Bewertung
***
Originaltitel
Officer Down
Kategorie
Neo Noir
Land
USA
Erscheinungsjahr
2013
Darsteller
Stephen Dorff, Dominic Purcell, AnnaLynne McCord, David Boreanaz, Walton Goggins
Regie
Brian A. Miller
Farbe
Farbe + s/w
Laufzeit
94 min
Bildformat
Widescreen
Bridgeport, Conneticut: Der Polizeibeamte David Callahan (Stephen Dorff) steht vor dem Spiegel, knöpft sein Uniformhemd zu, putzt sich die Schuhe und ergreift seine Dienstwaffe. Heute, so glaubt er, dem seine zweite Chance nichts bedeutet, ist der Tag, an dem er sterben wird… Eine Woche zuvor kniete er beim Opfer einer Vergewaltigung (Kaitlyn Black) auf dem Boden und wurde vom hinter ihm stehenden Randall McCallister (Johnny Messner) aufgefordert, seine Pistole wegzuschleudern, indessen ihn dieser mit seiner bedrohte. Doch Callahan gelang es sich zu befreien, erneut in den Besitz seiner Pistole zu gelangen und den Eindringling im Hof des Anwesens zu überwältigen. Bei der Vernehmung auf dem Revier durch Detective Les Scanlon (David Boreanaz) stellt sich zum Erstaunen von Lieutenant Jake LaRussa (Stepghen Lang) und Captain Joseph Verona (James Woods) heraus, dass McCallister seit 14 Jahren Polizeibeamter ist. Vor einem Jahr hat ihn seine Ehefrau verlassen, seitdem hat er in mehreren Fällen Frauen überfallen und vergewaltigt. Gegen Callahans Absicht will Verona den Fall nicht verfolgen und mit McCallister einen Deal abschließen, um den Ruf seiner Abteilung und der Polizei nicht zu gefährden... Zuhause trifft Callahan auf seine Tochter Lanie (Bea Miller) und seine Frau Alexandra (Elisabeth Röhm). Auch in dieser Nacht wird er von Alpträumen heimgesucht, die ihn mit seiner Vergangenheit als alkoholabhängiger Bulle in Diensten Royce Walkers (Dominic Purcell) konfrontieren…
”If anyone understands the concept of discretion being the better part of valor, that would be you. Wouldn’t it, detective?” In seiner ersten Stunde baut der Film mit einer Vielzahl von Rückblenden aus unterschiedlichen Perspektiven und mit mehreren Sprechern aus dem Off eine Geschichte auf, die seine zentralen Charaktere in komplexen und spannenden Verhältnissen zeigen, die auf mehreren Ebenen nach einer Auflösung verlangen. Letztere hält jedoch nicht ansatzweise das Niveau solcher Verhältnisse und damit der Geschichte im Ganzen. Weder Autor John Chase noch Regisseur Brian A. Miller zeigen ein Vermögen, sich gemäß der gesetzten Standards zu einer konsequenten und damit triftigen Schlussphase durchzuringen. Das Ganze verplätschert im Einerlei eines Showdowns, der in solcher Art an dutzendweise B-Filme ähnlicher Machart erinnert. Mich hat es unmittelbar an John Flynns Der Mann mit der Stahlkralle (USA 1977) und damit mittelbar an Martin Scorseses Taxi Driver (USA 1976) denken lassen, zwei Drehbücher aus der Feder Paul Schraders. Dessen Regiedebüt Hardcore – Ein Vater sieht rot (USA 1979) findet sich hier ebenfalls zu Teilen wieder. Der Name Detective Callahans ist wohl eine Anspielung an Dirty Harry (USA 1971) mit Det. Harry Calahan (Clint Eastwood); Royce Walker mag als Hinweis auf John Boormans Point Blank - Keiner darf überleben (USA 1967) mit Lee Marvin als zentraler Figur “Walker“ verstanden werden. Stephen Dorffs Callahan wirkt oft so einsam wie Frank Bullitt (Steve McQueen) in Peter Yates’ Bullitt (USA 1968) – ein Polizist, der gleichermaßen in die Irre geführt wird, um mit seinen Fehlern Anderen zu nutzen. Tatsächlich geht Detective David Callahan, als von mehreren Seiten an seine Ängste und an seine Hoffnungen gerührt wird, in die Falle und löst eine für ihn unvorhersehbare Folge von Ereignissen aus.
Bereits Paul Sheridan (Fred MacMurray) in Schachmatt (USA 1954) und Christopher Kelvaney (Robert Taylor) in Heißes Pflaster (USA 1954) waren korrupte Cops, die händeringend nach dem Ausweg aus einem selbst verursachten Schlamassel suchten. Nachdem Officer Down über den Großteil der Strecke seine Zuschauer zu allerlei Vermutungen einlädt, ist das letzte Viertel leider eine stets noch zunehmende Enttäuschung. Im Reigen der aktuellen Neo-Noir-Filme, die seit ca. 2011 für eine steigende Aufmerksamkeit in Sachen Film Noir sorgen und von denen z.B. Rampart - Cop außer Kontrolle (USA 2011) oder Cold In July (USA 2014) ähnlich gelagert sind, sticht Officer Down nicht sonderlich heraus. Das ist bedauerlich, denn insbesondere vor der Kamera konnte Miller eine Reihe von Talenten aus der zweiten Reihe versammeln, allen voran Stephen Dorff, der fast nie enttäuscht, dazu James Woods, Stephen Lang und Walton Goggins, die alle viel zu selten in hochwertigen Filmen zu sehen sind. Auch wenn in den USA das Blockbusterkino mit seinem CGI-Schrott und der Independentfilm seit Jahren auseinanderdriften, zeigt Officer Down, dass man sich im B-Film häufig noch der Erwartungshaltung eines Mainstreampublikums beugen zu müssen glaubt. Das Ergebnis ist weder Fisch noch Fleisch, und zumindest der Cineast bedauert jene offensichtlichen Möglichkeiten, die auch in diesem Fall ein furchtbar plattes Ende endgültig abwürgt.
Sehr gute deutsche BD- und DVD-Editionen (2013) der KSM GmbH mit dem Film bild- und tontechnisch topp und ungekürzt im Originalformat, wahlweise deutsche oder englische Tonspur, dazu deutsche Untertitel, ein Making of, den Kinotrailer und eine Bildergalerie als Extras. Bloß der Klappentext (mit einer teils falschen Rechtschreibung) warf bei mir die Frage auf, welchen Film der/die Verfasser/in wohl gesehen hat.