Philip Carey, William Schallert, Ed Kemmer, Virginia Gregg, Gene Nelson
Los Angeles, Kalifornien: Rechtsanwalt David Jordan (James Griffith) hat die reiche Lucille (Virginia Gregg), Tochter des Millionärs Paul Howards (Addison Richards), geheiratet und verwaltet hauptberuflich ihr Vermögen. Als er heute seiner Geliebten Donna Raymond (Barbara Bain) einen Scheck ausschreibt, um der in einem Hotel wohnenden jungen Frau ihren Lebensunterhalt zu finanzieren, spricht diese ihn zum wiederholten Mal darauf an, ob er sich nicht scheiden lassen wolle, damit sie beide fortan zusammen lebten. Aber Jordan ist außer sich, wäre er ohne Lucille, die er durchaus schätzt, doch mittellos. Zugleich ist er von der deutlich jüngeren Donna, die er innig begehrt, gänzlich abhängig. Letztere ist amüsiert und schlägt vor, dass er in dem Fall Lucille beerben müsse. Um sie zu beseitigen, müsse er sich nicht einmal selbst die Hände schmutzig machen, schließlich gäbe es für einen Mord versierte Helfer. David Jordan ist empört, aber Donna küsst ihn und lacht, bevor sie ihm zuflüstert, dass er am besten nicht mehr darüber nachdenke. Derlei solle er getrost ihr überlassen... Als Jordan am Abend im Salon seiner Villa zwei Drinks mixt, eröffnet ihm Lucille, dass sie noch zu ihrem Vater fahren wolle, dem es nicht gut ginge. David ist besorgt und versucht sie umzustimmen, aber sie verlässt das Haus und besteigt ihren Wagen. Darauf hat der etwas abseits parkende Frank Rossi (Marc Towers) nur gewartet. In aller Ruhe folgt er ihr auf die einsame und abschüssige Landstraße, wo er im Auftrag Donnas einen Unfall zu inszenieren hofft…
“We must have gone to different schools... I learned, this is a dog-eat-dog world.” Privatdetektiv Philip Marlowe hatte sein Debüt in Raymond Chandlers Kurzgeschichte Finger Man (EA 1934), die später von ihm zu seinem ersten Roman Der tiefe Schlaf (EA 1939, auf Deutsch 1950) umgearbeitet wurde. Jener wiederum wurde von Howard Hawks mit Humphrey Bogart in der Titelrolle als Tote schlafen fest (USA 1946) für die Kinoleinwand adaptiert. Zu dem Zeitpunkt hatte Edward Dmytryk mit Dick Powell als Marlowe bereits Chandlers zweiten Roman um den Private Eye in Los Angeles, betitelt Farewell, My Lovely (EA 1940, auf Deutsch 1958 als Betrogen und gesühnt), unterm Titel Murder, My Sweet (USA 1944) verfilmt. Beide Werke zählen zum Kernbestand des klassischen Film Noirs und hatten Einfluss auf die Entwicklung des Filmstils im Ganzen. Zusammen mit John Hustons Adaption von Dashiell Hammetts Der Malteser Falke (EA 1930, auf Deutsch 1951) als Die Spur des Falken / Der Malteser Falke (USA 1941) und der Verkörperung des Privatdetektivs Sam Spade durch Humphrey Bogart gelten die Philip-Marlowe-Filme quasi als Initiation des Private Eyes zur Ikone des Film Noirs der 40er Jahre. Sowohl Robert Montgomery in dem von ihm auch als Regisseur inszenierten Film Noir Lady In The Lake (USA 1947) als auch George Montgomery in John Brahms The Brasher Doubloon / The High Window (USA 1947) verkörperten Raymond Chandlers Antihelden erneut. Nach einem von innenpolitischen Turbulenzen und sowohl technischen als auch sozialen Veränderungen gekennzeichneten Jahrzehnt war der Film Noir in den späten 50er Jahren ein Auslaufmodell. Zugleich feierte der Privatdetektiv, den er als Rollenmodell geprägt hatte, im Fernsehen eine Wiederauferstehung. Nach der langlebigen und zugleich primitiven TV-Serie Martin Kane, Private Eye (USA 1949-1953) entstanden in der zweiten Hälfte der 50er reihenweise Serienformate mit einem Privatdetektiv in der Titelrolle – Richard Diamond, Privatdetektiv (USA 1957-1960), Mike Hammer (USA 1958-1959), Peter Gunn (USA 1958-1961) und auch Raymond Chandlers Philip Marlowe (USA 1959-1960) mit Phil Carey in der Nachfolge jener genannten Darsteller der 40er Jahre.
“Take the Philip Marlowe name away and this was just a good TV mystery typical of the time”, schreibt Michael Shonk in seiner exzellent recherchierten Besprechung der Serie für Mystery*File. Tatsächlich lässt sich bei den aktuell einzig verfügbaren zwei Episoden, der ersten mit dem Titel The Ugly Duckling, ausgestrahlt im Oktober 1959, und Murder Is a Grave Affair, der Nr. 23 vom März 1960, nur wenig Raymond Chandler und ebenso wenig Film-Noir-Stil feststellen. Im März 1960 endete die Fernsehserie mit dem Namen des populären Film-Noir-Detektivs schon wieder - nach lediglich 26 Episoden war Schluss. Laut Michael Shonk war Raymond Chandler bei der ursprünglichen Planung der Serie ab 1957 sogar mit von der Partie und sollte als Story-Editor die Abfassung der Drehbücher betreuen. Die Umsetzung jedoch geriet zu einem zähen Hin und Her zwischen verschiedenen Produktionsgesellschaften, und Anfang 1959 verstarb der Schöpfer Philip Marlowes im Alter von 70 Jahren. Hauptdarsteller Philip Carey war für die von Kollegen à la Bogart und Powell bereits definierte Figur des Private Eyes Marlowe keine schlechte Wahl. Er war seit 1951 im Film Noir heimisch geworden, aber sowohl die Drehbücher von Gene Wang als auch die fernsehtypische Produktion in einem im Sonnenlicht gelegenen Los Angeles des gehobenen Mittelstands bieten keine Bühne für einen Marlowe. Als saturierter Mittelständler in Sakko und Bundfaltenhose, ohne Fedora und stattdessen Besitzer einer schmucken Limousine, zeigt sich Philip Careys Privatdetektiv von jenem einsamen und vom Leben gegerbten Zyniker, der des Nachts durchs Fenster seines schäbigen Büros mit Zigarette und Whiskey zur Hand auf den Schmutz des Straße starrt, ganz weit entfernt.
Lediglich die genannten zwei 26-minütigen Episoden erschienen via Smarty Pants Entertainment in der US-amerikanischen DVD-Serie TV Classic Detectives (codefree) und zwar The Ugly Ducklings in deren Vol. 1 (2007) und Murder Is A Grave Affair in der Vol. 11 (2008), ungekürzt und im Originalformat mit der original englischen Tonspur ohne Untertitel, bild- und tontechnisch mittelprächtig, also in keiner Weise restauriert.