Dirk Bogarde, Margaret Lockwood, Kay Walsh, Kathleen Harrison, Robert Flemyng
Auf dem Pier im Seebad Brighton an der südenglischen Küste fahren die ältliche Monica Bare (Mona Washburne) und ihr deutlich jüngerer Ehemann Edward (Dirk Bogarde) mit der Geisterbahn. Die Dame amüsiert sich prächtig, indessen Edward neben ihr kalt und gelangweilt die nunmehr dritte Runde über sich ergehen lässt. Zum Tanztee in einem Café, das sie beide bereits kennen, veredelt der besorgte Edward seiner Monica den Tee mit einem Schuss Gin, derweil sie sich darüber freut, dass sie nun das einjährige Jubiläum ihrer Eheschließung begehen. Am nächsten Tag fahren die beiden zurück in ihr Landhaus in Hertfordshire, ein Erbstück Monicas aus ihrer ersten Ehe, wie auch das gesamte Vermögen, von dem das Ehepaar seinen Lebensstil finanziert, das ihre ist und Edward mittellos. Als sie über die Kiesauffahrt vor dem Anwesen ankommen, ist es die Haushälterin Emmie (Kathleen Harrison), welche die Rückkehrer begrüßt. Edward bemerkt, dass der Wagen des Rechtsanwalts Philip Mortimer (Robert Flemyng) vor dem Hause parkt, was ihn nervös werden lässt. Indessen er das Cabrio parkt, begrüßt Monica Bare im Salon bereits Philip Mortimer, der als Vermögensverwalter der Familie Monicas Wunsch, das eigene Testament zugunsten Edwards zu ändern, missbilligt. Er geht soweit, Mrs. Bares Ehe mit dem galanten Edward, den er für einen Heiratsschwindler halt, als Fehler zu bezeichnen, als der Genannte schon selbst mit einer Flasche Champagner im Arm zur Tür hereinkommt und sich ungeniert auf das Sofa lümmelt…
Freda Jeffreys: “We buried my poor Albert six months ago.” - Edward Bare: “Oh, I’m sorry… What was the matter with him?” - Freda Jeffreys: “He was dead!” Es ist bemerkenswert, wie Lewis Gilbert seine Verfilmung des Theaterstücks Murder Mistaken (EA 1954) von Janet Green dergestalt inszeniert, dass Dämon der Frauen zu keinem Zeitpunkt als bühnenhaft und damit statisch oder gar leblos erscheint. Wechselnde Schauplätze, dynamische Akteure und Jack Ashers (Vier bleiben auf der Strecke, UK 1954) Kameraarbeit lassen die Adaption zu einem Kinoereignis werden. Dennoch profitiert der Film über die Strecke einer auf die Rollencharaktere fokussierten, minimalen Handlung vor allem von seinen Darstellern. Die Besetzung ist geradezu perfekt. Fast hat man den Eindruck, Bogarde genießt den in seiner Psychose über die Grenzen des Zynismus‘ hinaus getriebenen Schwindler und Mörder, zu dem Edward Bare sich auswächst, in seiner affektierten Imitation der Etikette jener Upper Class, in die er einheiratete, kaum erträglich. Der damals 34jährige, für ein solches Alter stets jungenhaft, überzeugt vollends und zeigt in der subtilen Ausgestaltung kleiner und kleinster mimischer und gestischer Nuancen bereits die Königsklasse seines Talents. Mit Margaret Lockwood (Bedelia, UK 1946) und ihrer derben, selbstbewussten Freda Jeffreys findet Bogarde genau die Partnerin, die ihm mühelos das Wasser reichen kann. Die beiden tragen den Film und sind beizeiten ein Hochgenuss, von Kathleen Harrison und Robert Flemyng aufs Beste ergänzt.
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“With ‘Cast a Dark Shadow’ Gilbert made an estimable contribution to the film noir canon“, schlussfolgert Steve Eifert für Film Noir of the Week und fokussiert einmal mehr auf dessen Regisseur anstatt auf seinen Star in der für ihn so typischen Rolle des Homme fatale. Leider ist das Werk heutzutage trotz seiner Besetzung und trotz seiner auf Grundlage eines gehaltvollen Skripts beruhenden Qualität in allen Kategorien nahezu in Vergessenheit geraten. Wie so viele englische Produktionen der 50er Jahre lief auch diese seinerzeit in Deutschland im Kino, ist hier seither jedoch kaum nochmals gezeigt oder veröffentlicht worden, als BD oder als DVD schon gar nicht. Margaret Lockwood war zur Zeit der Dreharbeiten 38 Jahre alt, doch Dämon der Frauen wurde für den Filmstar der 30er und 40er bereits der letzte Auftritt auf der großen Leinwand. Es folgten 25 weitere, unspektakuläre Jahre mit Fernsehrollen - in Anbetracht ihrer grandiosen Leistung vollends unbegreiflich. Der lediglich etwas über 4 Jahre jüngere Bogarde hatte in dem Film Noir Der schlafende Tiger (UK 1954) vom Exilanten Joseph Losey bereits mit dem später vor allem in Europa berühmten Opfer der McCarthy-Ära zusammengearbeitet und sollte mit dessen Harold-Pinter-Adaption Der Diener (UK 1963) und dem folgenden Für König und Vaterland (UK 1964) endgültig Weltruhm erlangen. Dämon der Frauen harrt stets auf seine Wiederentdeckung durch eine größere Zahl von Filmliebhabern.
In England gibt es unter dem Originaltitel Cast A Dark Shadow eine durchweg solide DVD-Edition (2015) der britischen Simply Media mit dem Film ungekürzt im Originalformat mit der englischen Tonspur, allerdings ohne Untertitel und auch ohne Extras. Inzwischen liegt das Werk zusammen mit Lawrence Huntingtons ebenfalls exzellentem Das dämonische Ich (UK 1946) auch als eine hochwertige BD-Edition (2021) vor. Auf jeden Fall sehenswert!