Audie Murphy, Charles Drake, Joan Evans, Virginia Grey, Warren Stevens
© Universal-International Pictures Inc.
In der Weite der Landschaft wird ein Reiter (Audie Murphy) sichtbar, der auf seinem Rappen auf eine Farm zutrabt. Der Hund schlägt an und der Eigentümer des Hauses (Guy Wilkerson), der den Achszapfen eines Wagens mit Öl schmiert, sieht dem Fremden mit Misstrauen entgegen, ebenso wie seine Frau (Fern Barry). Der Ankömmling erkundigt sich nach dem Weg Richtung Lordsburg und der Farmer gibt ihm Auskunft, dann reitet er weiter… Bei seiner Ankunft kommt der Fremde, dessen Name John Gant und dessen Beruf Auftragsmorde sind, an der Schmiede von Asa Canfield (R.G. Armstrong) vorüber, wo dessen Sohn Luke (Charles Drake), der Arzt des Ortes, seinem Vater hilft ein Eisen zu plätten. Als Gant weiterreitet und den lahmenden Vorderhuf seines Rappen beäugt, wird er seinerseits von Lou Fraden (Warren Stevens) in Augenschein genommen. Vor dem Soledad Hotel & Saloon seines Inhabers Henry Reeger (Simon Scott) steigt John Gant vom Pferd und winkt einen Jungen (Hugh Corcoran) herbei, der mit einer Kröte spielt, die er an einem Faden angebunden hat. Er drückt dem Kind eine Münze in die Hand und trägt ihm auf, sein Pferd zum Schmied zu führen und beschlagen zu lassen. Dann greift er sich seine Satteltaschen und betritt den Saloon, wo der Barkeeper Sid (Charles Watts) hinterm Tresen Gläser spült. Gant mietet ein Zimmer und als er Sitz seinen Namen nennt, wird die anwesende Pokerrunde einiger Honoratioren des Städtchens unter dem Vorsitz Henry Reegers plötzlich hellhörig…
”You killed him.” – “You're wrong, Physician. He started killing himself long before I ever got here.” Ein allseits bekannter Auftragskiller reitet in eine Kleinstadt, mietet sich im dortigen Hotel ein Zimmer und dann passiert erstmal… gar nichts. Sheriff Buck Hastings (Willis Bouchet) kann nichts gegen ihn unternehmen, da sich Gant nie eines Verbrechens schuldig machte, sondern seine Gegner immer derart provozierte, dass deren Tötung im Auftrag Dritter stets zu einem Akt der Selbstverteidigung wurde. Aber jeder im Ort weiß oder meint zu wissen, dass John Gant nicht grundlos in Lordsburg ist, und die meisten jener, die über ein mögliches Ziel oder auch Opfer des Killers spekulieren, haben Grund selbst nervös zu werden. Genau das ist, was folgt, indessen der Mann, über den sich die Kleinstadt fortwährend das Maul zerreißt, in Ruhe Kaffee trinkt oder mit Dr. Luke Canfield eine Partie Schach spielt. John Gant, selbstbeherrscht und asketisch, hat sich vollständig in der Gewalt. In Debatten über die Moral seines Tuns weiß er seine Gesprächspartner zu verblüffen und zeigt sich im Vergleich zu manchem der ehrenwerten Bürger des Ortes als kühl und kultiviert. Gant ist, mit einem Wort, eine Art Dämon, der aus dem Nichts in die Stadt reitet und die Bürgersleute in ihrer qua Gesetz und dank Gewohnheiten geschaffenen Allerweltsmoral aufschreckt und bedroht. Er pflanzt Argwohn und Misstrauen in die Männer, die sich gegenseitig verdächtigen oder selbst fürchten, den todbringenden Rächer einer unsichtbaren Partei in die Stadt geführt zu haben. Denn jeder von ihnen hat Dreck am Stecken und jeder hat aus diesem Grund Feinde, die ihm womöglich nach dem Leben trachten… Wen diese Dynamik einer Gemeinde an die Psychologie von Fred Zinnemanns 12 Uhr mittags (USA 1952) erinnert, liegt richtig. Aber Jack Arnolds B-Western ist für sich genommen eine Perle des Genres und trotz Farbe und Breitwandformat von der nachtdunklen Tönung des Film Noirs getränkt.
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“While most westerns benefit from (…) evocative landscapes, the fact that the action here rarely leaves the streets of the backlot serves to enhance the feeling of the residents being trapped by fate”, schreibt Colin über Auf der Kugel stand kein Name für Riding the High Country und nennt damit einen zentralen Aspekt, der die Nähe zum Film Noir begründet. Für mich ist es vor allem die Zeichnung von Recht und Unrecht, Gut versus Böse, Gesetzeshüter oder Gesetzesfeind, die mit Fortschreiten der Handlung in Auflösung begriffen ist und alles und jeden in ein Licht der Zweideutigkeit taucht. Der Drehbuchautor Gene L. Coon hatte bereits bei Des Teufels Lohn (USA 1957) mit Jack Arnold zusammengearbeitet, ebenfalls ein Film auf dem Grat zwischen Western und Film Noir, der mit vielschichtiger Charakterzeichnung und Gesellschaftskritik punkten konnte. Dort sind Jeff Chandler und Orson Welles die Kontrahenten. Dass in Jack Arnolds Noir Western Auf der Kugel stand kein Name ausgerechnet Audie Murphy eine von ihrem lakonisch-kühlen Charakter gezeichnete Verkörperung John Gants liefert, die seinem Image widersprach und ihn über sich hinauswachsen lässt, ist erstaunlich. Die B-Produktion ist ein sehenswerter, couragierter Film seiner Zeit, der bemerkenwert gut gealtert und Freunden klassischen Kinos jenseits der üblichen Klischees unbedingt zu empfehlen ist.
Via Koch Media GmbH gibt es eine deutsche Neuausgabe auf BD (2017), bild- und tontechnisch exzellent restauriert, auch ungekürzt und im Originalformat, mit der englischen Tonspur und mit der deutschen Kinosynchronisation, optional deutsche Untertitel, dazu den US-Kinotrailer und eine Bildergalerie als Extras. Zuvor war der Film bereits in einer ebenfalls von der Koch Media GmbH veröffentlichten 3-DVD-Box mit dem Titel Jack Arnold Western Collection (2008) und dann erneut in der preiswerten 10-DVD-Sammlung Zehn Halunken für ein Halleluja (2016) veröffentlicht worden, jeweils allerdings ohne Untertitel und ohne Extras.