Barry Newman, Suzy Kendall, John Vernon, Dolph Sweet, Ben Kingsley
Irgendwo im Bundesstaat Louisiana, USA, steht auf einer Brachfläche ein verrosteter Funkwagen der US Army, doch im Inneren gibt es eine funktionierende, moderne Funkanlage. Davor sitzt John Talbot (Barry Newman), Inhaber einer Fluglinie, und spricht mit seinem Bruder Pete und seiner Ehefrau Carolyne, die als Piloten soeben ein Flugzeug Talbots aus Honduras in die USA zurückfliegen. Aber plötzlich sind Schüsse und Schreie zu hören und die Maschine stürzt ins Meer… Drei Jahre später fährt John Talbot in der Mittagshitze aus dem Staub des Tages in eine Kleinstadt in Louisiana und hält vor Johnny’s Country Bar, einer Tankstelle mit Diner. Während der Tankwart sein Cabriolet versorgt, möchte Talbot beim Barkeeper (Ernie Heldman) einen Bourbon bestellen. Jener weist ihn darauf hin, dasss man am Sonntag keinen Schnaps ausschenken dürfe. Talbot reagiert unwirsch, begibt sich hinter die Bar, entringt dem Keeper eine Pistole, als jener sie aus der Registrierkasse nehmen will und kauft eine ganze Flasche Whiskey… Als kurz darauf ein Streifenwagen vorfährt, der Barkeeper hat die Polizei alarmiert, sitzt Talbot in aller Seelenruhe bei einem Sandwich mit Bier, indessen die beiden Polizisten die Bar betreten und von Talbot einen Ausweis verlangen. Es kommt zu einer Schlägerei, bei der Talbot dem einen den Kiefer bricht, doch der andere kann ihn mit gezückter Waffe verhaften. Beim ersten Gerichtstermin macht Talbot Selbstverteidigung geltend, was Richter Mollison (Elliott Sullivan) geradewegs staunen lässt…
“Fear Is The Key (…) can also, with its themes of revenge and godgaming and its convoluted plot, (…) be considered as lying within the noir genre, and indeed as one of the precursors (…) of the modern neonoir subgenre”, schlussfolgert John Grant für Noirish und liegt damit richtig. Seinerzeit vor allem als ein Actionfilm vermarktet, erweist sich der zentrale Charakter John Talbot (anfangs) als ein von seiner dunklen Vergangenheit getriebener Antiheld in einem undurchsichtigen Racheplot. Talbot erscheint als Killer und Kidnapper, der nichts zu verlieren hat und dem es einzig allein um die finale Abrechnung mit seinen Peinigern geht. Wer genau das ist und wie die einzelnen Figuren zueinander in einer Beziehung stehen, wird in der ersten Hälfte in klassischer Manier verrätselt. Der Film beginnt flott und mit jener für die 70er Jahre typischen Unverzagtheit, sich aus den Thriller-Konventionen Hollywoods zu befreien, also mit jener Attitüde “New Hollywoods“, welche die in den USA spielende britische Verfilmung des gleichnamigen Romans (EA 1961) von US-Autor Alistair MacLean für sich vereinnahmt. Erst im Jahr zuvor war sein Hauptdarsteller Barry Newman mit Fluchtpunkt San Francisco (USA 1971) zu einer Ikone eines solch rasanten und anarchistischen Filmschaffens geworden. Eine knapp zwanzigminütige Verfolgungsjagd zwischen dem flüchtigen John Talbot und der Polizei scheint im ersten Drittel des Films geradewegs eine Hommage an diesen Kultfilm zu sein. In Tuchners Angst ist der Schlüssel finden sich Spuren von Mike Hodges’ Jack rechnet ab (UK 1971), François Truffauts Die Braut trug Schwarz (FRA/ITA 1968) und sogar von Anthony Manns Geheimagent T (USA 1948). Letzteres ist aber schon ein Hinweis auf den Niedergang des Films in dessen zweiter Hälfte, wo die Wendungen immer unglaubwürdiger und die Entwicklungen schlicht hanebüchen werden, sobald sich der Antiheld als heroischer Hansdampf in allen Gassen entpuppt. Am Ende ist vom Tempo und der Faszination der ersten Hälfte kaum etwas übrig. Das Finale erbringt, so platt wie in einem James-Bond-Film seiner Zeit, das für den Zuschauer längst vorhersehbare Resultat.
“A sexless, insubstantial movie, but it's fast and clean”, heißt es bei Time Out, aber genau letzteres erwarte ich von einem Thriller jener Jahre nicht. Der Film ist zum Abspann so clever und so dunkel wie ein Comic strip und damit für ein erwachsenes Publikum nicht ernsthaft zu empfehlen. Doch während die Kritiker früher und heute den Film verschmähten, sieht ein aktuelles Publikum in dem seinerzeit gefloppten Streifen gehörig Potential für einen Kultfilm - einen durch die Maschen der Zeit gefallenen, ungeschliffenen Edelstein. Dazu hätte er jedoch an seinen Rollencharakteren arbeiten müssen und sich nicht einzig auf die von den wechselnden Schauplätzen gekennzeichneten Reizflächen seiner Handlung verlassen dürfen. Barry Newman ist als ein vom schmerzlichen Verlust seines Bruders, seiner Frau und seines Sohnes gezeichneter Mann völlig unglaubwürdig. Sein Stoizismus und seine Attitüden des harten Kerls, der einstecken und austeilen kann, reichen bei weitem nicht, um seinem Charakter Kontur und Schärfe zu verleihen. So wie alle Charaktere bis auf den von Dolph Sweet gespielten Privatdetektiv Herman Jablonsky ist Newmans John Talbot eine Figur aus der Drehbuchschublade und das ganze New-Hollywood-Image fällt im letzten Drittel wie ein Kartenhaus in sich zusammen. Fazit: Ein zu Beginn spannender und in der zweiten Hälfte extrem fader Thriller, der nicht weiß woher und wohin, weshalb er trotz Tempo und komplexer Handlung die Ansprüche halbwegs intelligenter Cineasten kaum zu erfüllen vermag.
Sehr gute britische DVD-Edition (2007) von Stududiocanal via Optimum Releasing Ltd. mit dem Film ungekürzt im Originalformat, bild- und tontechnisch sauber restauriert, das Ganze ohne Untertitel und ohne Extras.