Laura Bach, Jakob Cedergren, Lars Mikkelsen, Simon Kvamm, Lars Ranthe
Kopenhagen bei Nacht: Ein Linienbus steuert im Zentrum der Stadt einen Busbahnhof an. Mehrere Passagiere steigen aus, und der einst im Irakkrieg eingesetzte, ehemalige Soldat Kristian Almen (Simon Kvamm) hilft einer jungen Mutter mit ihrem Kinderwagen. Als Almen – in einem dunklen Regenmantel mit der Kapuze tief ins Gesicht gezogen - plötzlich sieht, dass die Rundfunkmoderatorin Maria Meyer (Irina Frankild) durch die Vordertür einsteigt, verlässt er selbst den Bus und begibt sich nach vorn zum Fahrer (Jacob Sebastian Malm). Er stellt sich direkt hinter die Frau und steigt selbst erneut zu, indessen er so tut, als suche er seinen Fahrausweis. Plötzlich zieht er eine Pistole mit Schalldämpfer, ermordet kurzerhand den Fahrer durch einen Schuss in die Brust und schließt die Türen des Busses. Sodann geht er in Richtung des hinteren Fahrzeugteils und tötet systematisch alle der verbleibenden Passagiere. Als er schließlich Maria Meyer erreicht, hebt er seine Waffe zum letzten Mal und richtet sie durch einen Kopfschuss gnadenlos hin… Der bei der Polizei angestellte Psychologe Thomas Schaeffer (Jakob Cedergren) hält seiner Frau Benedicte (Iben Dorner) die Augen zu. Als er die Hände hebt, sieht sie ein Haus in ländlicher Umgebung. Ohne ihr Bescheid zu geben, hat sich Thomas auf einen Job an der Universität beworben und ihn auch erhalten. Jetzt möchte er mit Benedicte und Sohn Johan (Benjamin Brüel) aufs Land ziehen, um im Kreis der Familie sein Privatleben endlich vollauf genießen zu können…
In Deutschland ist der Film unterm Titel Schatten der Vergangeheit nur als abschließender Teil der Fernsehserie Nordlicht: Mörder ohne Reue (DNK 2011) veröffentlicht worden. In Dänemark heißt die gleiche Serie Den som dræber und tatsächlich gingen diesem letzten Fall bereits 5 Episoden in jeweils zwei Teilen voraus, die zusammen ebenfalls Spielfilmlänge ergäben. Ins Kino schaffte es allerdings bloß der sechste, finale Fall von Nordlicht: Mörder ohne Reue und das nur in Dänemark als Den som dræber - Fortidens skygge. Nun ja, die deutschen Kinozuschauer müssen darüber nicht traurig sein. Sowohl die TV-Serie als auch dieser Film bieten eine klischeehafte und altbackene Mixtur, die nicht ansatzweise an ihre Vorbilder und allzu offensichtlichen Einflüsse herankommt. Weibliche Poilzeibeamte sind selten in der Historie des Film Noirs und des Neo Noirs. Figuren wie Marsha Hunt als Mary Ryan, Detective (USA 1949) oder Angie Dickinson als Police Sgt. Suzanne Anderson in Police Woman (USA 1974-1978) waren die Ausnahme und entweder harmlos oder (allzu) “tough“. Die Dänin Laura Bach als Kommissarin Kathrine Ries Jensen ist eher letzteres, nur dass im skandinavischen Raum Sofie Gråbøl als Kommissarin Lund (DNK/NOR/SWE/GER 2007-2012) und Sofia Helin als Kommissarin Saga Norén in Die Brücke - Transit in den Tod (SWE/DNK/GER 2011-2018) die Messlatte weit höher hängten und zwar, was Intelligenz und Scharfsinn betrifft. Kathrine Ries Jensen leistet zur Lösung des Falls nämlich nicht den geringsten Beitrag. Sie ist ausschließlich impulsiv, launisch und hübsch anzusehen, und so soll es wohl auch sein. Die Idee mit dem traumatisierten Kriegsveteranen ist der zweiten Staffel von Kommissarin Lund entlehnt. Ansonsten gibt er es Serienkiller-Klischees aus der Geschichte des Neo Noirs wie Perlen auf der Schnur: von Alan J. Pakulas Klute (USA 1971) über Michael Manns Blutmond (USA 1986) und David Finchers Sieben (USA 1995) bis zu Jane Campions In The Cut (AUS/USA/UK 2003) reichen hier die Assoziationen.
“A polished, workmanlike police procedural that pulls off familiar tropes with clarity and tense momentum, Those Who Kill: Shadows of the Past (…) settles into a steady stream of clichés“, schreibt Simon Forster über diesen Kinofilm und fällt im Ganzen ein mildes Urteil, dem ich mich nicht zur Gänze anschließen kann. Die Kommissarin Jensen verlässt sich ausschließlich auf den ihr zur Seite gestellten Psychologen, der bei Begehung des Tatorts den möglichen Täter sofort als ehemaligen Patienten identifiziert. Die Koinzidenz wird allerdings so unglaubwürdig begründet, dass sie absurd erscheinen muss. Denn Psychologe Schaeffer hat vor acht Jahren (!) eine Zeichnung dieses Patienten gesehen, die er sofort mit der eigens arrangierten Stellung eines Mordopfers im Linienbus in Verbindung bringt. Diese Schlussfolgerung erweist sich natürlich als Volltreffer! Noch dämlicher ist nur der Racheplan eines Vaters, dessen Tochter einst vom Serienkiller ermordet wurde. Jener beschafft sich problemlos die psychologischen Gutachten und Zugang zum Privatleben Schaeffers, bevor er sich als gelernter Bastler von Sprengsätzen entpuppt… Obgleich das Finale eine Überraschung bereithält, die eines Neo Noirs würdig ist, war zu dem Zeitpunkt mein Geduldsfaden längst gerissen. Mit der Brechstange zurecht konstruiert und teils schlecht gespielt, hat diese TV-Produktion weder als Kinofilm noch sonst irgendetwas zu bieten.
Es gibt als Nordlicht: Mörder ohne Reue eine bild- und tontechnisch sehr gute 6-DVD-Edition (2011) der Edel Germany GmbH in Kooperation mit ZDF Enterprises, ungekürzt und im Originalformat, die sowohl die dänische Tonspur als auch eine deutsche Synchronisation beinhaltet, jedoch ohne deutsche Untertitel. Wer lässt sich so etwas einfallen? Die Arroganz, mit der man dem deutschen Publikum das Interesse am O-Ton abspricht, es sei denn die Zuschauer sprechen fließend Dänisch, ist unglaublich. Extras gibt es auch keine, dafür ist der Preis günstig, doch lohnt sich weder Den som dræber - Fortidens skygge noch eine der frühen Episoden.