Film Noir
| USA
| 1949
| Samuel Fuller
| Douglas Sirk
| Charles Lawton jr.
| Cornel Wilde
| Howard St. John
| King Donovan
| Richard Benedict
| Russell Collins
| Argentina Brunetti
| Patricia Knight
Bewertung
***
Originaltitel
Shockproof
Kategorie
Film Noir
Land
USA
Erscheinungsjahr
1949
Darsteller
Cornel Wilde, Patricia Knight, John Baragrey, Esther Minciotti, Howard St. John
Regie
Douglas Sirk
Farbe
s/w
Laufzeit
80 min
Bildformat
Vollbild
© Columbia Pictures Corporation
Los Angeles: Nach 5 Jahren wegen Mordes im Gefängnis lässt sich Jenny Marsh (Patricia Knight) erst neu einkleiden und sodann ihre Haare blondieren. Schließlich geht sie zu ihrem Bewährungshelfer Griff Marat (Cornel Wilde), der ihr erläutert, unter welch strengen Auflagen sie ab sofort in Freiheit leben darf. Dazu gehört, sich von ihrem damaligen Freund Harry Wesson (John Baragrey) fernzuhalten, ein Spieler mit Beziehungen in die Unterwelt, der zwar nie eines Verberechens überführt wurde, doch vielfach in Polizeiakten auftaucht. Jenny Marsh gehen die Belehrungen ihres ambitionierten und rechtschaffenen Bewährungshelfers gründlich auf die Nerven und sie lässt ihn das wissen. Als er sie zu dem Zimmer führt, das er im Apartmenthaus von Mrs. Terrence (Virginia Farmer) für sie mietete, taucht dort Harry Wesson auf. Aber Griff Marat macht klar, dass jeder Kontakt zwischen Ihnen ein Verstoß gegen die Bewährungsauflagen sei und Jenny unweigerlich hinter Schloss und Riegel brächte. Tags darauf gehen Jenny und Harry ins Büro des Buchmachers Sam Green (John Butler), der sich für 5000 US-Dollar bereit erklärt, Jenny Marsh in San Francisco eine falsche Verwandschaft zu besorgen und für ihre Umsiedlung zu sorgen, womit sie dem Einfluss Griff Marats entzogen wäre. Doch Jenny Marsh hat kein Glück und wird mit Harry in Greens Etablissement erwischt. So findet sie sich erneut vor den Bürotüren von Griff Marat und dessen inzwischen skeptischem Vorgesetzten Sam Brooks (Howard St. John), der ihre Rückfuhr ins Gefängnis für ratsam hält…
Mit Abschluss der Dreharbeiten an diesem Film nach einem Drehbuch Samuel Fullers verließ Douglas Sirk - ursprünglich 1897 in Hamburg als Hans Detlef Sierk geboren - frustriert die USA und kehrte zurück nach Deutschland, von wo er 12 Jahre zuvor als Flüchtling aufgebrochen war. Die Autorin Helen Deutsch hatte nämlich auf Geheiß des Studios das bitterböse Ende von Samuel Fullers lebenssattem Drehbuch umgeschrieben und irgendein namensloser Regisseur – nicht Sirk selbst – drehte es und klebte es an den Film. Laut Douglas Sirk hat genau das Shockproof, ein ebenfalls vom Studio gewünschter, völlig sinnfreier Titel, komplett ruiniert und die Intention von Fullers Geschichte ad absurdum geführt. Und Sirk hat Recht damit. Mehr als je zuvor wirkt das aus der Luft gegriffene Ende heutzutage lächerlich. Columbia und Helen Deutsch, die im Vorspann sogar vor Fuller genannt wird, verhunzten den Film und sorgten dafür, dass er floppte. In Deutschland lief er 1973 als Unerschütterliche Liebe einmalig im Fernsehen. Dabei hätte dieses Werk des Gespanns Sirk und Fuller, dessen Prämisse an Fritz Langs Du und ich (USA 1938) erinnert, sich gut in den Kanon anderer Film-Noir-Klassiker der Zeit einfügen können. Der Themenkreis von Liebenden auf der Flucht vor gesellschaftlicher Repression, den Columbia Pictures bewusst ausklammern wollte, ist zeitgleich in Nicholas Rays Im Schatten der Nacht (USA 1948) und in Joseph H. Lewis' Gefährliche Leidenschaft (USA 1950) exzellent umgesetzt worden.
© Columbia Pictures Corporation
Die herauf dämmernde McCarthy-Ära, das House Committee on Un-American Acticities (HUAC) und die als Hays Code bekannte Zensurbehörde machte den Studios sowie natürlich Autoren, Regisseuren und Darstellern 1949 das Leben schwer. Jean Renoir und Max Ophüls waren bereits nach Europa zurückgekehrt. Die US-Amerikaner Jules Dassin und Edward Dmytryk drehten beide außer Landes. Joseph Losey und Cyril Endfield, nachdem sie mit Berufsverbot belegt waren, sollten 1951 lebenslang nach England emigrieren. Die deutschen Film-Noir-Veteranen Robert Siodmak und Fritz Lang kehrten jeweils 1952 und 1956 Hollywood enttäuscht den Rücken. Doch wie Peter Lorre war Douglas Sirk vom Empfang in Deutschland nicht sonderlich angetan, siedelte ein Jahr später in die USA zurück und wurde zum weltberühmten Regisseur klassischer Melodramen im Hollywood der 50er. Seine (eher glücklose) Film-Noir-Phase, die mit einer anonymen Mitarbeit an The Strange Woman (1946) begann und mit Angelockt (1947) und mit Schlingen der Angst (1948) ihre Fortsetzung fand, ist heute kaum bekannt. Mit Samuel Fuller im Gespann gelang ihm in Shockproof ein trotz allem streckenweise bemerkenswerter Film. Cornel Wilde und Patricia Knight, seit 1937 verheiratet, überzeugen in ihren Hauptrollen. Der Kameramann Charles Lawton jr. sorgt für atmosphärisches Schwarzweiß. Und die Drehorte in Los Angeles - von Bunker Hill bis zum Bradbury Building - sind exzellent gewählt. Fazit: Kein Muss, doch für Cineasten leidlich unterhaltsam.
Der fast vergessene Film erlebte seine Auferstehung in der von Sony Pictures Home Entertainment und The Film Foundation 2009 nur in den USA herausgebrachten, fantastischen 7-DVD-Box The Samuel Fuller Collection: bildtechnisch topp restauriert und ungekürzt im Originalformat, englische Tonspur mit wahlweise englischen Untertiteln und ohne Extras.