Karen Allen, Keith Carradine, Jeff Fahey, Bernie Casey, Dean Paul Martin
Im hohen Nordwesten der USA ist der Vietnam-Veteran Donnie McAndrew (Jeff Fahey) in der Branche des Holzhandels ein reicher Erbe. Aber seine Alpträume vom Krieg im Dschungel, bei dem viele der Infateristen seiner Einheit in einer aussichtslosen Lage grausam sterben mussten, verfolgen ihn Nacht für Nacht… Für Donnie und für seine Frau Mara (Karen Allen) ist die Situation zu einer extremen Belastung geworden, die beider psychische Stabilität und ihre Ehe auf eine harte Probe stellt. Längst ist es Mara, die im Sägewerk und im Holzlager nach dem Rechten sieht und Anweisungen gibt, indessen der labile Donnie halb nackt durch die Villa irrt und vom Balkon aus mit einer Schrotflinte in die Luft schießt… Als sich Mara mit ihrer Freundin Claire (Frances Flanagan) auf der Terrasse eines Cafés trifft, bemerkt jene, dass Jake (Dean Paul Martin), Maras Liebe aus frühen Jahren, seiner ex-Freundin noch immer begehrliche Blicke zuwirft. Doch Mara ist davon genervt und wiegelt ab. Als Claire sie auf Donnie anspricht und ihr mitteilt, dass die Bewohner der Stadt, die eh wüssten, was los sei, über dessen Eremitendasein tuschelten, braust sie auf und wechselt das Thema. Scheinbar verzweifelt wendet sich Mara an Dr. Cooper (Eric Schneider), der sie und Donnie seit Kindertagen kennt und letzteren lange Zeit behandelte. Als jener sie zu beschwichtigen sucht, reagiert sie erneut verstimmt. Eine Verharmlosung der kritischen Lage Donnies helfe ihr nicht. Tatsächlich hat die attraktive Mara aber etwas ganz anderes im Sinn…
“Gilbert Cates (…) merkt man die Begeisterung für den Noir der Vierziger- und Fünfzigerjahre an und seine erzählerischen Innovationen ergeben sich organisch aus der Fortentwicklung dieser Traditionen“, schreibt Oliver Nörding für seinen Blog Remember It For Later über diesen Neo Noir. Und mit solcher Einschätzung liegt er richtig. In Die blaue Dahlie (USA 1946) spielt William Bendix einen traumatisierten Kriegsheimkehrer, in Somewhere In The Night (USA 1946) leidet John Hodiak an vollständiger Amnesie, in Anklage - Mord (USA 1947) verkörpert Robert Taylor einen Veteranen, der des Mordes an seiner Frau angeklagt wird und sich in einer psychiatrischen Klinik wiederfindet. Final Night – Die letzte Nacht spitzt mit der Figur Donnie McAndrews die Darstellung eines solchen Rollencharakters zu. Nach der ersten Vietelstunde, die seine Geschichte geruhsam aufs Gleis setzt, nimmt der Film Fahrt auf und wird zur Tour de Force. Die Spannungen zwischen den zentralen Figuren sind wenig subtil und die Charaktere alles andere als einzigartig. Doch die Art, wie sich Gilbert Cates‘ Neo Noir zu einem ungemütlichen und beizeiten unheimlichen Werk fortentwickelt, nötigt einem Respekt ab. Heutzutage punkten viele Kinofilme mit ihrer polierten Oberfläche und mit einem fulminanten Auftakt, um bald zu verflachen und den Erwartungen ihres Publikums nicht gerecht zu werden. Final Night – Die letzte Nacht wird immer besser, aber auch härter. Zu guter Letzt ist ein weiteres dem Film Noir geschuldetes Element seine große Stärke, die von Karen Allen gespielte Femme fatale Mara McAndrew. Letztere ist eine Kreuzung der von Kathleen Turner verkörperten Matty Walker in Lawrence Kasdans Heißblütig – Kaltblütig / Eine heißkalte Frau (USA 1981) und Frances McDormands Abby in Joel und Ethan Coens Blood Simple – Eine mörderische Nacht (USA 1984). Zugleich nimmt sie einige Frauenfiguren im Neo Noir der 90er Jahre vorweg, von Rachel Wards Fay Anderson in After Dark, My Sweet (USA 1990) über Linda Fiorentinos Bridget Gregory in Die letzte Verführung (USA 1994) bis zu Elisabeth Shue als Rhea Malroux in Palmetto – Dumme sterben nicht aus (GER/USA 1998).
“Listen, sweetheart! You come out of nowhere, you got no money and half a name. So… don’t give me any looks!” Karen Allen, die einst in William Friedkins Cruising (USA 1980) und in Stephen Spielbergs Jäger des verlorenen Schatzes (USA 1982) an der Seite von jeweils Al Pacino und Harrison Ford ihren Durchbruch hatte, ist schon Ende der 80er Jahre in einem B-Film angekommen, der in den USA nicht mal im Kino lief. Es mag der Grund sein, warum ihre so eindrücklich und hemmungslos verkörperte Femme fatale in Vergessenheit geriet. Dabei lässt gerade sie solchen längst nicht in allen Belangen erstklassigen Film für jeden Neo-Noir-Freund mit einem gnädgen Blick auf den Trash-Charakter der späten 80er Jahre zu einem Genuss werden. Keith Carradines schweigsamer Tough Guy namens Reed, dessen Coolness über jedes erträgliche Maß hinausgeht, ist sicher nicht der Grund hierfür. Sein Hansdampf in allen Gassen, für eine Frau wie Mara unwiderstehlich und im Faustkampf für jeden unbesiegbar, gibt vielmehr Anlass zum Schmunzeln, zumindest für mich, der ich jenseits von Thieves Like Us (USA 1973) nicht unbedingt ein Fan Carradines bin. Final Night - Die letzte Nacht knackt nur knapp die 4-Sterne-Marke und dabei bin ich wenig objektiv, denn wie bei Murphy's Law (USA 1986) sehe ich in ihm eine “Guilty Pleasure“, zu der ich mich allerdings bekenne. Wer Karen Allen schätzt und sie in einer ungwöhnlichen, aber enorm überzeugenden Rolle sehen möchte, ist mit diesem Neo Noir allemal bestens beraten.
Solide US-DVD (2002) von Echo Bridge mit dem Film ungekürzt, allerdings im falschen Bildformat, nämlich 4:3 (Vollbild) anstatt 1:85.1 (Widescreen), bild- und tontechnisch recht gut, dazu den original englischen Ton ohne Untertitel und den Kinotrailer als einziges Extra.