Film Noir
| USA
| 1956
| Frank Tuttle
| John F. Seitz
| Alan Ladd
| Anthony Caruso
| Brian Donlevy
| Charles Cane
| Edmond O'Brien
| Harlan Warde
| Raymond Burr
| Richard Anderson
| Irene Hervey
| Natalie Wood
Bewertung
***
Originaltitel
A Cry In The Night
Kategorie
Film Noir
Land
USA
Erscheinungsjahr
1956
Darsteller
Edmond O’Brien, Brian Donlevy, Natalie Wood, Raymond Burr, Richard Anderson
Regie
Frank Tuttle
Farbe
s/w
Laufzeit
75 min
Bildformat
Vollbild
© Warner Bros.
”Well, there it is… a city. Could be your town or my town”, informiert der Erzähler (Alan Ladd) beim Blick übers nächtliche Los Angeles aus der Perspektive des in den Hügeln gelegenen Lover’s Loop. Hier parken Autos und Motorräder von Teenagern und Twens, hier werden Schwüre geflüstert und Küsse gewechselt. Auch Elizabeth Taggart (Natalie Wood) und Owen Clark (Richard Anderson) sitzen vor Ort in seinem Cabriolet und sprechen darüber, wann sie heiraten werden und wann Elizabeth ihn ihrer Familie vorstellen wird. Niemand der Anwesenden bemerkt den im Gebüsch verborgenen Harold Loftus (Raymond Burr), der ebenso konzentriert wie verwirrt auf die Szenerie am Lover’s Loop starrt und - von den Scheinwerfern eines abfahrenden Wagens geblendet - sich noch tiefer ins Dickicht zurückzieht. Als er in der Nähe des Wagens von Owen und Elizabeth steht, verrät er sich durch seinen herunter fallenden Lunchkoffer und flieht. Aber mit der Taschenlampe in Händen steigt Owen Clark aus, stellt Harold und fragt ihn, was er hier zu suchen habe. In dem Augenblick, da Elizabeth nach ihm ruft, schlägt der scheinbar so verängstigte Harold ihn mit seinem Koffer brutal nieder. Elizabeth springt hinzu, schreit um Hilfe, aber auch sie macht Harold jetzt unschädlich, bevor er sie zu Owens Wagen trägt und von dannen fährt. Ein junger Mann (Ron Hargrave) auf einem Motorrad und seine Freundin (Rosemary Edelman) hörten zwar die Hilferufe, doch in Lover’s Loop kann man so etwas eben nie ganz ernstnehmen…
1956 waren es über zehn Jahre, seitdem der Film Noir im Anschluss an den Zweiten Weltkrieg jene tiefe und unauslöschliche Verunsicherung in den Gesellschaften (vor allem) der westlichen Hemisphäre mitbezeugte. Und die Generation seiner Protagonisten war endgültig in Amt und Würden angekommen. Edmond O’Brien hatte in Robert Siodmaks Rächer der Unterwelt / Die Killer (USA 1946) sein Debüt im Film Noir gegeben, Raymond Burr in Anthony Manns Desperate (USA 1947) und Brian Donlevy bereits in Stuart Heislers Der gläserne Schlüssel (USA 1942) nach Dashiell Hammett. Als eine Art Gimmick gibt es hier sogar Alan Ladd, seinerzeit mit Donlevy in Der gläserne Schlüssel und unter Heisler in Die Narbenhand (USA 1942), - beide auch mit Veronica Lake - als unsichtbaren Erzähler aus dem Off. Aber O’Brien, der in Ida Lupinos The Hitch-Hiker (USA 1953) noch ganz munter gewirkt hatte, ist mit 40 Jahren sichtbar verfettet und gealtert. Donlevy erscheint mit 55 so routiniert hölzern wie bereits zuvor in Joseph H. Lewis’ Geheimring 99 (USA 1955). Es ist Burr, - allein 1956 trat der 39jährige in 12 verschiedenen Film- und TV-Produktionen auf - der Ein Schrei in der Nacht sein Flair verleiht und ihn überhaupt sehenswert erscheinen lässt. Natalie Wood, die mit 17 Jahren im Anschluss an ihren Überraschungserfolg in Nicholas Rays …denn sie wissen nicht, was sie tun (USA 1955) hier in einer ähnlichen Rolle auftritt, ist zwar um Ausdruck bemüht, doch die Raffinesse späterer Darstellungen lässt sie bestenfalls erahnen. Und O’Brien, der nach 20 Minuten überhaupt das erste Mal auftaucht und der in unterschiedlichen Rollen viele Film-Noir-Klassiker bereicherte, wirkt in diesem Spätwerk des Kanons tendenziell uninspiriert.
© Warner Bros.
Vor allem aber überzeugt Tuttles Inszenierung nicht, was den Film trotz seiner Spielzeit von nur 75 Minuten zu einer zähen Sitzung werden lässt. Eine bloße Ohrfeige setzt Elizabeth Taggart für eine gefühlte Ewigkeit außer Gefecht. Hm… Owen leidet beim Erwachen an Gedächtnisverlust, der sich im Gespräch mit Captain Ed Bates (Brian Donlevy) in Sekundenschnelle erledigt. Hm… Der Motorradfahrer findet Owen und versucht ihn mit Whisky wiederzubeleben, verschüttet grundlos die Hälfte und schmeißt ebenso grundlos die Flasche weg. Hm … In Anbetracht einer offenen Tür in zwei Metern Entfernung bringt Elizabeth in 50 Sekunden und in Abwesenheit ihres Kidnappers keinen überzeugenden Fluchtversuch zustande. Hm… All das ist unausgegoren und für die Zuschauer im Nu zu durchschauen, die sich über Frank Tuttles Schlampigkeit zuletzt ärgern müssen. Mit Blick auf die Besetzung und das Potential bleibt die Verfilmung des Romans All Through The Night (EA 1955) von Whit Masterson damit eine Enttäuschung. Und trotz der Kameraarbeit von John Seitz im nächtlichen Los Angeles und trotz Raymond Burrs Porträt eines psychisch instabilen Mannes ist Ein Schrei in der Nacht bestenfalls eine Vorstudie zu Filmen wie Alfred Hitchcocks Psycho (USA 1960) oder Blake Edwards Der letzte Zug (USA 1962), die mit ähnlichen Verwicklungen doch mit weit besseren Dialogen und Regiekünsten aufwarten.
Es gibt meines Wissens bis dato nur eine spanische DVD-Edition (2015) dieses heute obskuren Werks und zwar von Cine Studio, bild- und tontechnisch einwandfrei und ungekürzt im Originalformat mit dem original englischen Ton und einer spanischen Synchronisation, dazu optional spanische Untertitel.