Film Noir
| USA
| 1950
| John Farrow
| Nicholas Musuraca
| Claude Rains
| Clifford Brooke
| Harry Shannon
| Jack Kruschen
| Ralph Dumke
| Ray Teal
| Robert Mitchum
| Tol Avery
| Faith Domergue
Bewertung
***
Originaltitel
Where Danger Lives
Kategorie
Film Noir
Land
USA
Erscheinungsjahr
1950
Darsteller
Robert Mitchum, Faith Domergue, Claude Rains, Maureen O’Sullivan, Charles Kemper
Regie
John Farrow
Farbe
s/w
Laufzeit
82 min
Bildformat
Vollbild
© Warner Bros.
San Francisco, Kalifornien: Mit Sirenenlaut rast ein Krankenwagen durch den Abend ins Hospital, wo Dr. Jeff Cameron (Robert Mitchum) auf der Kinderstation eine Patientin (Sherry Jackson) mit einem Märchen zum Schlafen bringt. Er hätte selbst Schlaf nötig, wie die ihm assistierende Krankenschwester Annie (Geraldine Wall) weiß, arbeitet er doch seit über15 Stunden am Stück. Doch als Cameron sich später am Empfang abmelden und zu einem Rendezvous mit seiner Verlobten, der Krankenschwester Julie Dorn (Maureen O’Hara), begeben will, erfährt er nicht nur, dass Julie selbst arbeitet, sondern dass er für einen Notfall gebraucht wird. Dr. Matthews (Stanley Andrews) fängt ihn ab und geleitet ihn zur Notaufnahme, wo eine Patientin (Faith Domergue), deren Identität ungeklärt ist, nach einem Selbstmordversuch auf ihre Behandlung wartet. Dr. Joe Mullenbach (Jack Kelly) hat eine erste Untersuchung bereits abgeschlossen und man fährt die Frau in ein Behandlungszimmer. Auf dem Flur tritt ein unbekannter Begleiter (Gordon B. Clarke) der Frau hinzu und erkundigt sich nach ihrem Zustand. Dr. Cameron weist ihn an, sich zur Verfügung zu halten. Als die Frau später erwacht und sich als Margo vorstellt, zeigt sie gegenüber Jeff Cameron eine ungewöhnliche Dankbarkeit, die auch der anwesenden Julie auffällt. Das versprochene Rendezvous von ihr und Jeff fiel dem Notfall zum Opfer und Margos Begleiter ist nicht mehr vor Ort. Er hat sich aus dem Staub gemacht, ohne etwas zu hinterlassen…
Wie so häufig in Mitchums Jahren bei RKO Radio Pictures Inc. (bis 1954) erlebt der Zuschauer den Filmstar im Modus der Routine - als zuverlässigen Schauspieler, doch weit, weit weg von seinen besten Leistungen. Faith Domergue ist eine jener Darstellerinnen, die mangels Talent aus ihrer ersten Hauptrolle - sie war eine Muse von Howard Hughes, Milliardär und Inhaber von RKO - so gut wie nichts macht und schon Mitte der 50er bei B-Film und TV-Serien endete. Zudem kämpfen die Hauptdarsteller, die gemeinsam keine Chemie entwickeln, mit einem Skript, das ihre Liebesgeschichte zu Beginn in grotesk überhasteter Weise auf die Spur bringt. Der an dritter Stelle genannte Claude Rains hat eine einzige Szene. Maureen O’Sullivan war die Frau von Regisseur John Farrow und mit 39 Jahren sechs Jahre älter als Mitchum, dessen Freundin sie sein soll, indessen sie ihn als Julie stets mit “Doctor“ anredet. Faith Domergue war 13 Jahre jünger als sie und insofern wäre die Story als eine Dreiecksgeschichte komplex, doch versucht sie (wohl deshalb) erst gar nicht, den Konflikt an dieser Stelle zu entzünden. Damit bleibt die Figur der Krankenschwester Julie als klischeebesetzte Leerstelle auf der Strecke… Wie O’Sullivan eine Schauspielerin der Dreißiger so war Charles Bennett in jenen Dreißigern der Autor für Alfred Hitchcock und lieferte u.a mit Der Mann, der zuviel wusste (UK 1934), Die 39 Stufen (UK 1935) und Sabotage (UK 1936) seine besten Leistungen ab. Bennetts Adaption einer Kurzgeschichte von Leo Rosten (Feind im Dunkel / Der weiße Schatten, USA 1946) missrät, insofern deren Zutaten andernorts weit besser verwertet wurden, etwa in Robert Siodmaks Gewagtes Alibi (USA 1948). Auch Robert Mitchum war in The Locket (USA 1946) einer Femme fatale zum Opfer gefallen und es sollte ihm in Otto Premingers Engelsgesicht (USA 1952) erneut widerfahren. Doch sind im Unterschied zu Faith Domergue, die in ihrer Rolle nur ein böses Mädchen ist, in jenen Filmen Laraine Day und Jean Simmons jeweils tolle Schauspielerinnen.
© Warner Bros.
“I didn't fall in love with a woman, I fell in love with a patient.” Auch diesen Satz nimmt, so schön er klingt, nimmt man dem anfangs so souveränen Dr. Jeff Cameron nicht ab. Die Geschichte hakt und hängt an allen Ecken und Enden, könnte allein durch eine vom Wahnsinn beflügelte, stürmisch-pathetische Liebe voran getrieben werden, doch genau die erscheint als unterkühlt und lahm. Was die Sache als B-Produktion eines bereits im Niedergang befindlichen Hollywood-Studios halbwegs beisammen hält, ist die solide Regie John Farrows und vor allem anderen die grandiose Kameraarbeit Nicholas Musuracas, der diesen mediokren Film Noir mit stimmungsvollen und stilsicheren Schwarzweiß-Kompositionen veredelt. In der 50er Jahren sollte die RKO Radio Pictures Inc., die für Klassiker wie Goldenes Gift (USA 1947) und Ring frei für Stoker Thompson (USA 1949) verantwortlich zeichnete, selten nochmals einen nur halbwegs gelungenen Film Noir ins Kino bringen. John Farrow entzweite sich bereits bei dem vollends missglückten Ein Satansweib (USA 1951) mit Howard Hughes, dessen despotischer Kontrollzwang und reaktionäre Gesinnung die weitere Produktion des Studios bestimmen sollten. Außer in Engelsgesicht trat auch Mitchum während seiner weiteren Zeit bei RKO in keinem nennenswerten Film mehr auf. Where Danger Lives ist einer der vielen Film Noirs der Frühfünfziger, der sein Versprechen nie einlöst und auch durch sein so abruptes wie lächerlich klischeehaftes Ende bloß langweilt.
Der Film ist in den USA einer in der 5-DVD-Box Film Noir Classic Collection Vol. 4 (2007) von Warner Bros. und liegt bild- und tontechnisch in exzellent restaurierter Fassung, ungekürzt und im Originalformat, mit dem englischen Ton und englischen Untertiteln auch in mehreren europäischen DVD-Editionen vor, in Deutschland allerdings nicht.