Pre Noir
| USA
| 1937
| Fritz Lang
| Barton MacLane
| Henry Fonda
| Jack Carson
| Jerome Cowan
| Jonathan Hale
| William Gargan
| Sylvia Sidney
Bewertung
****
Originaltitel
You Only Live Once
Kategorie
Pre Noir
Land
USA
Erscheinungsjahr
1937
Darsteller
Henry Fonda, Sylvia Sidney, Barton MacLane, Jean Dixon, William Gargan
Regie
Fritz Lang
Farbe
s/w
Laufzeit
82 min
Bildformat
Vollbild
Joan Graham (Sylvia Sidney) arbeitet als Sekretärin für den Verteidiger bei Strafprozessen Stephen Whitney (Barton MacLane). Gegen dessen Rat und gegen den ihrer Schwester Bonnie (Jean Dixon) liebt sie Eddie Taylor (Henry Fonda), einen Kleinkriminellen, der im Gefängnis sitzt. Als Chef und als Freund hilft Whitney, Taylor auf Bewährung frei zu kriegen. Jener heiratet Joan und nimmt einen Job als Lastwagenfahrer an, den er aus eigener Schusseligkeit aber wieder verliert. Zu gleichen Zeit findet ein Bankraub mit Todesopfern statt, der Eddie Taylor zur Last gelegt wird. Der trägt sich mit dem Gedanken zu fliehen, aber Joan kann ihn überzeugen, sich der Polizei zu stellen. Aufgrund von Indizienbeweisen und der Voreingenommenheit der Jury wird Taylor zum Tod auf dem elektrischen Stuhl verurteilt. In der Nacht vor seiner Hinrichtung wird überraschend der wahre Schuldige festgenommen und auf Eddie Taylor wartet die Freiheit. Doch in Unkenntnis dessen begeht Eddie eine Verzweiflungstat mit unabsehbaren Folgen für ihn selbst und für Joan…
Nach Blinde Wut (USA 1936) befasst sich Fritz Lang erneut mit dem Rechtssystem und den Lebensumständen in seiner Wahlheimat USA, wohin er nach Machtübernahme der Nationalsozialisten via Frankreich ausgewandert war. Wieder mit Sylvia Sidney in der weiblichen und mit dem jungen Henry Fonda in der männlichen Hauptrolle kreiert er eine frühe Version des Bonnie-and-Clyde-Themas mit zwei Liebenden auf der Flucht vor der Ordnungsmacht des Staates. Das Interessante: noch mitten in den Dreißigern nach einem Drehbuch von Gene Towne und C. Graham Baker gedreht, ist Gehetzt / Du lebst nur einmal kein Gangsterfilm sondern ein dem poetischen Realismus Frankreichs verwandtes Sozialdrama, das deutlich Züge der für den Film Noir typischen Themenkreise und Stilelemente aufweist.
Auf sich gestellt, gesellschaftlich stigmatisiert und via Vorurteil zum ewigen Außenseiter gestempelt, zutiefst einsam und am Ende verzweifelt – das ist der Film-Noir-Prototyp Eddie Taylor, der von einer Flucht in die nächste stürzt, da er von den Rotten des Staates gehetzt wird. Für die Bilderwelt seiner Themenkreise greift Lang gekonnt auf die Mittel des Expressionismus’ zurück, bringt ein schattenreiches Schwarzweiß sowie für die Zeit ungewöhnliche Close-ups und Kameraeinstellungen, die den Zuschauer seine Wirklichkeit mit anderen Augen sehen lehren. Als Vorreiter des Film Noirs - und später einer seiner Hauptvertreter - zeigt Fritz Lang schon hier, wohin der Weg führen wird. Noch vor dem restriktiven Hays Code der Vierziger konnte Lang in Blinde Wut und Gehetzt / Du lebst nur einmal eine überraschend offene Sozialkritik üben, die bis auf Ausnahmen (Force Of Evil, USA 1948) erst wieder ab den Sechzigern so zu sehen war.
Eine erstklassige deutsche DVD-Ausgabe von Arthaus / Studiocanal (2007) mit einem topp restaurierten Bild, guten Tonspuren in den Sprachen Deutsch und Englisch sowie optional deutschen Untertiteln. Die Extras sind nicht ganz so hochwertig, für einen Film dieses Alters jedoch eine dankenswerte Ergänzung. Unbedingt zu empfehlen!