Reporter des Satans

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Film Noir Collection Koch Media GmbH


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Bewertung
*****
Originaltitel
Ace In The Hole / The Big Carnival
Kategorie
Film Noir
Land
USA
Erscheinungsjahr
1951
Darsteller

Kirk Douglas, Jan Sterling, Robert Arthur, Porter Hall, Frank Cady

Regie
Billy Wilder
Farbe
s/w
Laufzeit
107 min
Bildformat
Vollbild
 

 

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© Paramount Pictures
 
Albuquerque, Neu-Mexiko: Hierhin hat es Reporter Chuck Tatum (Kirk Douglas) verschlagen, dessen Reise von New York, wo er ein angesehener Journalist war, eine des Niedergangs war. Alkoholismus, Ehebruch, Verleumdung und andere Taten stehen im Register seiner Biografie, die ihn in die ferne Provinz führte. Immer wieder wurde er wegen solcher Gründe gefeuert, nun ist sein Auto in der Werkstatt und pleite ist er auch. So tritt Tatum eine Anstellung beim Albuquerque Sun Bulletin an, nachdem der redegewandte Städter dessen Chefredakteur Jacob Q. Boot (Porter Hall) von seinen Qualitäten zu überzeugen wusste. Ein Jahr lang arbeitet Tatum so abstinent wie unzufrieden für das Provinzblatt, als er während eines Routineauftrags in der Umgebung zufällig von Leo Minosa (Richard Benedict) erfährt. Der Mann ist auf der Suche nach indianischen Reliquien in einem komplexen Höhlensystem verschüttet worden. Minosas Frau Lorraine (Jan Sterling), die zusammen mit ihm eine nahe gelegene Raststätte betreibt, zeigt Tatum und dem Zeitungsfotografen Herbie Cook (Robert Arthur) den Eingang. Tatsächlich gelingt es, in den Tiefen der Höhle mit Minosa, der sich aus eigener Kraft nicht befreien kann, in Kontakt zu treten. Chuck Tatums journalistisches Gespür wittert die Geschichte seines Lebens, eine, die ihn erneut zum Starreporter werden ließe, sofern er sie exklusiv zu vermarkten imstande wäre. Dafür benötigt er lediglich Zeit, weshalb er mit Sheriff Gus Kretzer (Ray Teal), den er um den Finger wickelt, die Bergungsarbeiten verzögert, um Leo Minosas Story zum Sprungbrett seiner Karriere werden zu lassen…
 
Chuck Tatum in der Verkörperung durch Kirk Douglas ist eine der übelsten Gesellen in der Geschichte des Film Noirs. Und obgleich Reporter des Satans über weite Strecken auf dem platten Land, in der Wüste Neu-Mexikos spielt, ist er deutlich in solcher Tradition angesiedelt. Doch während Joe Morse (John Garfield) in Force Of Evil (1948), Joe Gillis (William Holden) in Boulevard der Dämmerung (1950) oder der unbeherrschte Dixon Steele (Humphrey Bogart) in Ein einsamer Ort (1950) doppelbödige Charaktere von einiger Tragik sind, ist Chuck Tatum bis zum Äußersten egoistisch, aggressiv und ruhmsüchtig. Er ist die von der Kette gelassene Bestie eines zügellosen Kapitalismus’, einzig und allein auf Erfolg und Anerkennung getrimmt, derweil sprühende Intelligenz und redegewandtes Kalkül seine Triebhaftigkeit kaum zu bemänteln vermögen. Tatum hat ein todsicheres Gespür für die Schwächen seiner Mitmenschen, die er gnadenlos ausnutzt. So infiziert er Lorraine Minosa, die ihm für seine Pläne zur willfährigen Mätresse wird und um seinetwillen den Ehemann in der Höhle und ihr dröges Leben in jener Raststätte abseits der Zivilisation zu verlassen hofft. Die ganze Provinz lässt Billy Wilder nach der Pfeife seines Rattenfängers Tatum tanzen, dessen Melodien allen die höchsten Ehren sowie Dollarnoten in Hülle und Fülle versprechen. Nicht zuletzt der überraschende Reichtum durch jene Flut von Schaulustigen, die die Rettungsarbeiten und das Drama um Leo Minosa anzieht wie Schmeißfliegen, überzeugt auch Lorraine Minosa von ihrem künftigen Glück an der Seite eines solchen Mannes. Billy Wilders Reporter des Satans ist eine bitterböse Abrechnung mit dem amerikanischen Traum, mit dessen Wurzeln im Erfolgsdenken und dem Streben nach Ruhm und Anerkennung, für die Chuck Tatum ohne mit der Wimper zu zucken über Leichen geht und die ganze Region mit ihm. Dass das böse Erwachen zuletzt nicht moralinsauer aufstößt, ist Billy Wilders hohem Grad an Selbstreflexion zu verdanken.
 
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© Paramount Pictures
 
Als Autor, Regisseur und Produzent in Personalunion trat Wilder beim Nachfolger seines erfolgreichen Film Noirs Boulevard der Dämmerung (1950) in Erscheinung. Erneut hatte er John Breen von der Zensurbehörde auf den Fersen – doch war dem nur an der Gestalt des Sheriffs gelegen, den er nicht als korrupt im Film haben wollte. Nachdem es dem Erfolgsregisseur gelungen war, auf dem Höhepunkt der McCarthy-Ära ein so radikales und subversives Drama auf Zelluloid zu bannen, ließ es sich aber nicht vermarkten. Derart wider den Zeitgeist war Ace In The Hole (Originaltitel) konzipiert, dass es nicht nur von der Kritik abgelehnt, sondern auch vom Publikum gemieden wurde, das sich der Tortur des Schicksals von Chuck Tatum in jener elektrisierenden Darstellung durch Kirk Douglas nicht aussetzen wollte. Der Film wurde ohne Rücksprache unterm irreführenden Titel The Big Carnival in die Kinos gebracht und wurde Wilders erster Flop. Das heutige Urteil der Kritiker fällt auch in den USA anders aus. 2007 schrieb Roger Ebert für die Chicago Sun-Times aus Anlass der Neuedition als DVD in der Criterion Collection: "Although the film is 56 years old, I found while watching it again that it still has all its power (…) It's as right-now as a sharpened knife." Fazit: Auch dieser (letzte) Film-Noir-Klassiker Billy Wilders ist ein Muss!
 
Exzellente DVD-Edition (2007) der Criterion Collection in den USA (Regionalcode 1), die einfach keine Wünsche offen lässt: bildtechnisch topp restauriert, ungekürzt und im Originalformat, mit dem US-Kinotrailer, einem Audiokommentar von Neil Sinyard, einem Interview mit Billy Wilder und einem mit Kirk Douglas sowie einem Videokommentar von Regisseur Spike Lee und noch weiteren Extras. Eine deutsche Edition liegt nicht vor; lediglich in Spanien erschien der Film vor Jahren im Rahmen der Paramount Collection.
 

Film Noir | 1951 | USA | Billy Wilder | Charles B. Lang | Kirk Douglas | Porter Hall | Ray Teal | Richard Benedict | Jan Sterling

Gespeichert von Thomas (nicht überprüft) am 6. August 2018 - 11:29

Permanenter Link

Der Film ist jetzt endlich auf DVD erhältlich. Leider ohne Extras und nur in deutscher Synchronisation, aber immerhin: besser als nichts.

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