Michael O’Shea, Nancy Coleman, Sheldon Leonard, Emory Parnell, Peter Whitney
Die 3900 Adams Avenue, Los Angeles, so lautet die Adresse der United Defenders, einer vom erzreaktionären True Dawson (Emory Parnell) geleiteten Organisation, welche Veteranen des Zweiten Weltkriegs um sich schart und vorgibt für deren Rechte einzustehen. Doch im Kellergeschoss des Hauptquartiers gehen andere Dinge vor sich. Dawsons Männer fürs Grobe namens Fred Stalk (Sheldon Leonard) und “Joker“ Robinson (Peter Whitney) kümmern sich um das Mitglied Joe Donahue (Jimmy Clark), welcher Verdacht schöpfte und auf eigene Faust Recherchen zu den United Defenders anstellte. So bekam er heraus, dass True Dawson nicht unter seinem wirklichen Namen auftritt, dass er ein Krimineller ist, der im Gefängnis saß, und mithilfe seiner rechten Hand Fred Stalk die Organisation und deren zahlungswillige Kriegsverteranen und sonstige US-Bürger zum Zweck der eigenen Bereicherung nutzt. Jetzt liegt er zusammengeschlagen zwischen den Gangstern auf dem Kellerboden und muss um sein Leben fürchten. Dass die Tarnung der United Defenders durch einen Einzelnen auffliegt und deren Kern entblößt, wird die Organisation – “We stand for justice, freedom and democracy.“ steht auf einer Wandtafel im Hauptsaal – nicht hinnehmen. Daher weist Stalk den Joker an, Donahues Leiche so zu verbergen, dass sie nicht schnell gefunden werde… Im Erdgeschoss nimmt die freundliche Sekretärin Ann Mason (Nancy Coleman) Telefonate entgegen. Begeisterte Zuhörer strömen aus einer von True Dawsons Versammlungen…
”We‘ll get’em young and tough. The kind that’s already wearing a chip on its shoulder. And then we’ll prime them for the pay-off. We’ll prime them with hate. Hate for labour, hate for management, hate for the party that’s in, hate for the party that’s out.” Demagogie und Manipulation, darum geht es in Jack Bernhards deutlich politisch motiviertem Film Noir und auch das Drehbuch von Lewis Lantz und Stanley Rubin macht keinen Hehl daraus. Es ist teils erschreckend, wie die fast achtzig Jahre alten Slogans und Parolen denen der ultrarechten internationalen Netzwerke und erzkonservativen politischen Parteien im Hier und Heute gleichen. Die Phrasen und Versprechungen sind die immergleichen geblieben, fokussieren hauptsächlich auf Ablehnung und Verneinung und speisen sich aus Sozialneid und dem banalen Nationalismus, wie er heute wieder salonfähig ist: ”United Defenders proclaim America for Americans only.” Auch das postuliert eine Wandtafel in diesem B-Film des Jahres 1947, und es klingt wie ein Statement aus dem Wahlprogramm der Republikanischen Partei der USA des 21. Jahrhunderts. Wer True Dawson sieht und ihm zuhört, kann in dessen Rhetorik und Körpersprache sowohl Adolf Hitler als auch Donald Trump wiedererkennen, und es bleibt uns überlassen zu berurteilen, ob das ein Zufall ist oder nicht. Die Demütigung für reale Akteure und ihre Anhänger besteht darin, dass in Violence punktgenau deutlich wird, wie einfach derlei Bauernfängerei damals war und heute ist, wie naiv und geradezu dämlich Menschen sich erweisen, packt man sie nur mittels einer Rhetorik, die innerste Ängste und Begierden spiegelt. Allerdings wissen Stalk und Dawson nicht, dass Ann Mason tatsächlich Ann Dwyer heißt und für das Wochenmagazin View in Chicago arbeitet, dem sie Fotos und Informationen für die breit angelegte Enttarnung der kriminellen Organisation United Defenders liefert. Genau damit beginnt die Geschichte von Jack Bernhards Film Noir Violence, der nicht besser hätte betitelt sein können.
“The political smarts of Violence don't translate to its surface logic”, schreibt Glenn Erickson für DVD Savant und das ist richtig. So präzise und lebendig der Film True Dawson in der Verkörperung durch Emory Parnell in Szene setzt, so sehr unterlaufen ihm andernorts Schnitzer. Die investigative Journalistin Ann Dwyer reist unter einem Vorwand per Zug nach Chicago, will sich mit ihrer Redaktion treffen und wird vom Bahnhof aus von einem Steve Fuller (Michael O’Shea) verfolgt. Als ihr Taxi versucht den Verfolger abzuschütteln, kommt es zu einem Unfall und Ann Dwyer landet verletzt (und ohne Papiere) im Krankenhaus, wo sie an Amnesie leidet. Steve Fuller spielt fortan ihren vermeintlichen Verlobten, begleitet sie zurück zu den United Defenders nach Los Angeles, etc. pp. Hier erscheint vieles kaum plausibel. Weder Fullers plötzliche Vormundschaft noch die Abwesenheit der Zeitungsredaktion, auch nicht Anns Umgang mit der Amnesie oder mit den Ganoven vor Ort in Los Angeles, wo sie zu sehr um einen lockeren Ton bemüht ist, konnten mich überzeugen. Violence ist allemal eine Kuriosität des Film Noirs, ein Werk, das neben Edward Dmytryks Kreuzverhör (USA 1947) und John Reinhardts Open Secret (USA 1948) couragiert auf die politischen Fallstricke und Abgründe in den USA der Nachkriegszeit hinwies und nicht zuletzt deshalb Freunden des Filmstils noch heute zu empfehlen ist.
Einzig und allein in der Warner Archive Collection (weltweit abspielbar) erschien eine bild- und tontechnisch gute DVD-R (2012) und in dem Fall in einer wirklich restaurierten Fassung mit dem englischen Originalton ohne Untertitel und (wie immer in solcher Reihe) ohne Extras.