George Raft, Virginia Mayo, Gene Lockhart, Raymond Burr, Harry Morgan
© United Artists Corporation
Das San Quentin State Prison nördlich von San Francisco, Kalifornien: Die Häftlinge sitzen im Kinosaal und sehen die Wochenschau, indessen zwei von ihnen, Nick Cherney (Raymond Burr) und Rocky (Harry Morgan), oben im Vorführraum den Filmprojektor bedienen. Ein Beitrag berichtet von der Heimkehr des Militärpfarrers Jess Torno (Arthur Franz), der nach fünfjähriger Dienstzeit bei der US-Armee und in Gefangenschaft im Südpazifik in seine Heimatstadt San Francisco zurückkehrt. Seine Ankunft auf dem Flughafen mit militärischen Ehren wurde allerdings von seinem älteren Bruder John Torno (George Raft) unterbrochen, der über Jess‘ Rückkehr überglücklich war. Als Rocky den Namen Torno hört und die beiden Brüder auf der Leinwand sich einander umarmen sieht, fragt er den im Dunkel neben dem Projektor stehenden Nick, ob John Torno nicht der Typ gewesen sei, der ihm seine vierjährige Hadtstrafe eingebrockt habe. Nic Cherney bejaht und zieht eine Zeitungsnotiz aus der Brusttasche, die von seiner Verhaftung als Buchhalter der Torno Freight Company berichtet, einer vom Inhaber John Torno geleiteten Spedition. Damals waren Police Detective Strecker (Barton MacLane) und dessen Kollege (Chuck Hamilton) in Gesellschaft von Tornos rechter Hand Warni Hazard (Gene Lockhart) in sein Büro gestürmt und Strecker hatte ihm den Haftbefehl vor die Nase gehalten. Cherney hatte Geld veruntreut und Torno selbst hatte geholfen, den Betrüger, als jener eine Pistole zückte, zu überwältigen…
“You know, Johnny, when you play solitaire you can only beat yourself.” In den 10 Jahren, die der legendären TV-Serie Perry Mason (USA 1957-1966) vorhergingen, darin er für 271 Episoden die gleichnamige Hauptrolle spielte, war Raymond Burr häufig im Film Noir als Bösewicht zu bewundern. Als solcher enttäuscht er auch in Verbotene Rache / Rotes Licht keineswegs, wo er mit Harry Morgan, ebenfalls ein Charakterdarsteller von Rang, ein wahrhaft diabolisches Duo bildet. Wenn ich aber sage, dass ich selten einen solchen Widerling im Kanon des Film Noirs auf der Leinwand sah, meine ich John Torno, die von George Raft verkörperte zentrale Figur des Films, Eigentümer einer Speditionsgesellschaft, der sich nach Ermordung seines Bruders Jess auf einen Rachefeldzug begibt. John Torno ist bis an die Grenzen der Egomanie rücksichtslos gegenüber anderen - ein arroganter Rüpel, der jedem Fremden im Befehlston begegnet und ihn oder sie sofort am Kragen packt und als Lügner bezeichnet, wenn ihm eine Antwort nicht schmeckt. Zu guter Letzt schlägt er eine Frau und zertrümmert in einem Gotteshaus mit einem Kandelaber ein Kirchenfenster mit aufwendiger Glasmalerei. George Raft personifiziert John Torno als “Tough Guy“ ohne den geringsten Charme und ohne Manieren. Geld und Status allein verleihen ihm das Recht, sich über andere zu erheben und Vertretern des Gesetzes und der Kirche mit Hohn und Spott zu begegnen. Mit Carol North (Virginia Mayo), deren Hotelzimmer er als Privatmann ohne jegliche Berechtigung durchwühlt, bevor er sie einem Kreuzverhör unterzieht, entwickelt er nicht die mindeste Chemie. Die auf dem Filmplakat gezeigte, romantische Umarmung der beiden findet im Film nicht statt. Auch ist Virginia Mayo nicht darauf aus “everything he has“ hinzunehmen und ebenso wenig in jenem Kleid einer Femme fatale zu sehen, das sie gleichfalls auf Plakaten zur Schau trägt. Als mittellose, junge Frau ist sie behilflich, für John Torno ein paar Adressen ausfindig zu machen, bevor der Geschäftsmann ihr wegen eines Kommentars zu seiner pathetischen Selbstherrlichkeit eine schallende Ohrfeige versetzt. Das ist ihre Rolle.
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“If it weren’t for Raymond Burr and Harry Morgan (…) I’d have to call this film totally ordinary, or even a notch or two less”, schreibt Steve Lewis für Mystery*File über diese Produktion, die neben einer wie so häufig schrecklich hölzernen schauspielerischen Leistung George Rafts durch religiöse Konnotationen gekennzeichnet ist. So wollen im Verlauf der Handlung mehrere Menschen Torno daran hindern Selbstjustiz zu verüben. Schließlich ist es der letzte Wille des toten Bruders, dem John Torno folgt, so dass der Film im Rekurs auf die Bibel nahelegt, dass im Finale, wo die Bösen selbstredend ihrer gerechten Strafe zugeführt werden, Gott selbst seine Hand im Spiel habe… Das ist in Kombination mit Dimitri Tiomkins überlautem, pathetischem Orchester-Score und mit Franz Schuberts darin verwurstetem Ave Maria an der Grenze der Erträglichkeit. Schon zuvor durch eine unsäglich kitschige Nebenhandlung mit Phillip Pine als erblindetem Veteranen vorbereitet, der durch eine Bibel-Lektüre selbst vorm Selbstmord bewahrt wurde, erweist sich Erleuchtung und Läuterung des im Schmerz vom Rachedurst zerfressenen Spediteurs als grotesk. Trotz großartiger Kameraarbeit von Altmeister Bert Glennon (Unterwelt, USA 1927) ist Verbotene Rache / Rotes Licht ein für meine Begriffe vollends missglücktes Werk.
In den USA gibt es eine DVD-R (2014) der Warner Archive Collection mit dem Film ungekürzt im Originalformat, bild- und tontechnisch gut und mit der original englischen Tonspur ohne Unteritel und ohne Extras. In Spanien veröffentlichte Feel Films unter dem Titel Luz Roja eine DVD (2014) mit dem Werk im Originalformat und einer (zumindest auf dem Cover so angegebenen) Laufzeit von nur 70 Minuten, dazu den englischen Originalton und eine spanische Synchronisation, optional spanische und portugiesische Untertitel.