Yvan Attal, Sami Frey, Gilles Lellouche, Daniel Olbrychski

Regie
Jérôme Salle
Farbe
Farbe
Laufzeit
89 min
Bildformat
Widescreen

 


 

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Paris, Frankreich: Ein Taxi hält im strömenden Regen vor dem Gare de Lyon und eine elegant gekleidete Frau (Sophie Marceau) mit einer roten Reisetasche steigt aus und geht zügigen Schritts in die Schalterhalle. Hier steuert sie ein Restaurant an und nimmt Platz. Als der Kellner sie fragt, ob sie etwas zu bestellen wünsche, gibt sie ihm zu verstehen, dass sie noch auf jemanden warte… Der französische Chefermittler Akerman (Sami Frey) eröffnet einer hochrangigen Kommission, der als Vertreter Russlands auch der ehemalige KGB-Agent Nassaiev (Daniel Olbrychski) beiwohnt, seinen Stand der Untersuchung im Fall des durch Drogenkriminalität zu Geld gekommenen Gangsters Anthony Zimmer. Letzterer habe ein brillantes System der Geldwäsche entwickelt, dass es ihm ermöglichte, Millionensummen auf legalem Weg von den Bermudas nach Frankreich zu transferieren. Eine von Akerman geleitete Kommandoaktion, die zur Festnahme Zimmers in dessen luxuriöser Inselresidenz hatte führen sollen, verlief allerdings erfolglos. Zudem hat Zimmer durch plastische Chirurgie sein Gesicht und seine Stimme so verändert, dass niemand ihn mehr erkennen könnte. Die Frau im Restaurant zündet sich eine Zigarette an und raucht, als ein Telegrammbote in Regenmantel und Motoradhelm zur Tür hereinkommt und ihr ein Schreiben aushändigt. Darin gibt Anthony Zimmer Chiara Manzoni, so der Name der Frau, die Anweisung, sich in dem bereitstehenden TGV nach Nizza in der ersten Klasse zu einem Mann seiner Statur zu setzen...

 

Der Einstieg ist eine Referenz an Alfred Hitchcock und zwar an dessen Der Fremde im Zug / Verschwörung im Nordexpress (USA 1951), wenn nämlich die Kamera Chiara Manzonis bloßen Beinen in hochhackigen Shuhen in den Bahnhof folgt und später in die erste Klasse des TGV, der sie von Paris nach Nizza bringen wird. Ihre darauffolgende Reise mit François Taillandier, seit kurzem alleinstehend und von Beruf Übersetzer, erinnert an diejenige Cary Grants mit Eva Marie Saint in Hitchcocks Der unsichtbare Dritte (USA 1958). In diesem Thriller wird Grant für George Kaplan gehalten, einen Agenten des US-Geheimdiensts, den es gar nicht gibt. So heften sich sowohl die Polizei als auch ausländische Agenten, die ihn gern tot sähen, an seine Fersen. Chiara nutzt ihre Zugbekanntschaft, die sie nach Manier einer Femme fatale um den Finger wickelt, ähnlich, und Taillandier wird für Anthony Zimmer gehalten, dem wiederum die russische Mafia nach dem Leben trachtet. Neben Norman Jewisons Thomas Crown ist nicht zu fassen (USA 1968) war für Jérôme Salles Spielfilmdebüt auch der US-amerikanische Thriller Cypher (USA 2002) eine Inspiration, darin es ebenso um ein Spiel mit Identitäten geht und ein Mann und eine Frau erst nach Irrwegen einander als Liebende erkennen. Die Referenz an den Film Noir ist die Stärke des romantischen Thrillers Anthony Zimmer: Ein Normalbürger wird durch eine Femme fatale zu einem Schritt von dem ihm vorgezeichneten Weg verführt und erkennt, dass er sich in einem Netz undurchsichtiger und für ihn lebensgefährlicher Machenschaften verstrickte, aus dem er selbst nicht mehr herausfindet. Das Problem des Films liegt solcher Prämisse benachbart: Drehbuchautor Jérôme Salle serviert seinen Zuschauern ein Krimi-Märchen, das die Romantik in den Vordergrund rückt und die Logik der Zusammenhänge, die seine Geschichte antreiben, völlig vernachlässigt.

 

Der französische Ermittler Akerman erläutert, dass Anthony Zimmer sein aus kriminellen Aktivitäten stammendes Vermögen mit Erfolg völlig legal gewaschen habe. Wie ist Akerman dann in der Lage, den Mann mithilfe schwerbewaffneter Elitesoldaten international zu jagen? Und weshalb teilt er seine Informationen mit russischen Behörden? Chiara Manzoni und Anthony Zimmer waren (sind) Liebende. Mittels plastischer Chirurgie hat Zimmer sein Gesicht (und sogar seine Stimme) so verändert, dass ihn anhand dessen niemand erkennen könnte. Mehrfach kreuzt der echte Anthony Zimmer im Lauf des Films Chiaras Wege. Weshalb erkennt sie ihn nicht aufgrund körperlicher Merkmale, die ihr durch die intime Beziehung zu ihm bekannt sein dürften? Warum will die russische Mafia, mit der Anthony Zimmer einst Geschäfte tätigte, ihn überhaupt eliminieren? Und wie kann Anthony Zimmer etwas planen, so hat es im Finale nämlich den Anschein, wenn er sich im Lauf der Handlungsentwicklung einer Vielzahl völlig unvorhersehbarer Ereignisse ausgesetzt sieht? Wie kommt es, dass Chiara Manzoni im obersten Stock einer schäbigen Mietskaserne außerhalb Nizzas ein perfekt ausgestattetes Versteck einrichtete, darin es einen Kleiderschrank gibt, der 30 identische Herrenanzüge (für die Maße Anthony Zimmers) enthält…? All das steht im Kontext der Handungslogik unzusammenhängend nebeneinander und funktioniert als das Märchen-Dekor eines Thrillers, der von seinen Zuschauern von vornherein erwartet, dass sie nicht darüber nachdenken. Durch das Schauspiel der drei Personen im Zentrum wird der Film allemal aufgewertet. Er erweist sich als leidlich unterhaltsam, ist zugleich aber flach. Bei weitem schlimmer ist hingegen das fade Remake unterm Titel The Tourist (USA/FRA/ITA/UK 2010) mit Johnny Depp und Angelina Jolie in den Hauptrollen, welche die wichtigste Zutat des Originals missachten und außen vor lassen, nämlich den Charme, womit auch vom Unterhaltungswert nichts übrig bleibt.

 

Unter dem Titel Fluchtpunkt Nizza – Wer ist Antnthony Zimmer? gibt es eine gut editierte deutsche BD- und DVD-Ausgabe (2008) der FilmConfect Home Entertainment GmbH & Co. KG, mit dem Werk ungekürzt im Originalformat, bild- und tontechnisch erstklassig, dazu den original französischen Ton und eine (nicht empfehlenswerte) deutsche Synchronisation, optional deutsche Untertitel, dazu ein Making Of, das Drehbuch, Probeaufnahmen und einen Vergleich von Storyboard/Film als Extras.

 


Neo Noir | 2005 | France | Jérôme Salle | Sami Frey | Sophie Marceau

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