William Sylvester, Mai Zetterling, John Meillon, Anthony Dawson, Neil McCarthy
London, England: Der Undercover-Agent Phillips von Scotland Yard liegt aufgebahrt im Leichenschauhaus, als ein Superintendent (Fred McNaughton) ihn zum letzten Mal in Augenschein nimmt. Er hinterlässt eine Frau und zwei Kinder, erklärt Inspektor Adams (Victor Brooks), bevor die beiden sich umdrehen und ins Freie treten… Special Agent Layton (William Sylvester) vom MI-5 fährt an diesem Morgen in einem Sportwagen durch die Innenstadt, bis er vor einer Filiale der South London Bank zum Halten kommt. Layton trägt eine Sonnenbrille und betritt noch vor den Angestellten (Andrew Laurence) und (Patricia Shakesby) die Schalterhalle. Nach deren Ankunft zückt er eine Pistole, lässt sich den Safe-Schüssel aushändigen und weist sie an, sich auf den Boden zu legen… Als der Filialleiter (William Sherwood) eintritt, zwingt Layton ihn den Safe zu öffnen und mehrere Bündel Bargelds in seine Aktenmappe zu füllen. Daraufhin verlässt er in aller Seelenruhe die Bank, indessen die Angestellten auf dem Steinboden ausharren. Im Büro von Chief Superintendent Gault (John Phillips) ist auch Inspector Adams (Victor Brooks) anwesend, als Layton eintritt und sich zu den Herren gesellt. Er berichet seinen Vorgesetzeten vom geglückten Überfall und zeigt ihnen seine Beute. Chief Superintendent Gault ist begeistert, denn nun sind alle Voraussetzungen erfüllt, dass Layton unterm Decknamen Steve Ross versuchen kann, zu jenen Bankräubern in Kontakt zu treten, die London seit Monaten mit spektakulären Erfolgen in Atem halten…
“I needed nobody and nobody needed me.“ Sofern es im FilmNoir je darum ging, die Grenze zwischen der Staatsräson und ihrem regelkonformen, bürgerlichen Moralkodex und jener Ehre, Loyalität und Aufrichtigkeit unter Kriminellen zu verwischen, - die Grenze zwischen dem “Gut“ und dem “Böse“, wie gern formuliert – ist In den Fängen des FBI ein Film, der parallel zum Werden und Wirken Jean-Pierre Melvilles das Thema explizit in den Mittelpunkt stellt. Kurz zum deutschen Verleihtitel: Selten erwies sich eine deutsche Umbenennung als dergestalt unsinnig. Der Post Noir Offbeat ist ein Film aus England und das FBI kommt in keiner Szene und mit keiner Silbe vor. Die Organisation, die sich der falschen Identität eines Polizeibeamten als Undercover-Agent in einer kriminellen Vereinigung bedient, ist Scotland Yard. Natürlich gibt es im US-amerikanischen Film Noir Vorbilder dafür, vor allem aus den späten 40er Jahren. Geheimagent T (USA 1947), Straße ohne Namen (USA 1948) und Sprung in den Tod / Maschinenpistolen (USA 1949) sind Werke von ganz unterschiedlichen Autoren und Regsisseuren, die mit Blick auf ihre thematische Setzung einen Standard schufen. Doch einzig Raoul Walshs Sprung in den Tod / Maschinenpistolen lässt an seinem Ende den Schluss zu, dass der Agent (Edmond O’Brien als Hank Fallon aka Vic Pardo) aufgrund der betrügerischen Seite seines Tuns im Namen des Gesetzes teils Gewissensbisse haben könnte. Ich habe das mit Absicht so vage formuliert, denn Cody Jarrett (James Cagney) ist ein skrupelloser und ruchloser Geselle, dem der Wert von Freundschaft und Loyalität dennoch nicht fremd ist, weshalb er dem falschen Vic Pardo über die Maßen vertraut. Zweifel an dem von langer Hand vorbereiteten Verrat, der mit Jarretts spektakulärem Tod endet, werden im Film nicht ausformuliert – sehr wohl aber in dem 12 Jahre später gedrehten In den Fängen des FBI, der von der Ambivalenz eines Protagonisten profitiert, der gleich zu Beginn als Polizeibeamter nach allen Regeln der Kunst einen Bankraub ausführt.
“Law or crime… He betrayed them both.“ Alles in allem hätte In den Fängen des FBI, der in den USA als The Devil Inside in die Kinos kam, ein Wendepunkt des Film Noirs werden können, zumindest ein Geheimtipp und vielleicht gar ein Meisterstück des B-Films. Aber davon ist das Werk aus verschiedenen Gründen weit entfernt. Sowohl das Skript von Peter Barnes als auch die Regie von Fernsehregisseur und Komödienspezialist Cliff Owen behandeln das Material nicht sorgfältig genug. Die Charaktere sind in ihrer Anlage zwar gut getroffen, - Anthony Dawson, John Leillon und Victor Brooks liefern allesamt benmerkenswerte Porträts - doch stehen konventionelle Spannnungsmomente wie ein spektakulärer Juwelenraub im Vordergrund, weniger das Verhältnis der Rollencharaktere zueinander, deren Wechselbäder zwischen Misstrauen, Zuneigung und sogar Liebe zu kurz kommen. Vergleicht man In den Fängen des FBI mit dem im Folgejahr entstandenen Der Teufel mit der weißen Weste (FRA/ITA 1962) von Jean-Pierre Melville, wird deutlich, was sich Owen & Co. haben entgehen lassen. Es blieb allein Melville vorbehalten, den europäischen Film Noir auf ein nächsthöheres Niveau zu transferieren.
Sehr gute englische DVD-Edition (2016) der Studiocanal Films via Network mit dem Film ungekürzt im Originalformat, bild- und tontechnisch erstklassig restauriert, mit dem original englischen Ton ohne Untertitel und mit einer Bildergalerie von internationalem Werbematerial als Extra.