John Mills, Rene Ray, Charles Oliver, Bruce Seton, Julian Vedey
Mit dem Zug fährt die junge Eileen (Rene Ray) aus ihrer Heimatstadt Shalford, Devonshire, nach London, doch hat sie ihren Koffer verloren, den ihr nun der Schaffner ins Abteil zurückbringt. Indessen Eileen den Inhalt ihres Koffers identifiziert, hört ein Mitreisender (William Dewhurst) von ihrer Herkunft und warnt sie eindringlich vor jener Großstadt London, die ihr Ziel ist. Dort will sie sich eine Arbeit suchen, doch jener Passagier berichtet ihr von Dieben, Spielern und Gesindel, indessen Eileen immer dachte, London sei wunderschön… In der emsigen Metropole an der Themse warten der Gangster Terrell (Charles Oliver) und seine Mitstreiter Madison (Bruce Seton) und Steve (Julian Vedey) auf Dave Connor (Robert Newton), der sich wieder mal derart verspätet, dass Terrell bereits zu gehen vorhat, als er endlich eintrifft. Dave ist guter Dinge, doch Terrell hält ihm sofort eine Tageszeitung unter die Nase, darin die Schlagzeile von manipulierten Wetten beim Hunderennen berichtet, deren Drahtzieher die Polizei ausfindig machen wolle. Connor schreckt das nicht und er verspricht Terrell und seinen Helfern heute dafür Sorge zu tragen, dass Huntsman sein Rennen nicht gewinnen wird. Terrell übergibt ihm seine stattliche Belohnung und Connor zieht von dannen. Auf der Rennbahn geht Dave Connor schnurstracks zum Wettschalter und setzt seine gesamte Barschaft auf Huntsman, den Favoriten. Letzterer gewinnt, aber auch Terrell und seine Begleiter sind vor Ort und sind fest entschlossen, sich für den dreisten Betrug zu rächen…
”Don't worry about me, kid. And don't worry about yourself.” Die Darsteller sind großteils kompetent, mit dem 30jährigen Robert Newton in einer frühen Rolle, die ihn uns in Bestform zeigt. Auch die Schauplätze und die Regie sind erstklassig; auffällig ist zudem Mutz Grenbaums Kameraarbeit (Das dämonische Ich, UK 1946), der ein nachtdunkles und gefährliches London in Szene zu setzen weiß. Noch heute lenkt die Vorlage aus der Feder Graham Greenes (Der dritte Mann, UK 1949) die Aufmerksamkeit auf solche Adaption, denn The Green Cockatoo war eine der ersten Verfilmungen einer Vorlage des weltbekannten Autors überhaupt. Nun war dessen Erzählung unveröffentlicht, zudem wird Graham Greene “story and scenario“ zugesprochen, demgegenüber das Drehbuch selbst vom US-Amerikaner Ted Berkman verfasst wurde. Um wem immer die Schwächen der Handlungsentwicklung und der Charakterzeichnung anzurechnen sind, sie beeinträchtigen einen Pre Noir, bei dem neben Newton und Greene noch die Mitwirkung des damals 29jährigen John Mills (Jim Ackland unter Mordverdacht / Zwielicht, UK 1947) und die Komposition der Filmmusik durch Miklós Rózsa herausstechen. Die großen Namen verblüffen, denn der Film selbst ist heute extrem obskur und in Vergessenheit geraten. Doch selbst der aufgeschlossene Cineast wird nach der ersten Hälfte eingestehen müssen, dass The Green Cockatoo sich mit seinen US-Vorbildern nicht auf Augenhöhe befindet, weil dafür seinem Skript einfach die Klasse fehlt.
“John Mills plays a Cagney-esque tough talking nightclub entertainer with underworld connections, but his bizarre miscasting (…) creates an oddly compelling performance”, liest man im Blog Teenage Frankenstein und es benennt einen wunden Punkt des Werks. Wer Mills, so wie ich selbst, vor allem aus den 40er und 50er Jahren kennt, mag sich wundern, wie der junge Akteur um einen Rollencharakter ringt, der ihm in seiner Interpretation, bei der James Cagney eindeutig eine Vorbildfunktion hatte, partout nicht gelingen will. Und wenngleich solche Schlagseite der Figur selbst eine Brüchigkeit verleiht, gewinnt der Film mit einer allzu schwachen Frauenfigur und klischeehaft eindimensionalen Gangstern nicht wirklich an Spannung. Robert Newton sollte in den nächsten 20 Jahren noch in manchem Film Noir mitwirken, darunter Carol Reeds Ausgestoßen (UK 1947) und Norman Fosters Bis zur letzten Stunde (USA 1948), bevor er 1956 mit 50 Jahren an einem Herzinfarkt verstarb und an den Folgen seines selbstzerstörerischen Alkholismus‘. John Mills wurde ab Mitte der 40er Jahre zu einer Ikone des britischen Nachkriegskinos, der 2005 im Alter von 97 Jahren verschied, jedoch 1956 nochmals mit Robert Newton in der Jules-Verne-Verfilmung In 80 Tagen um die Welt (USA 1956) auftrat. Der US-Amerikaner William Cameron Menzies drehte Address Unknown (USA 1944), einen bemerkenswerten und im Januar 2018 in San Francisco auf dem Filmfestival Noir City 16 wiederaufgeführten Film über die Rückkehr eines deutschstämmigen Aussiedlers in die Heimat und seine dortige Karriere in Zeiten des Dritten Reichs.
Aktuell gibt es weltweit keine (wirklich seriöse und empfehlenswerte) BD oder DVD des vergessenen Films, doch verschiedene internationale Online-Quellen bringen eine 65-minütige Fassung mit mäßigem Bild und einem dumpfen Ton als Mitschnitt einer TV-Übertragung.