Epilog – Das Geheimnis der Orplid

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Bewertung
****
Originaltitel
Epilog – Das Geheimnis der Orplid
Kategorie
Film Noir
Land
GER
Erscheinungsjahr
1950
Darsteller

Horst Caspar, Bettina Moissi, O.E. Hasse, Hans Leibelt, Irene von Meyendorff

Regie
Helmut Käutner
Farbe
s/w
Laufzeit
80 min
Bildformat
Vollbild
 

 

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Monatelang ist der Journalist Peter Zabel (Horst Caspar) einer scheinbar harmlosen Zeitungsnotiz nachgegangen, die vom Verschwinden der Yacht Orplid auf einer Reise von Hamburg nach Schottland berichtete. Es trug sich in einer fast windstillen Sommernacht zu, als der dubiose englische Waffenhändler P.L. Hoopman (Fritz Kortner) das Schiff zwecks einer Vergnügungsreise gechartert hatte. Ihr Anlass war die Hochzeit seiner eigenen Geliebten Christiane Bruckmann (Irene von Meyendorff) mit Martin Jarzombeck (Hans Christian Blech). Zugleich waren Hoopmans Frau Eleanor (Hilde Hildebrand) und ihr deutlich jüngerer Verehrer Klaus von Werth (Horst Hächler) mit an Bord, auch Christianes Tanzpartner (Arno Assmann) in einer Variéte-Nummer, mit der sie als Duo Ermanno & Conchita jahrelang erfolgreich aufgetreten waren. Aufklärung verheißt jedoch erst eine überraschende Entdeckung in London, wo Peter Zabel über die in einer Kunstgalerie ausgestellten Zeichnungen auf die Spur Phil Urbans (Harro ten Brook) kommt. Der Maler ist nicht selbst Urheber jener Exponante, die vom Untergang eines Schiffs namens Orplid berichten, sondern die von ihm abhängige Leata (Bettina Moissi), in der Zabel die Dienerin der an Bord der Orplid befindlichen Christiane Bruckmann erkennt. Zabel gelingt es, Leata mit nach Hamburg zu bringen, wo er die inzwischen stumme Frau als Quelle seines Tatsachenberichts nutzen kann. Diesen bietet er unter dem Titel Epilog schließlich der Tageszeitung Dr. Mannheimers (O.E. Hasse) zur Publikation an…
 
„Helmut Käutner zieht exaltiert, fast spöttisch alle stilistischen Register des Film noir: Off-Kommentare, Rückblenden, subjektive Kamera, schräge Perspektiven, Low-Key-Beleuchtung“, heißt es im KinoTageBuch und die Analyse bringt zentrale Aspekte einer für den bundesdeutschen Nachkriegsfilm ungewöhnlichen Produktion auf den Punkt. Schnell ist das um eine im Halbdunkel belassene, internationale Verschwörung kreisende Drama jenes Personenkreises an Bord einer Yacht von Niedergeschlagenheit und einem rätselhaft schweren Ton gekennzeichnet. Ein Paar ist auf einer Hochzeitsreise, aber niemand freut sich, keiner lacht oder lächelt nur, kaum jemand spricht. Selbst dem Pastor (Rolf von Nauckhoff), der schließlich einige Worte über die Liebe in eine gequält zuhörende Runde wirft, missrät seine Rede zu einem Rinnsal, das bald versiegt. Denn sie alle teilen ein Geheimnis, das Autor und Regisseur Käutner dem Zuschauer konsequent vorenthält und das er nur stückweise und unvollständig preisgibt, womit er die Erwartungen unterläuft. Im Dunkel des Vorführraums soll das Licht der Filmprojektion ja dasjenige einer „Wahrheit“ sein, die alle Rätsel der Geschehnisse aufklärt und sie nicht in Schlaufen von Widersinn und Aberwitz noch weiter verrätselt. Epilog - Das Geheimnis der Orplid verweigert sich solch einer Erzählkultur und fordert heraus, was schon der Vorspann unter Berufung auf einen pseudodokumentarischen Subtext lakonisch verkündet und was der Zuschauer geflissentlich überliest, denn dafür hat man sein Eintrittsgeld nicht gezahlt: „Vieles ist daher nur angedeutet, manches offengelassen.“
 
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© Pidax film media Ltd.
 
„In meiner Zeitung nichts von Politik! Politik ist immer Schwarzweiß, das ergibt Grau, ich hab ’ne farbige Zeitschrift.“ In der Rahmenhandlung, die den Verwicklungen an Bord der verschollenen Yacht zur Bühne wird, will der von Idealen beseelte Journalist dem abgebrühten Chefredakteur eine Enthüllungsreportage verkaufen. Aber der morbide Ton einer an gesellschaftliche Traditionen und Etikette der Vorkriegsjahre gemahnenden Grundierung, wie ihn die Yachtgesellschaft ganz selbstverständlich zur Schau trägt, kreucht schließlich auch aus den Ecken und Winkeln jenes Zeitungsbüros, darin die Herren Beckmann (Hans Leibelt) und Mannheim dem Bericht vom Schicksal der Orplid lauschen. Wenn zuletzt der Cheflektor die Gardine beiseite zieht und das Fenster öffnet, ist sein Durchlüften nur vordergründig Zabels Recherche geschuldet und weit eher Mannheims Hinweis, dass man sich keiner Unwahrheit schuldig mache, „wenn man weglässt, was eh keiner wissen will.“ Gute Darsteller, eine stringente Regie und die grandiose Kameraarbeit Werner Kriens (Mädchen in Uniform, GER 1958) heben das Werk deutlich über das Niveau der meisten deutschen Unterhaltungsfilme jener Jahre. Der wider den Zeitgeist gebürstete Film Noir Epilog - Das Geheimnis der Orplid, welcher an der Kinokasse floppte, ist neben Peter Lorres Der Verlorene (GER 1951) ein eigenwilliges Beispiel dafür, in welche Richtung der bundesdeutsche Film sich unter anderen Vorzeichen hätte entwickeln können. Empfehlenswert!
 
Sehr gute DVD-Ausgabe (2015) der Pidax film media Ltd. in Kooperation mit der Universum Film GmbH, München, ungekürzt im Originalformat und bildtechnisch exzellent restauriert, mit dem deutschen Originalton ohne Untertitel und dazu einen beigelegten Nachdruck der Illustrierten Filmbühne Nr. 905 als Extra.
 

Film Noir | 1950 | International | Helmut Käutner | Helmut Käutner | Werner Krien | Arno Paulsen | Carl Raddatz | Fritz Kortner | Paul Hörbiger | Peter van Eyck

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