Nicole Kidman, Sebastian Stan, Toby Kebbell, Tatiana Maslany, Bradley Whitford
© Concorde Home Entertainment GmbH
Los Angeles, Kalifornien: Als der Polizeifunk die Entdeckung eines unbekannten Toten durchgibt, steigt LAPD Detective Erin Bell (Nicole Kidman) aus ihrem Wagen und schlurft einen staubigen Weg entlang in Richtung des fernab von Wohnhäusern, in der Nähe einer Überführung gelegenen Tatorts. Dort warten Detective Kudra (Colby French) und Detective Gavras (Natalia Gordova-Buckley) von der lokalen Polizeibehörde, die von Bells Erscheinen nicht begeistert sind. Die magere, wortkarge Polizistin Bell sieht mitgenommen aus, so als habe sie viele durchzechte Nächte hinter sich. Sie inspiziert die Leiche, nimmt eine der Dollarnoten mit ihren violetten Einfärbungen zur Hand und macht sich auf Geheiß der Kollegen von dannen. Sie wisse vielleicht, wer der Täter sei, raunzt sie zum Abschied; auf Kudras Nachhaken zeigt sie ihm jedoch den Mittelfinger und verschwindet… Mit einem Automatenkaffee im Plastikbecher erscheint Bell im Präsidium und öffnet einen an sie adressierten Briefumschlag. Er enthält einen Geldschein, der durch den violetten Staub eines Alarmpakets unbrauchbar gemacht wurde. Sie steckt die Note in eine Plastiktüte für Beweismittel und begibt sich ins Wilshire Federal Building im Westen der Stadt, der hiesigen Zentrale des FBI. Sie trifft Agent Gil Lawson (Toby Huss), der mit Bells Geschichte wohl vertraut ist. Erin erklärt ihm, dass Silas (Toby Kebbell) wieder aufgetaucht sei und er ihr jene Banknote zukommen ließ, über deren Herkunft sie mit Lawsons Hilfe Gewissheit erlangen möchte…
“Destroyer could earn Nicole Kidman some consideration for an Oscar nomination and the gritty neo-noir storyline about obsession, guilt, and betrayal is worthwhile for those who appreciate the genre“, schreibt James Berardinelli für ReelViews und die nüchterne Feststellung ist ein guter Einstieg in die Reflektion über einen Film, der weit mehr als nur das ist. Karyn Kusamas Drama ist eine Charakterstudie vom Feinsten, aber die Bilder der für die Darstellung der Erin Bell in zwei zeitlich 17 Jahre auseinander liegenden Lebensphasen jeweils durchs Maskenbild und auch einen Gewichtsverlust stark veränderte Nicole Kidman geisterten schon vor der Premiere des Films durch die Medien. Mancher Kritiker hat sich dadurch stark auf die Schauspielerin fokussiert. Der Film wurde (und wird) ihr zugeschrieben, was bei Beteiligung eines Hollywoodstars grundsätzlich eine Gefahr ist, aber hier ist es besonders ärgerlich. So herausragend die darstellerische Leistung Nicole Kidmans auch ist, so sehr basiert die Intensität und Ambivalenz ihres Rollencharakters Erin Bell und der Erzählung im Ganzen auf dem Drehbuch von Phil Hay und Matt Manfredi, die zuvor schon zweifach mit Karyn Kusama zusammengearbeitet hatten, zuletzt bei dem Thriller The Invitation (USA 2015). Dabei ist nicht einmal die Geschichte selbst, die zu Teilen an den von Lili Fini Zanuck, also ebenfalls von einer Frau gedrehten Neo Noir Fieberhaft (USA 1991) denken lässt, im Vordergrund, sondern wie sie sich über eine Laufzeit von 2 Stunden in ihrer Tragik sukzessive enthüllt. Zudem beweisen sowohl die Regisseurin selbst als auch ihre Kamerafrau Julie Kirkwood ein exzellentes Gespür für Schauplätze und die Dramaturgie aller Handlungsfäden.
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“I’m mad, I’m still fucking mad, it’s burned a circuit in my brain.“ Mit Blick auf die Reihe der Filme, die man mit Recht als Tour de Force bezeichnet, ist Destroyer einer von denen, die erstaunlich wenig Sex und Gewalt oder anderweitig ins Extrem geputschte Erregungen benötigen. Dieses Werk ist bedrohlich ruhig und doch ungemein stilsicher, wobei ersteres den vielen, die das Kinoerleben als Adreanlin-Kick verstehen, sauer aufstößt und Kusamas Neo Noir so wie einst Oren Movermans ebenfalls großartiger Rampart – Cop außer Kontrolle (USA 2011) deshalb international viel Schelte hinnehmen muss. Mich hat die Erzählung von A bis Z in den Bann gezogen, ihre Rollencharaktere konnten durch die Bank überzeugen und vor allem haben weder die Autoren noch die Regisseurin im Mittelteil oder gar zum Ende hin geschwächelt, wie das in Anbetracht der Konzessionen an den Publikumsgeschmack und damit die Kinokasse allzu oft der Fall ist. Ja, dieser Film meint es ernst mit seiner Geschichte. Er folgt zeitgenössischen Neo Noirs à la Mélanie Laurents Galveston – Die Hölle ist ein Paradies (USA 2018) oder Wi Ding Hos Cities Of Last Things (TPE/CHN/FRA/USA 2018) und verliert das einmal gesetzte Niveau bis zuletzt nicht aus dem Blick. Wer sich darauf einlassen kann, wird mit einem Meisterstück zeitgenössischen Kinos belohnt, das sich in keiner Sequenz mit Ungenauigkeiten aus der Affäre zieht, sondern seine Figuren schonungslos ihrem Schicksal aussetzt. Und ja… Freunde von Nicole Kidman kommen auf ihre Kosten. Auch sie scheut das Risiko nicht, zeigt sich weit jenseits der für Hollywood typischen Eitelkeiten, wo das Werk eher seinen Stars dient als umgekehrt, und verglüht in dieser Rolle wie einst Christian Bale in Der Maschinist (ESP 2004). Unbedingt ansehen!
Erstklassige BD- und DVD-Editionen (2019) der Concorde Home Entertainment GmbH mit dem Film ungekürzt im Originalformat, mit der original englischen Tonspur (ein Muss!) und der deutschen Kinosynchronisation, optional deutsche Untertitel, dazu ein Making-of, mehrere Interviews, den deutschen und denUS-amerikanischen Kinotrailer als Extras.