Film Noir
| USA
| 1957
| Robert Aldrich
| Vincent Sherman
| Joseph F. Biroc
| Harold J. Stone
| Lee J. Cobb
| Richard Boone
| Robert Loggia
| Sid Melton
| Wesley Addy
| Gloria Pall
Bewertung
****
Originaltitel
The Garment Jungle
Kategorie
Film Noir
Land
USA
Erscheinungsjahr
1957
Darsteller
Lee J. Cobb, Kerwin Matthews, Gia Scala, Richard Boone, Valerie French
Regie
Robert Aldrich, Vince Sherman
Farbe
s/w
Laufzeit
88 min
Bildformat
Widescreen
© Columbia Pictures Corporation
New York: Der Mitinhaber und Geschäftsführer von Roxton Fashions, Walter Mitchell (Lee J. Cobb), und sein Partner, Chefdesigner Fred Kenner (Robert Ellenstein), tragen vor Dritten eine heftige Auseinandersetzung aus. Es geht um die Gewerkschaften, denen viele der Arbeiter sich anschließen wollen, was Kenner, der mit den Zuständen im Betrieb unzufrieden ist, stark befürwortet. Mitchell hat offenbar Artie Ravidge (Richard Boone) angestellt, um sich die Gewerkschaft vom Leib zu halten, laut Kenner der Kopf einer Bande Krimineller. Als Kenner in den Fahrstuhl einsteigt, um in seine Werkstätten hinab zu fahren, erkundigt sich der Mechaniker Paul (Wesley Addy) bei einem anderen, ob jetzt alles okay sei. Der antwortet „Ja!“ und Kenner saust 27 Stockwerke im freien Fall in die Tiefe… Walter Mitchell ist vom tödlichen Unfall seines Partners noch geschockt, als am folgenden Tag sein Sohn Alan (Kerwin Matthews) aus Europa zurückkehrt, wo er einige Jahre bei der US-Armee verbrachte. Jener eröffnet ihm gerade, dass auch er in der Textilindustrie arbeiten wolle, was Walter nicht gutheißt, als Lee Hackett (Valerie French), eine Einkäuferin und gute Kundin von Roxton Fashions, zu ihnen stößt und Alan über Fred Kenners Tod ins Bild setzt. An seinem ersten Tag in der Firma trifft Alan auf den Gewerkschaftler Tulio Renata (Robert Loggia), der in einer hitzigen Debatte mit Walter Mitchell Zweifel an einem Unfalltod Fred Kenners äußert…
“The Garment Jungle is a fast-paced film noir set in the cutthroat world of fashion”, verrät die Rückseite der US-DVD (2008) von Sony Pictures Home Entertainment. “Silver and Ward list the movie in Film Noir: An Encyclopedic Reference (1993), and to my mind ‘invent’ some film noir connections in the mise-en-scene and the lighting of some scenes”, schreibt Tony D’Ambra für filmsnoir.net, sieht aber selbst in diesem Werk einzig ein klassisches Melodrama. Obgleich diese Einschätzung nicht völlig aus der Luft gegriffen ist, geht es hier bei weitem nicht so klassisch zu, wie es das Entstehungsdatum des Films vermuten lässt. Ums nackte Leben ist ein Film, der so eindeutig nur nach dem Ende der McCarthy-Ära hatte entstehen können. Er zeigt Einflüsse von und Parallelen zu Elia Kazans Die Faust im Nacken (1954), Robert Aldrichs eigenem Rattennest (1955) und auch Martin Ritts Ein Mann besiegt die Angst (1957). Im Großstadtdschungel wird mit harten Bandagen gekämpft und einige der vertretenen Rollencharaktere sind wunderbar porträtiert – mit Robert Loggia, (der tragisch früh verstorbenen) Gia Scala und auch Harold J. Stone und Wesley Addy als geradezu exzellent. Ums nackte Leben ist zum Teil noch ein Film Noir und zum anderen Teil im vollen Lauf in die Sechziger. Die Bedrohung im Großstadtdschungel ist keine anonyme und namenlose; sie ist mithilfe des eigenen Intellekts zu ermessen und man kann sich ihr stellen. Ums nackte Leben ist damit eindeutig auch politisch motiviert. Es ist ein beinhartes, erstaunlich brutales Drama mit Film-Noir-Anklängen, zugleich eine Milieustudie mit aufklärerischem Impetus.
Von Interesse ist auch die Geschichte hinter der von Turbulenzen geprägten Produktion. Der Regisseur von Ums nackte Leben war Robert Aldrich. Mit Rattennest (1955) und mit Hollywood-Story (1955) hatte er bereits zwei bemerkenswerte Film Noirs geschaffen. Doch Lee J. Cobb (Gefahr in Frisco / Markt der Diebe, USA 1949) war mit der negativen Darstellung Walter Mitchells unzufrieden und geriet darüber mit Aldrich in Clinch. Nachdem Robert Aldrich fünf Tage vor Drehschluss erkrankt war, wurde Vince Sherman als Ersatzmann an Bord geholt. Jener drehte den Film fertig und schoss viele der Einstellungen mit Cobb / Mitchell neu und zwar nach den Wünschen des Hauptdarstellers. Robert Aldrich sah sich kurzerhand gefeuert, was er zeitlebens als eine seiner größten Niederlagen verbuchte und was ihn für die nächsten vier Jahre nach Europa trieb. Der fertige Film wurde Vince Sherman zugeschrieben, was jener gar nicht wollte, und Robert Aldrich fand sich – sowenig wie Fritz Lang bei Nacht im Hafen (1942) – nirgendwo genannt. Ums nackte Leben ist kein Film-Noir-Meisterstück, doch ein erstaunlich dynamischer und harter Thriller aus den sonst oft behaglich-trägen Fünfziger, so dass er hier jedem, der seiner habhaft werden kann, durchaus empfohlen sei. Einem guten Finale folgt leider ein schwacher Schluss.
Die US-DVD von Sony Pictures Home Entertainment (2008) erschien in der Serie Martini Movies und bringt den Film bildtechnisch topp im Originalformat (1.85:1), mit Tonspuren und Untertiteln auf jeweils Englisch und Französisch, den US-Kinotrailer als Extra. In Europa gibt es unter dem Titel Bestias de la ciudad eine spanische Edition inklusive der englischen Tonspur.