Western Noir
| USA
| 1957
| Allen H. Miner
| George Montgomery
| Leo Gordon
| Ned Glass
| Peter Brocco
| Stanley Adams
| Ted Jacques
Bewertung
***
Originaltitel
Black Patch
Kategorie
Western Noir
Land
USA
Erscheinungsjahr
1957
Darsteller
George Montgomery, Diane Brewster, Leo Gordon, Tom Pittman, Sebastian Cabot
Regie
Allen H. Miner
Farbe
s/w
Laufzeit
82 min
Bildformat
Vollbild
© Warner Bros.
In den Weiten New Mexicos verabschiedet sich Hank Danner (Leo Gordon) von einem improvisierten Grabhügel und reitet davon. In der Ortschaft Santa Rita ist Clay Morgan (George Montgomery) der Marshall, der alle Herumtreiber aus der Stadt jagt. Im Bürgerkrieg verlor er ein Auge und trägt seither eine schwarze Augenklappe. Als heute die Postkutsche ankommt, steigt auch Helen Danner (Diane Brewster) aus und lässt den jungen Botenjungen "Flytrap“ Carl (Tom Pittman) ihr Gepäck ins örtliche Hotel bringen, das nach seinem Eigentümer (Peter Brocco) benannte Harper House. Im Saloon Golden Lily von "Frenchy“ De Vere (Sebastian Cabot) steht dessen rechte Hand Holman (House Peters jr.) am Tresen, dahinter der Barkeeper Luke (Ned Glass) die Gäste mit Whiskey versorgt. Schon bald erreicht auch Hank Danner Santa Rita und beschließt, selbst erstmal was zu trinken. Aber Holman provoziert ihn und treibt einen üblen Scherz mit Flytrap, was Danner nicht mag, der daraufhin Holman niederschlägt und Luke in Schach zu halten versteht. Er gibt Flytrap den Rat, das Schießen zu lernen und im Büro des Marshalls trägt er dem anwesenden Pedoline (Jorge Treviño) auf, Clay Morgan auszurichten, dass er, Hank Danner, in der Stadt sei. Dann begibt er sich ins Hotel, wo er von Harper zu seinem Erstaunen hört, dass seine Frau Helen bereits angekommen ist. Doch ihre Begrüßung erscheint kühl und Hank Danner ahnt bereits, was der Grund sein mag…
“Written by badman actor Leo Gordon (who wrote a terrific likeable outlaw role for himself), this is Leo’s attempt at western film noir… psychological, starkly and darkly photographed with well defined characterizations and top drawer supporting performances”, schreibt Boyd Magers für Western Clippings. Tatsächlich ist dieser heute nahezu vergessene Western eine Überraschung. Über 80 Minuten agiert eine Riege bizarrer Charaktere, die in ihren Portraits wunderbar wider die Klischees des Western-Kinos und an Samuel-Fuller-Filme denken lassen. Clay Morgan - George Montgomery 10 Jahre nach seiner Rolle als Privatdetektiv Philip Marlowe in John Brahms Film Noir The Brasher Doubloon (1947) - ist als Marshall überaus dubios. Das findet auch Sheriff Ben Maxton (Ted Jacques) schnell heraus, der einen Bankräuber sucht und den Marshall um seine Unterstützung bittet. Clay Morgan und seine Freunde Hank und Helen Danner verbindet eine mehr oder minder dunkle Vergangenheit. Hier geht es um Liebe und Freundschaft, Loyalität und Verrat – das Trio findet sich in den Fängen von Eifersucht und Rivalität, was die Bürger von Santa Rita schon bald zu einigen richtigen und einigen falsch Schlussfolgerungen leitet. Der Einäugige ist ein dunkler Western, der nicht zwangsläufig einer hätte sein müssen, sondern auch als in der Gegenwart angesiedelter Film Noir hätte gedreht werden können. Die Hälfte der Szenen spielt sich nachts ab, Kameramann Edward Colman sorgt mit kontraststarken Bildern aus verschiedensten Perspektiven fürs Film-Noir-Flair und Marshall Clay Morgan trudelt immer tiefer in eine Position, wo er gegenüber den Bürgern und den Gangstern Santa Ritas nur mehr im Abseits steht.
“They took his eye - they stole his woman and they dirtied his name”, hieß es auf dem US-Filmplakat seinerzeit. Leo Gordons Drehbuch liefert gute Dialoge für scharf konturierte Charaktere, nur im Abschluss schwächelt die sonst so gelungene Produktion ebenso unbegreiflich wie etwa Samuel Fullers atmosphärisch vergleichbarer Western Noir Vierzig Gewehre (USA 1957) oder William Wellmans Herrin der toten Stadt (USA 1948). Mit dem Mut zur Tragik hätte hieraus ein B-Film-Klassiker werden können, denn die Darsteller sind bis in Nebenrollen exzellent gewählt. Dass Lynn Cartwright als Frenchys Mätresse Kitty in einem bemerkenswerten Auftritt gegenüber Holman zuletzt ebenfalls ein kaputtes Auge zeigt, ist ein wunderbarer Manierismus, der sie Clay Morgan auf der anderen Seite des Gesetzes zur Seite stellt. Morgan selbst hatte zuvor bewiesen, dass er als Gesetzeshüter mehr schlecht als recht tauglich ist. Und der versoffene Tunichtgut Holman muss erfahren, dass er nicht mal die Kugel wert ist, die ihn hätte umbringen können. Fürs Bizarre sorgt auch Jerry Goldsmith’ Soundtrack - der weltbekannte Filmkomponist gab hier sein Debüt in einem Hollywoodfilm. Überraschend versiert ist zudem Tom Pittman, der den jungen Flytrap porträtiert, und der bereits im darauffolgenden Jahr mit nur 26 Jahren bei einem Verkehrsunfall ums Leben kam. Alles in allem ist Der Einäugige trotz seines konventionell lahmen Endes ein Werk, das auch für Film-Noir-Freunde wiederzuentdecken sich lohnt.
Solide DVD-Ausgabe (2012) der englischen Cornerstone Media International Ltd. mit dem Film ohne Extras in nicht restaurierter, mittelprächtiger Qualität, dazu den englischen Ton ohne Untertitel. Allemal besser als gar nicht!