Michael Nyqvist, Noomi Rapace, Lena Endre, Sven-Bertil Taube, Peter Haber
Stockholm: In dem Prozess gehen den berühmten investigativen Journlisten und Herausgeber des politischen Journals Millenium, Mikael Blomkvist (Michael Nyqvist), kann dessen Gegner, der Industrielle Hans-Erik Wennerström (Stefan Sauk), einen Erfolg erzielen. Nachdem Blomkvist Wennerström öffentlich diverser krimineller Machenschaften bezichtigte, erwiesen sich die von ihm ins Feld geführten Beweismittel in der Folge als Fälschungen. Mikael Blomkvist wird aufgrund dessen zu einer dreimonatigen Freiheitsstrafe verurteilt, sein Ruf als Journalist ist ruiniert. Bei der Urteilsverkündung sitzt auch die junge Hackerin Lisbeth Salander (Noomi Rapace) im Gerichtssaal, nachdem Dragan Armanskij (Michalis Koutsogiannalis) von Milton Security bei ihr eine Recherche zu Blomkvist in Auftrag gegeben hatte. Dahinter steckte der Rechtsanwalt Dirch Frode (Ingvar Hirdvall), ein Jurist des mächtigen Vanger-Konzerns, der die Untersuchung im direkten Auftrag des Senior-Chefs Henrik Vanger (Sven-Bertil Taube) durchführen ließ. Lisbeth Salander ist der Meinung, dass Blomkvist sich nie etwas habe zuschulden kommen lassen und eine weiße Weste habe und teilt es Frode auch mit… In der Redaktion von Millenium ist man schockiert und fürchtet um den Fortbestand des Magazins. Blomkvist kündigt an zu pausieren und überträgt die Chefredaktion an Erika Berger (Lena Endre), die zwar verheiratet, zugleich seine Geliebte ist. Kurz darauf tritt Dirch Frode an ihn heran und lädt Blomkvist zu einer Unterredung ein...
“Lisbeth Salander was one of the first female noir heroines to share all the qualities of a male noir hero, complete with antisocial personality and an obsession with her job“, schlussfolgert Soraya Roberts in ihrem Artikel It Was a Dark And Snowy Night: How Heroes became Heroines in Nordic Noir Fiction (EA 2013). Tatsächlich ist es für die Erstverfilmung des gleichnamigen Romans von Stieg Larsson (EA 2005) ein zentraler Aspekt, der sich auch in skandinavischen TV-Serien à la Kommissarin Lund (DNK/NOR/SWE/GER 2007-2012) und Die Brücke (SWE/DNK/GER 2011-2018) findet, die mit ihren Ermittlerinnen in komplexen Mordfällen den Erfolg des Nordic Noirs beflügelten. Michael Nyqvist spielt den Journalisten Mikael Blomkvist, als Gallionsfigur des Journals Millenium eine ebenso legendäre wie unbequeme Figur, und wir kennen diesen Antihelden des Film Noirs zur Genüge. Blomkvist ist der einsame Idealist, ein privater Ermittler in den Sphären zwischen Wirtschaft, Politik und Unterwelt, wo die Mächtigen nicht mit sich spaßen lassen und Leute wie ihn durch Gewalt oder durch juristische Tricksereien zum Schweigen bringen. Er ist geschieden und hat eine Affäre mit einer verheirateten Kollegin, er trinkt gern Whisky und wirkt unrasiert, auch wenn er es nicht ist. Liam Neeson, Guy Pearce oder Nick Nolte haben den einsamen Wolf andernorts verkörpert - hier ist es Michael Nyqvist und er macht seine Sache gut. Neu ist Noomi Rapace, die als ehemalige jugendliche Gewalttäterin unter Vormundschaft und als Hackerin eine völlige Außenseiterin ist. Wie die beiden zusammenfinden und aufgrund eines Mordfalls in die nationalsozialistisch geprägte Vergangenheit der Familie eines Wirtschaftskonzerns vordringen, ist die Geschichte von Buch und Film bzw. der ersten zwei Teile einer Fernsehserie, die mit Übersetzung des Originaltitels Männer, die Frauen hassen heißen müsste.
“There is something hokey and familiar about The Girl With the Dragon Tattoo that almost makes you believe it could work“, erläutert Jeremy Heilmann für MovieMartyr.com und bringt implizit seine Enttäuschung über Niels Arden Oplevs Literaturvefilmung zum Ausdruck, die ich teile. Ist die erste halbe Stunde angetan einen in die Filmhandlung einzubeziehen, verflacht die Hatz nach dem Mörder zusehends und wird ab der Hälfte jener in der Fernsehfassung drei Stunden währenden Spielzeit vorhersehbar. Verblendung ist für mich die verwässerte und zugunsten eines Mainstream-Publikums klischeehafte Variante von Søren Sveistrups großartiger erster Staffel der Kommissarin Lund – Das Verbrechen (DNK/NOR/GER 2007), darin eine komplexe Ermittlung sich mit ungemein sorgfältigen Charakterzeichnungen zu einem Meisterstück von hoher Intensität verbindet. Für eine kurze Zeit gewinnt der Zuschauer bei Verblendung den Eindruck, er sei in ähnlichem Fahrwasser unterwegs. Das ist mit Blick auf das unfassbar dämliche Endstück der Filmhandlung jedoch ein Irrtum. Warum der Film international so viele Kritiker überzeugte, ist mir ein Rätsel, ebenso das nochmals deutlich schlechtere US-Remake des seit Jahrzehnten hemmungslos überschätzten David Fincher, dessen The Girl With The Dragon Tattoo (USA/SWE/NOR 2011) die Rollen von Noomi Rapace und Michael Nykvist mit Rooney Mara und Daniel Craig besetzte. In Schweden wurde Stieg Larssons Millenium-Trilogie (EA 2005 bis 2007) von Daniel Alfredson mit Verdammnis (SWE/DNK/GER 2009) und Vergebung (SWE/DNK/GER 2009) vollständig verfilmt. In den USA drehte Niels Arden Oplev u.a. mit Noomi Rapace den Neo Noir Dead Man Down (USA 2013), einen enttäuschend klischeehaften, altbackenen Film, bevor er mit Flatliners (USA/CAN 2017), dem Remake von Joel Schumachers Klassiker des Horrorfilms aus dem Jahr 1990, diesen Abwärtstrend fortsetzte.
Die ungekürzte Fassung von 186 (NTSC) oder 178 (PAL) Minuten erhält man nur in den 3-BD- oder 3-DVD-Editionen (2013), die via Warner Bros. unterm Titel Stieg Larsson - Millenium-Trilogie: Director’s Cut die Teile Verblendung (2009), Verdammnis (2009) und Vergebung (2009) als sechstteilige TV-Serie beinhalten und im Vergleich zu den Kinofassungen 90 Minuten mehr Spielzeit bieten. Diese Editionen sind preisgünstig, doch viele Käufer der BD sind mit der Bildqualität unzufrieden, außerdem sind weder Extras noch die original schwedische Tonspur oder Untertitel beinhaltet. Man ist gezwungen, die Serie auf Deutsch zu sehen, was in Anbetracht der Möglichkeiten, die das Medium böte, eine Missachtung der Ansprüche des Publikums und einen Rückfall ins Zeitalter der VHS-Videokassette bedeutet.