Bewertung
***
Originaltitel
Dead End
Kategorie
Neo Noir
Land
AUS
Erscheinungsjahr
1999
Darsteller
William Snow, Victoria Hill, Matthew Dyktynski, Peter Hardy, Michael Edward-Stevens
Regie
Iren Koster
Farbe
Farbe
Laufzeit
95 min
Bildformat
Vollbild
© Black Hill Pictures GmbH
Melbourne, Australien: Todd Russell (William Snow) ist ein erfolgreicher Kriminalschriftsteller, der zusammen mit seiner Freundin Lori Peterson (Victoria Hill) in einem hübschen Haus außerhalb der Stadt lebt. Aktuell schreibt er an einem neuen Thriller mit dem Titel Dead End und heute Abend hat er im Verlagshaus eine kurze Präsentation, bei der sowohl sein Verleger Pat Mason (Terry Kenwrick) als auch Ben Sykes (Matthew Dyktynski), seit vier Monaten sein für die Fallrecherchen zuständiger Assistent, anwesend sind. Aber zuvor wird im Waschkeller eines Apartmenthauses ein junger Mann (Dino Marnika) auf brutale Weise erstochen. Der Killer dringt lautlos ein, schlägt im Dunkel zu und kann unerkannt entkommen, bevor er selbst die Polizei über den Fundort der Leiche informiert. Detective Inspector Wolcott (Peter Hardy) und Special Agent Weaver (Michael Edward-Stevens) sind schnell vor Ort, aber es finden sich nirgendwo Spuren, die auf die Identität des Täters hindeuten... Russells Auftritt vor geladenen Honoratioren ist ein Erfolg; er und Lori fahren nach Hause und haben Sex miteinander. Am nächsten Morgen hört Russell über die Fernsehnachrichten von dem dritten Mord einer Serie, der sich tags zuvor in Melbourne zutrug. Vor zehn Jahren war er selbst Polizist und mit Aufklärung der legendären Evergreen-Morde betraut. Seinerzeit hat es ihn nicht nur seine Ehe gekostet, insofern seine Frau ihn im Zug seiner Verwandlung während der Ermittlungen verließ, sondern beinahe auch den Verstand. Aber nicht nur Todd Russell erinnern die neuen Mordfälle an seine Vegangenheit…
Im deutschsprachigen Fernsehen lief das Debüt des US-amerikanischen Autors und Regisseurs Iren Koster unter dem Titel Mörderisches Blei, was grotesk unpassend ist. Die einzige online auffindbare Rezension stammt (anlässlich der DVD-Veröffentlichung 2006) von Esmee Drijver für das holländische Cinemagazine. Sie stellt dem Film eine verheerend schlechte Bewertung aus, die zwar ich zu Teilen nachvollziehen kann, so aber nicht unterschreiben wollte. Die Bestandteile der Geschichte dieses Thrillers sind nicht taufrisch, aber die Art und Weise, wie sie erzählt wird, zeigt ein gutes Gespür für Dramaturgie und Spannungsaufbau. Man muss nicht den verschlissenen Alfred-Hitchcock-Vergleich bemühen, der trifft es eh fast nie, aber Iren Kosters Drehbuch ist bis zum Finale keinesfalls so übel. Als zentraler Teil der Inszenierung fällt außerdem die exzellente Wahl der Schauplätze und die gelungene Kameraarbeit des Ungarn László Baranyai ins Auge, die in vielen Perspektiven den Einfluss des Film-Noir-Kinos offenbaren, ohne je nach Retrokino auszusehen. Dead End ist durchaus ein optischer Genuss, zwar niemals opulent, aber mit Liebe zum Detail in Szene gsetzt. William Snow überzeugt in der Rolle jenes Autors, den seine Verganenheit einholt – letzteres in einem Ausmaß, wie er es sich nie hätte träumen lassen. Victoria Hill ist ebenfalls solide; von der Restbesetzung sei vermerkt, dass Peter Hardy und Michael Edward-Stevens als Cop-Duo ihre Sache gleichermaßen auf den Punkt bringen. So stellt sich ein Schauwert ein, den die Produktion im Lauf der Handlung noch zu steigern weiß.
Warum trotzdem nur drei Sterne? Wie in so vielen Fällen, bleibt auch bei Dead End der Wehmutstropfen nicht aus. Solcher ist vor allem ein Finale, das die durch zu viele Koinzidenzen dann doch etwas hanebüchene Geschichte schließlich zu Fall bringt. Sowohl die Auflösung des Kriminalfalls als auch eine banale Schlusssequenz bleiben weit hinter dem, was an Erwartungshorizont zuvor ermessen wurde. Außerdem lebt der Film von der Suche nach einem raffinierten Serienmörder, der keinen Verdächtigen erkennen lässt und der den aus Not zum Ermittler verdammten Todd Russell selbst zum möglichen Täter stempelt. Das ist Film-Noir-Terrain und es wird auch gezielt darauf hingearbeitet. Immerhin zeigt sich Snows Darstellungskunst den Anforderungen solcher Rolle gewachsen; er wirkt (bis auf seinen Leseauftritt im Verlagshaus) immer glaubwürdig. Weit weniger überzeugt die Filmmusik Allan Zavods und Iren Kosters selbst, die sowohl durch ihre synthetische Produktion negativ auffällt als auch schon früh im Film das Augenmerk auf dessen Auflösung lenkt. Dead End ist für den aufmerksamen Zuschauer vorhersehbar und hinterlässt nach dem hemdsärmligen Standardfinale damit einen faden Geschmack. Dennoch ist es kein Film, der seine Zuschauer komplett enttäuscht. Als ein fernab von Hollywood entstandener, verblüffend souverän inszenierter Neo Noir dürfte der eine oder andere aus dem Zirkel der Film-Noir-Fans dem nur wenig bekannten Werk sicher mehr abgewinnen, als wirklich drinsteckt.
Sehr gute DVD-Ausgabe der Black Hill Pictures GmbH (2006) mit dem Film bildtechnisch topp und ungekürzt im Originalformat, dazu Tonspuren auf Deutsch und Englisch, ohne Untertitel, ein paar Filmografien als Extras.