Neo Noir
| UK
| 1978
| Raymond Chandler
| Michael Winner
| James Stewart
| John Mills
| Richard Boone
| Richard Todd
| Robert Mitchum
| Candy Clark
| Joan Collins
Bewertung
**
Originaltitel
The Big Sleep
Kategorie
Neo Noir
Land
UK
Erscheinungsjahr
1978
Darsteller
Robert Mitchum, Sarah Miles, Richard Boone, Candy Clark, Joan Collins
Regie
Michael Winner
Farbe
Farbe
Laufzeit
99 min
Bildformat
Widescreen
In dem Gewächshaus seines herrschaftlichen Landhauses weit außerhalb Londons empfängt der angesehene und steinreiche Kriegsveteran Gerneral Sternwood (James Stewart) den Privatdetektiv Philip Marlowe (Robert Mitchum). Den kranken Sternwood plagen Sorgen, die in erster Linie mit dem Lebenswandel seiner jüngeren Tochter Camilla (Candy Clark) zusammenhängen. Er zeigt Marlowe ein Erpresserschreiben und macht deutlich, dass er in früheren Jahren von einem gewissen Joe Brody (Edward Fox) schon einmal Camillas wegen erpresst worden sei. Seine ältere Tochter Charlotte (Sarah Miles), ebenfalls verwöhnt und launisch, sei mit Rusty Regan verheiratet, doch ist der Schwiersohn, den der General sehr schätzt, seit kurzem verschwunden. Für Philip Marlowe, der den Auftrag einer Empfehlung durch Inspector James Carson (John Mills) von Scotland Yard zu verdanken hat, sieht der Fall vorerst nach einer Menge Routine aus. Das ändert sich, als Marlowe heraus bekommt, wie weitreichend die üblen Bekanntschaften Camillas tatsächlich gediehen sind...
Ein tiefer Schlaf befällt angesichts der 1978 entstandenen Neuverfilmung des bekanntesten Philip-Marlowe-Romans aus der Feder Raymond Chandlers, Originaltitel The Big Sleep, vor allem den Zuschauer. Mancher Kritiker versuchte, Robert Mitchums Leistung in diesem Film durch Hinweise auf die uninspirierte Regie, eine verfehlte Ausstattung – z.B. Marlowes Anzüge – und das im Ganzen verschenkte Potential an Darstellern, inklusive miserabler Leistungen einzelner, zu retten. Doch gibt es wenig zu beschönigen. Der 61jährige Robert Mitchum, der Chandlers Privatdetektiv in Fahr zur Hölle, Liebling! (USA 1975) noch etwas engagierter gespielt hatte, schlafwandelt durch den Film und zeigt als Philip Marlowe weder am Kriminalfall noch an seinen Mitmenschen sonderliches Interesse. James Stewart (Kennwort 777, USA 1948) ist als General Sternwood jenseits von Gut und Böse und auch Candy Clark (Fat City, USA 1972) zeigt ein durchweg lausiges Schauspiel. Selbst die englischen Charakterdarsteller wie Richard Todd (Der Marder von London, UK 1960), John Mills (The Long Memory, UK 1953) und Oliver Reed können das Debakel nicht retten. Was Der tiefe Schlaf / Tote schlafen besser von der legendären Erstverfilmung durch Howard Hawks, betitelt Tote schlafen fest (USA 1946), dezidiert hatte unterscheiden sollen, war eine werkgetreue Adaption des Romans. Zugleich ist man sich an entscheidenden Stellen damit untreu geworden. So ist der zynische Sternwood des Buches ein gebrechlicher Alter, der die wirklich harten Sätze gar nicht in den Mund nimmt, von James Stewart entsprechend fade porträtiert.
Auch explizite Gewalt, nackte Haut und Drogenkonsum verhelfen diesem Remake nicht auf die Sprünge. Es vermag weder die Chemie von Lauren Bacall und Humphrey Bogart in der Erstverfilmung auszustechen noch die Skriptleistungen durch seinerzeit William Faulkner und Leigh Brackett. Trotz Werktreue bleibt erstaunlich, in welchem Ausmaß Regie und Produktion den Charakter der Film-Noir-Tradition zu ignorieren verstanden und den archimedischen Punkt der Raymond-Chandler-Vorlage schlicht verkannten. Auf dem Land in England und mit der Ästhetik eines Fernsehspiels inszeniert, verpufft jegliche Spannung oder gar Magie, die sich hier nirgends finden lässt. Sobald einer sich überlegt, wie viele Talente und Namen bis in Nebenrollen zur Verfügung standen, ist erstaunlich, wie Regisseur Michael Winner den Film derart versenken konnte. Der tiefe Schlaf / Tote schlafen besser ist ein Tiefpunkt der Film-Noir-Historie, der dadurch wettgemacht wird, dass es sich nicht wirklich um einen Neo Noir handelt sondern um x-beliebiges Fernsehfutter.
Solide Umsetzung auf DVD der Concorde Home Entertainment GmbH, ungekürzt im Originalformat, deutsche und englische Tonspur, deutsche Untertitel, bildtechnisch einwandfrei.