Ewan McGregor, Brenton Thwaites, Alicia Vikander, Jacek Koman, Matt Nable
Der Kleinkriminelle JR (Brenton Thwaites) wird erstmals in seinem Leben in ein Staatsgefängnmis eingewiesen. Zu sechs Monaten Haft ist er verurteilt, drei könnten es bei guter Führung werden. Schnell merkt JR, dass sein Zellengenosse (Kazimir Sas) von dem brutalen Dave (Sam Hutchin) und zwei Kumpanen (Craig Sparrowhawk, Jared Dehar) unter Abndrohung von Gewalt sexuell missbraucht wird. Er sieht zudem den Gangster Brendan Lynch (Ewan McGregor), über dessen Taten und Leben er bereits einiges gelesen hat. Der ist genervt, von JR beobachtet zu werden, doch als letzterer ihm bei einem Schachproblem hilft, steigt er in seiner Achtung. Lynch liefert sich per Post mit dem in Freiheit lebenden Mobster Sam Lennox (Jacek Koman) ein Schachduell. Eines Tages hilft JR seinem Zellengenossen dabei, Dave und Kumpanen zu entkommen. Aber der eingeschüchterte Mann begeht aus Angst vor Dave Selbstmord, der seinerseits JR mit Rache droht. Als Dave und Konsorten JR überwältigen, greift Brendan ein. Dessen Mitstreier Sterlo (Matt Nanble) und Merv (Eddie Baroo) erledigen Dave, so dass es wie ein Unfall aussieht, und JR steht fortan unterm Schutz von Brendan, der seinerseits auf eine Gegenleistung hofft… Nach sechs Monaten ist JR wieder auf freiem Fuß und fährt mit dem Zug nach Darwin, Dort stellt er sich in dessen Büro Sam Lennox vor, den er ebenfalls mit seinem Schachwissen zu beeindrucken versteht. Doch Lennox‘ rechte Hand Josh (Tom Budge) hasst den Neuling von Anbeginn und verspottet ihn…
Ein klassischer Thriller, der nur passagenweise in die Sparte der Action-Filme ausschlägt, über den Großteil seiner zweistündigen Laufzeit aber im Neo Noir verhaftet bleibt. Dabei gelingt es dem Autor und Regisseur Julius Avery in mehreren Belangen zu punkten. Richtig stark ist Son Of A Gun, sobald er sich auf seine Rollencharaktere und ihre Beziehungen fokussiert, vor allem auf diejenige von Brendan Lynch zu seinem Schützling JR, ein klassisches Lehrer-Schüler- oder auch Vater-Sohn-Verhältnis, das im Film von verschiedenen Seiten beleuchtet und kommentiert wird. Die Beziehung wird beiderseits gesucht, denn sie ist für beide Figuren von Nutzen. Für den Jungen garantiert sie im Gefängnis das Überleben; für den Älteren wird JR zum Schlüssel zur Freiheit. Als im Handlungsverlauf der mächtige Mobster Sam Lennox und dessen Gespielin Tasha (Alicia Vikander), die er sich wie eine Leibeigene hält, deren Verhältnis komplizieren, wird auch das zu einem Thema des Films und in die Handlungslogik integriert, Letztere erweist sich während der ersten zwei Drittel des Films als mehr oder minder schlüssig. In einer Hinsicht begeht Autor Julius Avery allerdings einen Fehler, dem viele internationale Produktionen mit Blick auf Action-Sequenzen verfallen – er übertreibt maßlos. Schon Brendan Lynchs Ausbruch aus dem Gefängnis ist ebenso originell wie lächerlich. Ein Kugelhagel aus vollautomatischen Sturmgewehren entartet in eine wilde Schießerei, aber die Flüchtigen tragen keine Schramme davon. Das Ganze wiederholt sich in einer späteren Sequenz des Films in nochmals gesteigerter Form, für mich ein enttäuschender Wendepunkt. Im letzten Drittel konnte ich Son Of A Gun nicht länger ernstnehmen.
© Ascot Elite Home Entertainment
Nach den ersten mit Bedacht inszenierten 80 Minuten hat es Julius Avery plötzlich eilig, seinen Film zum Abschluss zu bringen. Die Handlungslogik wirkt zunehmend sprunghaft und löchrig, im Finale erweist sie sich als geradezu absurd. Hier nimmt es das Drehbuch mit dem Hin und Her zwischen den Handlungsträgern viel zu leicht und der Zuschauer, der dem Film seine Aufmerksasmkeit schenkte und dessen ernsten Tonfall von Anbeginn für bare Münze nahm, fühlt sich verschaukelt. Sind zumindest die zentralen Rollencharaktere bis 10 Minuten vor Schluss noch glaubwürdig, zieht ihnen das Übermaß an Wendungen, mit denen sie und wir konfrontiert werden, schlicht den Boden unter den Füßen weg. Klar zeigt sich: Julius Avery ist kein David Mamet, der so etwas in seinem Heist - Der letzte Coup (CAN/USA 2001) par excellence auf den Punkt brachte. Ist die Schlusssequenz auch wieder schlüssig, so ist das hastig herbeizitierte Finale einfach schlecht und offensichtlich mit Blick auf die Bedürfnisse eines Mainstream-Publikums konstruiert. Was ein Aha-Effekt sein soll, löst bestenfalls ein langes Gähnen aus. Für mich hat es den Film, den ich bis dahin mochte, schlicht ruiniert. Fazit: Wer einen zeitgenössischen Neo-Noir-Thriller sehen möchte, der überzeugen kann, sollte sich lieber Ivan Sens Mystery Road (AUS 2013) oder David Mackenzies Hell Or High Water (USA 2016) vornehmen und auf Son Of A Gun guten Gewissens verzichten.
Erstklassige deutsche BD und DVD-Editionen (2015) der Ascot Elite Home Entertainment mit dem Film bild- und tontechnisch topp, dazu die original englische Tonspur und eine deutsche Synchronisation, optional deutsche Untertitel. Neben sowohl dem deutschen als auch dem australischen Kinotrailer gibt es ein achtzehnminütiges Interview mit Ewan McGregor (auf Englisch) als Extra.