Night Won’t Talk, The

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Film Noir Collection Koch Media GmbH


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Bewertung
**
Originaltitel
The Night Won’t Talk
Kategorie
Film Noir
Land
UK
Erscheinungsjahr
1952
Darsteller

John Bailey, Hy Hazell, Mary Germaine, Sarah Lawson, Elwyn Brook-Jones

Regie
Daniel Birt
Farbe
s/w
Laufzeit
60 min
Bildformat
Vollbild

 


 

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Der Bezirk Chelesea in London, England: In einer klaren Sommernacht läuft jemand, der seinen Kopf in der Kapuze eines Dufflecoats verbirgt, über die Straße und begibt sich zu einer Treppe, die zum Souterrain eines Mietshauses führt. Kurz prüft der Unbekannte, ob ihn jemand beobachtet, dannn schiebt er das Fenster zu dem tief gelegenen Apartment empor und nähert sich dem im Bett liegenden Model Stella Smith (Susan Pearson), die aus dem Schlaf schreckt… Am Morgen ist es der Mord an Stella, der die Frontseiten der Tageszeitungen ebenso beschäftigt wie Inspector West (Ballard Berkeley) von Scotland Yard und seinen Assistenten Sergeant Robbins (Duncan Lamont). Stella Smith war unter den bekannten Künstlern der Stadt ein bevorzugtes Model, soll sich aufgrund ihrer anstehenden Hochzeit mit dem Maler Clayton Hawkes (John Bailey) zuletzt aber rar gemacht haben. West beauftragt Robbins, sich unter ihren Auftraggebern im Portrait Club umzuhören und dabei diskret vorzugehen… Der Maler Kenneth Wills (Grey Blake) sitzt am Frühstückstisch und ist von der Zeitungsnachricht schockiert. Seine Hauswirtin Mrs. Vincent (Hélène Burls) ist eher wegen des unangetasteten Frühstücks besorgt. Mit Blick auf die Zeitungsmeldung sei sie überrascht, dass Stella Smith ihren Mörder nicht schon eher getroffen habe. Kenneth Wills ist darüber so erbost, dass er sie kurzerhand des Zimmers verweist. Aber auch das Model Hazel Carr (Mary Germaine) macht aus ihrer Erleichterung über das Ableben von Stella Smith keinen Hehl …

 

“The cafés and artists‘ studios of bohemian Chelsea provide the setting for this tightly plotted early-fifties Brit Noir thriller“, liest man auf der Rückseite der englischen DVD aus dem Hause Network und Studiocanal Films Ltd. Natürlich wäre schön, wenn es so wäre, oder zumindest, wenn solche Aussgage für die Atmosphäre des Films oder gar den Fortgang seiner Handlung eine Bedeutung hätte, was nicht der Fall ist. Das sichtbar schmale Budget dieser B-Produktion resultiert in der steten Wiederholung von drei, vier Schauplätzen über die gesamte Spielzeit, in einer bemerkenswert fantasielosen Kameraarbeit auf TV-Niveau sowie in der Auswahl von Schauspielern, die so wie Hy Hazell und Ballard Berkeley erstklassig, wie John Bailey allemal solide oder eben wie Mary Germaine deutlich unterdurchschnittlich agieren. Die Riege der Darsteller ist dem Freund des englischen Film Noirs aus Nebenrollen in anderen Thrillern der Zeit bekannt; der Regisseur Daniel Birt hatte mit No Room at The Inn (UK 1948) und Das Ende einer Reise (UK 1949) zwei bemerkenswerte, jeweils exzellent besetzte Filme vorgelegt, bevor er in den 50er Jahren in die zweit- bis drittklassige Liga der Kriminalfilme abstieg. Vor allem der Schnitt des mit 57 (PAL) bzw. 60 Minuten (NTSC) enorm kurzen Films ist derart dilletantisch, dass man sich beizeiten wundern muss. Das letzte Wort ist kaum gesprochen, schon gibt es einen harten Cut, der eine Szene mitten in der Bewegung einfach durchtrennt. Die Handlung fokussiert sich ganz auf die klassische Hatz nach dem Mörder, legt zwei, drei falsche Spuren, die jeder Fünfjährige als eben falsche erkennen müsste und ist ab der Hälfte des Films vollends vorhersehbar.

 

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“I’m going to cash in on everything she’s left behind. I’ve inherited it.“ Es sind nicht bloß die in der Kunstszene des Bezirks Chelsea von Missgunst und Geldgier getriebenen Figuren, die The Night Won’t Talk in die Nähe des Film Noirs rücken. Es ist vor allem der Kriegsveteran Clayton Hawkes, der von Erinnerungslücken und Attacken impulsiver Aggressivität geplagt wird und der uns die gleichermaßen von partieller Amnesie heimgesuchten Antihelden von Vergessene Stunde / Schwarzer Engel (USA 1946) oder The Lost Hours / The Big Frame (UK 1952) in Erinnerung ruft. Auch in diesen Filmen profitiert der von Ungewissheit über das Ausmaß der eigenen Schuld in eine Identitätskrise geratene Protagonist von einer Frau, die sich bedingungslos an seine Seite stellt. Aber im direkten Vergleich ist der Kunstmaler Clayton Hawkes in The Night Won’t Talk ein flaches Gewässer, dessen Gewissensbisse und Verzweiflung über die Möglichkeit eines mit eigenen Händen verübten Mordes sich sehr in Grenzen halten. Niemand hat Zweifel an seiner Unschuld, weder Scotland Yard noch der Zuschauer, den schon bald das große Gähnen überfällt. So ehrenwert es ist, dass man in England einem Publikum selbst derart abseitige und in Vergessenheit geratene Nebenwerke des Brit Noirs via DVD wieder zugänglich macht, so welchselhaft ist zugleich deren Qualität, wie The Night Won’t Talk uns in Erinnerung ruft. Alles in allem ein Film, den ich wirklich niemandem empfehle, denn diese Stunde des Lebens lässt sich auf jeden Fall besser nutzen.

 

Sehr gute DVD-Edition (2016) der Studiocanal Films Ltd. in Kooperation mit Network in deren Reihe The British Film und zwar mit dem Werk ungekürzt im Originalformat, dazu die original englischen Tonspur ohne Untertitel, jedoch immerhin mit einer Bildergalerie als Extra.

 


Film Noir | 1952 | UK | Daniel Birt | Ballard Berkeley | John Bailey

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