Bewertung
**
Originaltitel
The Scavengers
Kategorie
Post Noir
Land
USA/PHI
Erscheinungsjahr
1959
Darsteller
Vince Edwards, Carol Ohmart, Tamar Benamy, Efren Reyes, John Wallace
Regie
John Cromwell
Farbe
s/w
Laufzeit
79 min
Bildformat
Vollbild
Hong Kong: Im Hafen der Metropole unter britischer Herrschaft sitzen der US-amerikanische Schmuggler Stuart Allison (Vince Edwards) und sein Partner Puan (Efren Reyes) in einer Bar und begießen Stuarts Ausstieg aus dem gemeinsamen Geschäft, nachdem er seinen Anteil an Puan verkaufte. Der US-Amerikaner ist über das Verschwinden seiner Ehefrau Marion (Carol Ohmart) vor 6 Jahren in Tokio nie hinweggekommen und will deshalb Hong Kong verlassen und die Geliebte suchen. Als Allison zufällig aus dem Fenster blickt, glaubt er seinen Augen nicht zu trauen und rennt zum Anlegeplatz der Fähre nach Macao… Doch es ist zu spät. Marion Allison hat das Schiff betreten, welches in diesem Augenblick ablegt, und lediglich ein barhäuptiger Chinese im hellen Anzug, Casimir O’Hara (Vic Diaz), der auf dem Achterdeck der Fähre an einer Zigarre zieht, beobachtet interessiert, wie Stuart Allison mit mehreren Hafenarbeitern und dann mit zwei Polizisten in eine Rauferei gerät. Auf dem Präsidium erklärt der diensthabende Polizeiinspektor (Eddie Infante) Allison und Puan, dass er sowohl für Schmuggler nichts übrig als auch von den Eskapaden des Amerikaners die Nase voll habe. Dies sei das letzte Mal, dass jener glimpflich davonkomme… Stuart Allison schifft sich nach Macao ein, wo er am Abend in einer ihm bekannten Bar am Tresen aufschlägt. Kaum angekommen, zeigt sich auch O’Hara in der Tür, der beim Anblick Stuart Allisons gleich wieder verschwindet. Doch jener folgt ihm in die tropische Nacht…
“A man can store up a great deal of hate in six years. Is that the way you feel about her?” John Cromwell war ein erstklassiger Regisseur. Seine Film Noirs Ein Mensch verschwindet / Späte Sühne (USA 1947) und Frauengefängnis (USA 1950) gehören zu den Klassikern. Dann feuerte ihn Howard Hughes, Inhaber von RKO Radio Pictures, bei Gangster / Das Syndikat (USA 1951) und vermurkste in der für Hughes typischen Weise den fertigen Film vollständig. Der acht Jahre später in Hong Kong und auf den Philippinen entstandene The Scavengers wurde der vorletzte Film des damals 61jährigen John Cromwells. Doch davon hätte er besser die Finger gelassen. Sowohl die Charaktere und Dialoge nach Eddie Romeros Drehbuch und das Schauspiel aller Beteiligten (mit Ausnahme Richard Loos und Vic Diaz’) als auch die Dramaturgie ist beizeiten am Rande der Zumutung. So werden die vom philippinischen Kameramann Felipe Sacdalan bei Tag und Nacht teils exzellent eingefangenen Schauplätze der fernöstlichen Metropolen Hong Kong und Macao verschenkt, ebenso wie die Leistungen Loos und Diaz’, die den lausigen Flickentepich von Klischees auf dem Niveau eines Heftromans nicht retten können. Als erfahrener Freund des Film Noirs weiß man den Dreh an Originalschauplätzen und eine sauber inszenierte Low-Key-Optik zu schätzen. Doch alle Versuche meinerseits, dem Film in der zweiten Hälfte so etwas wie eine eigenständige Qualität abzugewinnen, schlugen fehl. Vince Edwards stolpert uninspiriert stoisch durch die eigentümlich öde Lebensgeschichte Stuart Allisons und auch die beim US-Publikum beliebte Carol Ohmart zeigt enorm wenig Talent. Das Schauspiel Tamar Benamys spottet jeder Beschreibung und ist bestenfalls noch eine Lachnummer.
Einige Jahre zuvor hatte Josef von Sternberg für RKO den Film Noir Macao (USA 1952) gedreht, komplett in Studios in Hollywood. Auch er wurde von Howard Hughes entthront; die finale Fassung von Macao ist trotz Starbesetzung öde und altbacken. Der von einer Hingabe zu Asien getriebene Samuel Fuller drehte Tokio-Story (USA 1955) vor Ort in Japan. Sein Film profitierte als Remake von Straße ohne Namen (USA 1948) zwar von den Schauplätzen, nicht aber von einer hochwertigen Geschichte. John Cromwells obskurer Nachzügler zeigt, dass sich nach Ende der McCarthy-Ära der klassische Film Noir im gleichen Maß wie das Studiosystem Hollywoods überlebt hatte. Die Bildästhetik und die narrativen Elemete des Filmstils wurden jetzt für TV-Serien mit Privatdetektiven als Serienhelden wie z.B. Peter Gunn (USA 1958-1961) und Johnny Staccato (USA 1959) oder für billigste B-Filme ausgeschlachtet, von denen auch The Scavengers einer war. An der Schwelle zu den Sixties gab es kaum Kinofilme, die die Relevanz der Gegenwart nochmals mit den Stilmitteln des Gestern in Einklang brachten, wie es etwa Robert Wise mit Wenig Chancen für morgen (USA 1959) gelang. Das Studio RKO existierte längst nicht mehr, Hughes hatte es in den Ruin gewirtschaftet. Robert Siodmak und Fritz Lang waren nach Europa zurückgekehrt, John Brahm und Joseph H. Lewis zum Fernsehen übergelaufen und Nicholas Ray und John Cromwell hörten einfach auf. The Scavengers ist nicht der subtil subversive Nachruf auf eine Ära, wie das auf Exlosion des Schweigens (USA 1961) zutrifft, sondern bloß eine Fußnote des Niedergangs. Schade.
Es gibt eine solide DVD (2003) von Hemisphere Entertainment, Inc. mit dem Film ungekürzt im Originalformat, einer halbwegs guten Bild- und Tonqualität, dazu englischen Ton ohne Untertitel, den Kinotrailer als Extra.